Kymriah und Yescarta

EMA empfiehlt EU-Zulassung für Gentherapeutika bei Leukämie

Berlin - 02.07.2018, 15:45 Uhr

Ja, „da ist Gen drin", in den neuen Onkologika von Novartis und Gilead, deren Zulassung nun bald zu erwarten ist. (cm / Foto: Siarhei / stock.adobe.com)

Ja, „da ist Gen drin", in den neuen Onkologika von Novartis und Gilead, deren Zulassung nun bald zu erwarten ist. (cm / Foto: Siarhei / stock.adobe.com)


Der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) hat die Marktzulassungen für die beiden Gentherapeutika Kymriah® und Yescarta® befürwortet. Beide CAR-T-Zell-Therapeutika werden bei bestimmten Formen der Leukämie eingesetzt, weisen jedoch eine lebensbedrohliche immunologische Nebenwirkung auf. Um dieser Komplikation entgegenzuwirken, empfiehlt der CHMP die Zulassungserweiterung des Antikörpers Tocilizumab, der diese Symptome unterdrücken soll. 

Grünes Licht für zwei personalisierte Gentherapeutika: Der Humanarzneimittelausschuss der europäischen Arzneimittelbehörde EMA (CHMP) hat die Zulassung von Kymriah® (Tisagenlecleucel) und Yescarta® (Axicabtagene Ciloleucel) befürwortet. Dies teilte die EMA am vergangenen Freitag mit.  

Beide Gentherapien sind auch die ersten Arzneimittel, die den beschleunigten PRIME-Bewertungsprozess durchlaufen haben. Vor etwa zwei Jahren hatte die EMA dieses Verfahren eingeführt, um innovative Therapieverfahren schneller zur Zulassung zu bringen. Einen vergleichbaren Mechanismus hat die FDA mit dem Priority Review.

Mit personalisierter Medizin gegen Blutkrebs

Die Empfehlungen betreffen jeweils spezielle Blutkrebsarten. So soll Kymriah® von Novartis die Zulassung zur Behandlung von akuter refraktärer lymphoblastischer B-Zell-Leukämie (B-Zell-ALL) bei Kindern und jungen Erwachsenen bis 25 Jahren erhalten. Kymriah® und Yescarta® sollen zudem bei erwachsenen Patienten mit diffusem großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) zugelassen werden. Außerdem soll Yescarta®, das von dem Unternehmen Gilead entwickelt wurde, bei primärem mediastinalem grosszelligen B-Zell-Lymphom (PMBCL) nach zwei oder mehr erfolglosen systemischen Therapiezyklen zur Anwendung kommen. In den USA sind beide Onkologika bereits zugelassen.

CAR-T-Zell-Therapie modifiziert Patientenzellen

Beide Gentherapien funktionieren nach dem gleichen Wirkprinzip: Tisagenlecleucel und Axicabtagen Ciloleucel bestehen aus körpereigenen T-Zellen des Patienten, die im Labor mit den Genen für den sogenannten chimären Antigen-Rezeptor (CAR) ausgestattet werden. Dieser ex-vivo installierte CAR-T-Zellrezeptor erkennt das CD19-Antigen auf Leukämiezellen. Die so veränderten Lymphozyten werden dem Patienten zurückgeführt und leiten dort die Zerstörung der Blutkrebszellen ein. Dass sich die Indikationen von Kymriah® und Yescarta® unterscheiden, liegt daran, dass die beiden Verfahren in verschiedenen Studien getestet wurden.

Zytokinfreisetzungs-Syndrom: CHMP empfiehlt Zulassungserweiterung von RoActemra®

Beide Therapien sind mit lebensbedrohlichen Nebenwirkungen verbunden. Dazu gehört neben schweren Infektionen oder Anämien auch das sogenannte Zytokinfreisetzungs-Syndrom. Bei Letzterem handelt es sich um eine systemische Reaktion auf die Aktivierung und Proliferation der CAR-T-Zellen. In der Folge entstehen hohes Fieber und Grippe-ähnliche Symptome. Auch neurologische Symptome sind möglich. Aufgrund dieser Risiken ist die Anwendung der beiden CAR-T-Zell-Therapeutika in den USA nur wenigen spezialisierten Kliniken vorbehalten.

Gegen die Symptome des Zytokinfreisetzungs-Syndroms ist das Immunsuppresivum RoActemra® (Tocilizumab, Roche), ein Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor, wirksam. Der CHMP hat deshalb eine Zulassungserweiterung des Antirheumatikums Tocilizumab empfohlen. Außerdem fordert das Gremium, dass Gilead und Novartis Patientenregister führen, um die Therapiesicherheit zu überwachen.

Diese Mühen nehmen die künftigen Zulassungsinhaber vermutlich gerne in Kauf. Denn in der personalisierten Medizin geht es um viel Geld. Laut mehreren Medienberichten, kostet eine Behandlung mit Kymriah® 475.000 US-Dollar und mit Yescarta® 373.000 US-Dollar.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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