Baden-Württemberg

Ärztekammer erlaubt DrEd Online-Beratung und Rezept-Versand

Berlin - 30.05.2018, 15:30 Uhr

Die britische Online-Praxis DrEd darf nach einer Genehmigung der Landesärztekammer Baden-Württemberg nun auch aus Deutschland heraus Patienten in Deutschland fernbehandeln und Rezepte ausstellen. (Foto: Imago)

Die britische Online-Praxis DrEd darf nach einer Genehmigung der Landesärztekammer Baden-Württemberg nun auch aus Deutschland heraus Patienten in Deutschland fernbehandeln und Rezepte ausstellen. (Foto: Imago)


Es gab Zeiten, da wurden im Deutschen Bundestag Gesetze beschlossen, um das Geschäftsmodell der britischen Online-Praxis DrEd hierzulande unmöglich zu machen. Das damals beschlossene Gesetz gilt zwar noch, aber DrEd scheint mit dem Fall des Fernbehandlungsverbotes nun wieder eine Option für viele zu werden: Die Ärztekammer Baden-Württemberg hat es dem Unternehmen erlaubt, Patienten in Deutschland zu behandeln – laut DrEd gehört dazu auch die Ausstellung von PKV-Rezepten.

Erst kürzlich erklärte Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, dass sich durch die teilweise Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes für die Apotheker nichts ändere. Darüber wie sinnvoll diese Aussage ist, kann gestritten werden. Klar ist aber, dass sich nach der Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes durch den Ärztetag allein schon praktisch einiges ändern könnte in der Apotheke. Denn es gibt immer mehr Versorgungsmodelle, bei denen Patienten jetzt schon online beraten werden – auch Rezepte werden bereits ausgestellt, wie das Projekt des baden-württembergischen Unternehmens Teleclinic zeigt. Und diese Rezepte landen nun einmal in der Apotheke.

Jüngstes Beispiel für ein solches Versorgungsmodell: die britische Online-Praxis DrEd. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg erlaubte ihr am gestrigen Dienstag ein Modellprojekt, bei dem in Deutschland tätige Ärzte Patienten aus Deutschland fernbehandeln. Die Ärztekammer im Ländle war im vergangenen Jahr die erste Kammer, die solche Modellversuche erlaubte, vor einigen Wochen zog Schleswig-Holstein nach. Für DrEd bedeutet das: Das Unternehmen kann sich nun auch in Deutschland niederlassen, um baden-württembergische Patienten online zu beraten.

An eine solche Entwicklung war noch vor zwei Jahren nicht zu denken: Noch im November 2016 beschloss der Bundestag nach jahrelangem Drängen der Unionsfraktion, die sogenannte „Lex DrEd“, ein Gesetz, nach dem Apotheker keine Rezepte beliefern dürfen, die aus einem nicht-direkten Arztkontakt resultieren. Das Gesetz gilt natürlich immer noch: Jeder Apotheker muss also sehr genau prüfen, ob das ihm vorliegende Rezept aus einer solchen Video-Beratung, die ja nun auch in Deutschland immer häufiger vorkommen wird, entstammt. Für DrEd ist das aber kein Grund, auf die Rezept-Ausstellung während der Online-Beratungen zu verzichten.

DrEd kooperierte bislang mit EU-Versendern

Auf Nachfrage von DAZ.online erklärte eine Sprecherin: „Ja, falls medizinisch erforderlich, stellt der Arzt ein Rezept aus.“ Betroffen sind allerdings nur Selbstzahler-Rezepte. Denn bei GKV-Rezepten ist eine Online-Ausstellung (noch) nicht möglich, da das Rezept hier per Gesetz zur Abrechnung weiterhin in Papierform vorliegen muss. Dass DrEd die Rezepte ausstellt, findet das Unternehmen nicht bedenklich, da sich das Gesetz mit dem Fernverordnungs-Verbot – so die Sprecherin – schließlich nicht auf die Ausstellung, sondern die Abgabe beziehe.

Aufgrund der „Lex DrEd“ war das britische Unternehmen damals gezwungen, mit EU-Versendern zusammenzuarbeiten: Die Rezept wurden auf Wunsch des Kunden direkt an eine Versandapotheke im EU-Ausland geschickt, die den Kunden dann belieferte. Beim baden-württembergischen Versorgungsmodell verspricht DrEd nun aber, dass Patienten die Rezepte auch in deutschen Vor-Ort-Apotheken einlösen können. Eine Sprecherin: „Mit Start des Projekts im Sommer 2018 können Patienten die von DrEd ausgestellten Rezepte auch in baden-württembergischen Apotheken einlösen.“ Wie die Online-Praxis das realisieren will, ist unklar. Eine Nachfrage dazu, wie das Rezeptmodell genau funktionieren werde, wollte die Sprecherin nicht beantworten.

Und auch bei der Apothekerkammer herrscht offenbar Verwunderung: Ein Sprecher teilte mit, dass man das Projekt nicht kenne. Es habe keinerlei Kontakt mit DrEd gegeben. Man wisse nicht, wie das Rezeptmodell von DrEd aussehe, deswegen könne man sich auch nicht dazu äußern. Es bleibt daher völlig offen, wie sich Apotheker verhalten sollen, wenn sie solche Rezepte in der Apotheke auf dem HV-Tisch haben.

Teleclinic: Abweichung vom Fernverordnungsverbot in Einzelfällen

Bei einem anderen Telemedizin-Projekt in Baden-Württemberg kooperiert der Anbieter der Online-Arztpraxen (Teleclinic) mit apotheken.de und somit mit den Vor-Ort-Apotheken. Nach der ärztlichen Online-Beratung haben die Patienten die Möglichkeit, ihre gewünschte Vor-Ort-Apotheke zum Einlösen des Rezeptes auszuwählen, die PKV-Rezepte werden dann elektronisch zur Apotheke geschickt. Mit Blick auf das Fernverordnungsverbot beruft sich TeleClinic auf die Formulierung, dass von dem Verbot „in begründeten Einzelfällen“ abgewichen werden darf. Dieser Argumentation hatte sich nicht nur die Landesärztekammer angeschlossen, sondern auch das Landesministerium für Soziales und Gesundheit, das Bundesgesundheitsministerium sowie die Landesapothekerkammer.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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