TerminService- und Versorgungsgesetz

ABDA-Stellungnahme: Kleine, aber wichtige Änderungen für das TSVG

Süsel - 20.08.2018, 17:55 Uhr

Die Imfpstoffe sind nur ein Thema in dem Sammelentwurf TSVG des BMG. (Foto: Imago)

Die Imfpstoffe sind nur ein Thema in dem Sammelentwurf TSVG des BMG. (Foto: Imago)


Ein wohlwollendes „Ja, aber“ ist die Antwort der ABDA auf den Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für das TSVG. Dabei geht es mit der Impfstoffauswahl und der Preisbildung beim Großhandel um Themen mit großer Bedeutung für die Apotheken. In ihrer Stellungnahme vom 17. August schlägt die ABDA einige Nachbesserungen vor, zeigt sich aber im Grundsatz einverstanden mit dem Gesetzentwurf. Außerdem nutzt sie die Gelegenheit, um zusätzliche Forderungen wie die Streichung der Importklausel und eine Dokumentationsgebühr für Arzneimittel gemäß dem Transfusionsgesetz anzubringen.

Die ABDA zeigt keine massive berufspolitische Reaktion auf das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Der Gesetzentwurf ist ein Sammelsurium von Einzelregelungen. Darum liest sich auch die Stellungnahme der ABDA nicht wie ein politisches Statement, sondern sie erscheint als nüchterne Auflistung von bürokratischen Details. Darin stecken jedoch mindestens zwei Themen mit Brisanz für die Apotheken: das Auswahlspektrum für Impfstoffe und die Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) auf der Großhandelsebene.

ABDA will Skonti erhalten

Mit der Neuregelung soll der Festzuschlag des Großhandels auf Rx-Arzneimittel gemäß AMPreisV als nicht rabattfähig festgeschrieben werden. Eine wesentliche Frage dabei ist, ob dies auch Skonti betrifft. Denn solche Skonti waren der Auslöser für den Rechtsstreit, der zum Skonto-Urteil des BGH geführt hat. Die Neuregelung im Gesetzentwurf wiederum ist eine Reaktion auf dieses Urteil. Dazu erklärt die ABDA nun: „Zur Vermeidung späterer Fehinterpretationen weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass die mit Artikel 10 verfolgte Klarstellung der bestehenden Rechtslage nicht hindern sollte, dass unabhängig vom Rabattverbot handelsübliche Skonti, die für die Einhaltung von Zahlungszielen gewährt werden, bezogen auf den gesamten Apothekeneinkaufspreis zulässig sind.“ 

Rabatt und Skonto seien unterschiedlichen Regelungskreisen zuzuordnen und würden sich ergänzen, erklärt die ABDA. Damit widerspricht die ABDA der Gesetzesbegründung, in der es heißt, alle Nachlässe sollten auf den prozentualen Großhandelsaufschlag begrenzt werden - auch Skonti. Die ABDA erwähnt diese Gesetzesbegründung allerdings nicht, sondern bezieht sich allein auf den geplanten Gesetzeswortlaut. Dort heißt es zum Festzuschlag nur: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln […] durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte ist ein Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; …“ 

Für größere Apotheken, die in den Genuss höherer Rabatte und Skonti kommen, dürfte es bei dieser Frage um erhebliche Beträge gehen. Doch die ABDA vermeidet jegliche Zahlenangaben dazu. Von den Skonti abgesehen ist die ABDA mit der Regelung offenbar einverstanden. Die „Unterstützung für die […] Klarstellung“ resultiere aus dem auch von der ABDA verfolgten Ansatz, die flächendeckende Arzneimittelversorgung und die einheitlichen Abgabepreise zu sichern.

Nachbesserungen zur Impfstoffauswahl

Außerdem begrüßt die ABDA „das Ziel, eine ausreichende Auswahl an Impfstoffen zu garantieren und zugleich der Wirtschaftlichkeit der Versorgung Rechnung zu tragen“. Nach der neuen Regelung sollen die Krankenkassen „die Kosten bis zum Preis des zweitgünstigsten Herstellers übernehmen“. Dr. Martin Zentgraf, der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, hatte diesen Entwurf schon grundsätzlich kritisiert und die Kostenübernahme für alle Impfstoffe zum EU-Durchschnittspreis gefordert, um die Versorgung zu sichern (siehe DAZ.online-Meldung am 26. 7.). Die ABDA versucht dagegen die Grundidee des Vorschlags nachzubessern. Die ABDA erklärt, die vorgeschlagene Regelung sei zumindest dann nicht sachgerecht, wenn die Apotheke diesen Hersteller aufgrund der Verordnung nicht auswählen dürfe. Die ABDA verweist dazu auf die Grenzen der Substituierbarkeit durch unterschiedliche Indikationen und Altersgruppen der Patienten sowie bei der Fortsetzung bereits begonnener Immunisierungen, die mehrere Impfungen umfassen. Bei Grippeimpfungen müsse außerdem „klargestellt werden, dass für den Preisvergleich auf den Zeitpunkt der Vorbestellung abgestellt werden darf“. Die Schwierigkeiten liegen demnach vielfach in den Details und in den Folgeproblem, die durch die neue Regel erst ausgelöst werden könnten. Denn damit werde der Anteil von Reimporten als zweitgünstigstem Produkt stark ansteigen, erwartet die ABDA. Dies verbessere jedoch nicht die Anbietervielfalt bei den Originalherstellern und schwäche sogar die dauerhafte Verfügbarkeit der auswahlfähigen Arzneimittel. In der Formulierung sieht die ABDA außerdem die Gefahr für ein Missverständnis, dass nur die Kosten bis zum Herstellerabgabepreis und nicht der Apothekenaufschlag zu taxieren seien.

