Geplante Gesetzesänderung

Nun doch Cannabis-Pilotprojekte in Schweizer Apotheken

Remagen - 03.08.2018, 10:15 Uhr

Bald aus Schweizer Apotheken: Der Schweizer Bundesrat plant, die Abgabe von Cannabis in Apotheken im Rahmen von Modellprojekten zu erlaubven. ( r / Foto: Imago)

Bald aus Schweizer Apotheken: Der Schweizer Bundesrat plant, die Abgabe von Cannabis in Apotheken im Rahmen von Modellprojekten zu erlaubven. ( r / Foto: Imago)


Im vergangenen Jahr hatten Vorstöße in der Schweiz, Freizeit-Cannabis in wissenschaftlichen Pilotprojekten probehalber in Apotheken abzugeben, für große Diskussionen gesorgt. Das Bundesamt für Gesundheit hatte diese unter Verweis auf das geltende Betäubungsmittelrecht zunächst abgelehnt. Nun will der Schweizer Bundesrat doch den Weg für einen neuen „Experimentierartikel“ im Gesetz freimachen.

Im Frühjahr des letzten Jahres wollten Forscher des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) und des klinischen Studienzentrums (CTU) der Universität Bern in der Schweiz Forschungsprojekte auf den Weg bringen, mit denen Cannabis über Apotheken versuchsweise legal an Freiwillige abgegeben werden sollte

Drei Jahre lang sollten die Apotheken Cannabis an Cannabis-Konsumenten verkaufen dürfen und dabei untersuchen, wie sich ein regulierter Verkauf auswirken würde. Auch andere Schweizer Städte, darunter Zürich, Genf und Basel wollten die Option nutzen und Projekte für eine regulierte Abgabe von Cannabis in Angriff nehmen.

Neuer „Experimentierartikel“ für Pilotprojekte

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellte sich jedoch quer und verweigerte dem ISPM und dem CTU die Zustimmung zur Durchführung ihres Pilotprojektes. Zur Begründung verwies das BAG auf das geltende Betäubungsmittelgesetz, das den Konsum von Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken verbietet. Damit solche Studien bewilligt werden könnten, müsse das Gesetz mit einem „Experimentierartikel“ ergänzt werden. Genau dieser ist nun geplant. Bereits Anfang Juli hat das Parlament einen neuen Pilotversuchsartikel 8a im Schweizer Betäubungsmittelgesetz in die Vernehmlassung geschickt

Die Geltungsdauer des neuen Artikels soll auf zehn Jahre beschränkt werden. Näheres zu den Voraussetzungen für die Durchführung der Pilotversuche sowie die Einzelheiten des Antragsverfahrens werden in einer neuen Verordnung über Pilotversuche nach dem Betäubungsmittelgesetz (BetmPV) geregelt, die ebenfalls Bestandteil der Vernehmlassung ist. Die Anhörung dauert bis zum 25. Oktober 2018.

Rahmenbedingungen für Studien

Vor allem diese Verordnung steckt einen engen Rahmen für entsprechende Pilotversuche ab. Sie sollen örtlich auf eine oder mehrere Gemeinden zu begrenzen sein. Die Dauer darf höchstens fünf Jahre betragen. Es sollen nur so viele Personen an einem Projekt teilnehmen, dass die Ergebnisse wissenschaftlich aussagekräftig sind. Die Obergrenze liegt bei 5000.

Außerdem sollen nur Erwachsene eingeschlossen werden dürfen, die nachweislich bereits „Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis“ konsumieren und ihren Wohnsitz in einer Gemeinde haben, in der ein Pilotversuch durchgeführt wird.

Die Cannabis-Produkte sollen nur durch Verkaufsstellen zugänglich gemacht werden dürfen, „die über fachkundiges Personal und über eine adäquate Infrastruktur, insbesondere für die sichere Lagerung der Produkte, verfügen“. Von einer Beschränkung der Abgabe auf die Apotheken ist dort zwar nicht explizit die Rede, aber die Apotheker werden für die Durchführung entsprechender Projekte von ihrer Verpflichtung entbunden, Cannabis-Betäubungsmittel nur auf ärztliche Verordnung hin abzugeben. Auch die THC-Gehalte der Produkte sind beschränkt, und die Teilnehmer sollen die Produkte nur zum Eigengebrauch verwenden und nicht im öffentlich zugänglichen Raum konsumieren dürfen. Jeder Pilotversuch muss vom BAG bewilligt werden.

Cannabis-Schwarzmarkt floriert

Laut BAG ist Cannabis ist in der Schweiz die am häufigsten verwendete illegale Substanz. Schätzungen zufolge konsumieren über 200.000 Schweizer regelmäßig Cannabis zu Freizeitzwecken. Obwohl das geltende Gesetz diesen Konsum verbietet und unter Strafe stellt, gehe diese Zahl nicht zurück, schreibt das BAG. Gleichzeitig floriere der Schwarzmarkt. Die Auswirkungen würden insbesondere in größeren Städten sichtbar.

Der Konsum und vor allem der illegale Handel im öffentlichen Raum würden von der Bevölkerung zunehmend als störend und verunsichernd empfunden. Vor diesem Hintergrund zieht der Schweizer Bundesrat nun Gesetzesänderungen in Betracht. Studien wie das „Berner Projekt“ können seiner Meinung nach dazu beitragen, evidenzbasierte Entscheidungsgrundlagen für die Anpassung des Rechtsrahmens zu schaffen.  



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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