Niedersachsen

Es gibt noch Klärungsbedarf beim Stationsapotheker

Berlin - 12.09.2018, 07:00 Uhr

                                
                                        


                                        Künftig sollen spezielle Stationsapotheker in niedersächsischen Kliniken auf die Arzneimittelgabe achten. ( r / Foto: YakobchukOlena/ stock.adobe.com)

Künftig sollen spezielle Stationsapotheker in niedersächsischen Kliniken auf die Arzneimittelgabe achten. ( r / Foto: YakobchukOlena/ stock.adobe.com)


Das Land Niedersachsen will die Patientensicherheit in Krankenhäusern verbessern und in diesem Zuge auch Stationsapotheker einführen. Dies ist eine Reaktion auf die „Krankenhausmorde“, die der Pfleger Niels H. Anfang der 2000er Jahre in Delmenhorst und Oldenburg begangen hat. Doch momentan stockt das Gesetzgebungsverfahren. Es gilt, Fragen zur konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern zu klären.

Als Folge der Aufarbeitung der „Krankenhausmorde“ des Pflegers Niels H. hatte schon die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens im Frühjahr 2017 einen Entwurf zur Änderung des Krankenhausgesetzes erarbeitet. Das Ziel: Die Patientensicherheit stärken. Geschehen sollte dies nicht zuletzt dadurch, dass flächendeckend Stationsapotheker etabliert werden sollen, die sich um arzneimittelspezifische Fragen kümmern. Während die Apothekerschaft das Vorhaben positiv aufnahm, reagierte die niedersächsische Krankenhausgesellschaft ablehnend – nicht zuletzt, weil sie der Meinung ist, gar nicht genügend Apotheker finden zu können, die diesen Job ausfüllen. 

Nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen blieb das grundsätzliche Ziel der Politik bestehen. Die schwarz-rote Landesregierung legte allerdings nochmals Hand an den Gesetzentwurf, den sie dann Mitte Mai dieses Jahres vorlegte.

Es folgte ein schriftliches Stellungnahmeverfahren, an dem sich unter anderem die Apothekerkammer Niedersachsen und der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) beteiligten. Beide Organisationen begrüßen das Vorhaben grundsätzlich, haben aber auch einen gewichtigen Vorbehalt: Der Gesetzentwurf sieht nämlich vor, dass der Stationsapotheker – anders als im ersten Entwurf der rot-grünen Regierung vorgesehen – nicht zum Personal der Krankenhausapotheke beziehungsweise der krankenhausversorgenden Apotheke gehört. Es soll Sache der Klinik sein, einen Stationsapotheker einzusetzen und die erforderliche Beratungsintensität festzulegen. Das widerspreche dem im Apothekengesetz verankerten Prinzip der „Arzneimittelversorgung aus einer Hand“, meinen sowohl Kammer als auch BVKA. Sie befürchten neue Schnittstellenprobleme und Doppelstrukturen, wenn es künftig eine weitere Person geben soll, die sich um die pharmazeutische Beratung kümmert – denn die Krankenhausapotheke und die krankenhausversorgende Apotheke haben ebenfalls ihre Verpflichtungen gegenüber den Klinikpatienten – so sehen es das Apothekengesetz (§ 14 ApoG) und die Apothekenbetriebsordnung vor (§ 20 ApBetrO). Und so schlägt der BVKA auch ganz konkret vor, dass in der gesetzlichen Regelung klarzustellen ist, dass die Stationsapotheker der fachlichen Aufsicht der Krankenhausapotheke beziehungsweise der krankenhausversorgenden Apotheke unterliegen.

Eine Regelung mit Vorbildcharakter

Nach der Sommerpause stand der Gesetzentwurf nun schon zwei Mal auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses des Landtags. Das erste Mal gab es Zeitprobleme und die Beratung wurde verschoben. Vergangene Woche wurden sodann mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) insbesondere die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf erörtert. Wie der Ausschussvorsitzende Holger Ansmann (SPD) gegenüber DAZ.online erklärte, ergab sich daraus „weiterer Klärungs- und Beratungsbedarf insbesondere auch unter Berücksichtigung geltender bundesgesetzlicher Bestimmungen“. Die Beratung im Ausschuss soll nun nach einer neuen Stellungnahme des GBD fortgesetzt werden.

Es gilt nun, zu klären, ob die Aufgaben eines Stationsapothekers, der direkt der Krankenhausapotheke oder der klinikversorgenden Apotheke unterstellt ist, nicht ohnehin schon bundesgesetzlich geregelt sind, sodass hier Landes- und Bundesrecht miteinander ins Gehege kommen. Wie die Lösung aussieht, ist noch unklar – es bleibt aber die Hoffnung, dass der Stationsapotheker aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ganz begraben wird. Zu beachten ist auch, dass Niederachsen bei diesem Thema eine Vorreiterstellung einnimmt und die Regelung daher auf weitere Vorhaben ausstrahlen wird. Die Gesundheitsministerkonferenz hat bei ihrem diesjährigen Treffen einen Beschluss zum Thema Patientenorientierung mit Blick auf die Stationsapotheker gefasst. Die Länderminister fordern darin das Bundesgesundheitsministerium auf, zu prüfen, in wie weit Regelungen auf Bundesebene die Arbeit von Stationsapothekern unterstützen können.

Der Politik dürfte daran gelegen sein, möglichst schnell weiterzukommen. Das neue Krankenhausgesetz soll Anfang 2019 in Kraft treten. Außerdem beginnt am 30. Oktober der Strafprozess gegen Niels H. vor dem Landgericht Oldenburg. Ihm werden 97 weitere Morde in Kliniken in Delmenhorst und Osnabrück zur Last gelegt. Es wird ein reges Medieninteresse erwartet. Da 120 Nebenkläger in dem Prozess auftreten werden, hat das Gericht die Verhandlung in die Weser-Ems-Halle ausgelagert. Bislang sind bis Mai 24 Verhandlungstermine vorgesehen.   



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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