Klarheit für die Telematikinfrastruktur

Bei den übrigen Stellungnahmen geht es noch tiefer in bürokratische Details. Doch diese können für den Apothekenbetrieb durchaus wichtig werden. So schlägt die ABDA im Zusammenhang mit den Vorschriften zur Ausgabe der Heilberufeausweise vor, auch die Ausgabe der SMC-B-Institutionenkarten für Apotheken zu regeln. Diese sollten wie die Heilberufeausweise durch die Apothekerkammern ausgegeben werden. Doch fehle bisher die bundesgesetzliche Aufgabenzuweisung. Dazu schlägt die ABDA vor, dass die Länder auch die Stellen für die Ausgabe der SMC-B bestimmen. 

Die ABDA begrüßt auch die Zusammenführung des elektronischen Patientenfachs und der elektronischen Patientenakte. Sie regt an, die Option eines Verzichts auf die Gesundheitskarte zu prüfen, wenn eine Systemlösung für einen zentralen Speicher vorliegt. Damit wird offenbar der frühere Widerstand gegen einen möglicherweise manipulationsanfälligen zentralen Speicher aufgegeben und der Weg für die Nutzung von Smartphones anstelle einer Gesundheitskarte freigemacht. Bei der elektronischen Patientenakte spricht sich die ABDA für eine marktoffene Lösung mit Wahlmöglichkeiten für die Versicherten aus. Die Refinanzierung dafür solle durch die Krankenkassen erfolgen, so die ABDA.

Besetzung der Schiedsstelle

Ein erheblicher Teil der Stellungnahme befasst sich mit Regelungen zur Schiedsstelle gemäß § 129 SGB V. Die ABDA begrüßt „die Verwirklichung eines weitgehend einheitlichen Schiedswesens in dem überarbeiteten und neu strukturierten § 89 SGB V“. Anstelle des Losverfahrens sollen die unparteiischen Mitglieder durch die Aufsichtsbehörde bestimmt werden, wenn sich die Parteien nicht einigen können. Dazu schlägt die ABDA zwei Klarstellungen vor. Es solle geregelt werden, ob das Mitglied aus dem Kreis der bisher vorgeschlagenen Kandidaten ausgewählt werden muss. Außerdem solle die Amtszeit bei einer Auswahl durch die Behörde auf ein Jahr begrenzt werden.

Zusätzliche Vorschläge: Entlassmanagement, Dokumentationsgebühr und mehr

Schließlich schlägt die ABDA vor, vier weitere Regelungen in das Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen. Dazu gehört die altbekannte Forderung nach der Abschaffung der Importförderklausel. In den anderen Fällen geht es um neuere Themen. Der Kostenausgleich zur Finanzierung der Ausstattungs- und Betriebskosten der Apotheken für die Telematikinfrastruktur solle über den Deutschen Apothekerverband abgewickelt werden, schlägt die ABDA vor. Außerdem plädiert sie für eine Nachbesserung beim Entlassmanagement. Dabei geht es um Fälle, bei denen keine Produkte mit höchstens der Normgröße N1 im Handel sind. Dann solle jede Packung verordnet werden können, „deren Packungsgröße das nächst größere definierte Packungsgrößenkennzeichen […] nicht überschreitet“.  

Mit ihrem letzten Vorschlag greift die ABDA die jüngste Änderung der AMPreisV nochmals auf. Dabei wurde im vorigen Jahr der Dokumentationszuschlag gemäß AMPreisV erhöht und von Betäubungsmitteln auf T-Rezepte ausgedehnt. Die ABDA schlägt nun vor, auch Arzneimittel einzubeziehen, die den Dokumentationsvorschriften nach dem Transfusionsgesetz unterliegen. Dies erscheint sicherlich konsequent, weil der Aufwand vergleichbar sein dürfte. Allerdings bleibt offen, warum die ABDA nicht alle Arzneimittel mit zusätzlichen Dokumentationsvorschriften einbezieht, also auch Einzelimporte und Arzneimittel für Tiere.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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