Pharmacon Meran

Arzneimittel-induzierte Leberschäden – ein unterschätztes Problem

Meran - 04.06.2018, 14:00 Uhr

Amoxicillin/Clavulansäure ist hauptsächlicher Verursacher von Leberschäden. (Foto: Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com)

Amoxicillin/Clavulansäure ist hauptsächlicher Verursacher von Leberschäden. (Foto: Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com)


Kein Bewusstsein bei Patienten für Hepatotoxizität von Phytopharmaka

Für bedenklich hält Strassburg insbesondere den leichtfertigen und sorgenfreien Umgang der Patienten mit Phytopharmaka, „weil das grüne Blatt in der schönen Natur ist ja nichts Gefährliches“ – dieser festen Überzeugung sind zumindest wohl viele Phytopharmaka-Konsumenten. So wohl auch bei Iberogast®. Was sagt der Hepatologe zur aktuellen Diskussion über Iberogast®? Strassburg fährt hier eine klare Linie: „Ich rezeptiere das im Prinzip gar nicht!“ Und weiter: „Ich halte die Diskussion für valide“. So sei bei Iberogast® nicht klar, ob die Wirkung, die man dem Phytopharmakon zuspreche, letztendlich überhaupt eintrete. Dies gelte es, tatsächlich zu prüfen. „Ich glaube nicht, dass Iberogast® einen klaren Wirkmechanismus und ein klares Target hat – offenbar aber unerwünschte Wirkungen, insofern finde ich das gut, wenn man das kritisch sieht“, sagt Strassburg.

Professor Dr. Christian Strassburg, ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik 1 am Universitätsklinikum Bonn. (Foto: DAZ.online)

Hepatoprotektive Arzneimittel – für wen eignen sie sich?

Hepatoprotektive Phytopharmaka – Mariendistelfrüchte oder Artischockenpräparate, die den Gallenfluss fördern, – kann sich der Patient damit etwas Gutes tun? Der Experte unterscheidet hier zwei „Lebertypen“: Den Leberkranken, der bereits behandelt werden muss, und den völlig Lebergesunden – „der das Bedürfnis hat, sich  etwas Gutes zu tun und Geld ausgeben will“. Für den ersten Patienten stellt der Experte bei einer vermeintlich hepatoprotektiven Selbstmedikation die Ampel auf rot und vertritt ein klares „Nein“: Es gebe keinerlei Evidenz, dass irgendein Arzneimittel hier irgendetwas bringe. Zusätzlich warnt Strassburg vor dem Interaktionspotenziel von Präparaten mit Mariendistelfrüchten.

Ausschließlich wissenschaftlich fundierte Behandlung bei Leberschaden

„Bei Patienten mit ernsthaften Lebererkrankungen sollte man eine klare und wissenschaftlich fundierte Linie verfolgen“, findet der Hepatologe. Er selbst ist hier sehr stringent und sagt seinen Patienten klar: „Ich werde Sie nicht behandeln, wenn Sie etwas anderes nehmen“.  Bei völlig lebergesunden Patienten hingegen seien solche Präparate „sicherlich in Ordnung“.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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