E-Rezept und Gesundheitsakte

EU-Kommission will Gesundheitssysteme digital vernetzen

Berlin - 03.05.2018, 11:50 Uhr

Die EU-Kommission hat mitgeteilt, dass sie in den kommenden Jahren dafür sorgen will, dass E-Gesundheitsakten und E-Rezepte aus den einzelnen Ländern grenzübergreifend nutzbar sind. (Foto: Imago)

Die EU-Kommission hat mitgeteilt, dass sie in den kommenden Jahren dafür sorgen will, dass E-Gesundheitsakten und E-Rezepte aus den einzelnen Ländern grenzübergreifend nutzbar sind. (Foto: Imago)


Die EU-Kommission will die Digitalisierung der europäischen Gesundheitssysteme und deren Vernetzung vorantreiben. In einem Kommunikationspapier teilt die Kommission mit, dass immer mehr Mitgliedstaaten sich in den kommenden Jahren digital vernetzen sollen, dazu gehört die grenzüberschreitende Nutzung von Gesundheitsakten und dem E-Rezept. Welche Rolle Deutschland dabei spielen soll, bleibt jedoch völlig unklar.

Die EU-Kommission will durch die grenzüberscheitende Vernetzung der Gesundheitssysteme einerseits die Versorgung verbessern, andererseits aber auch die Forschung unterstützen. Gerade in der Krebsforschung oder der Forschung an seltenen Krankheiten sei es wichtig, dass man möglichst große Datengrundlagen habe. „Ohne diese wird es für Gesundheitsorganisationen zunehmend schwerer, die Qualität und Effizienz ihrer Dienstleistungen zu optimieren und für EU-Forscher wird es schwerer, wissenschaftliche Durchbrüche zu erringen, die beispielsweise für die frühe Diagnose von Krankheiten gebraucht werden“, heißt es in dem Kommunikationspapier.

Auch die „koordinierte Reaktion“ auf Epidemien und die schnelle Verbreitung neuer Therapien in Europa könnten durch die digitale Vernetzung verbessert werden. Und weiter: „Gleichzeitig können fehlende Koordination und fragmentierte Lösungen für Cyber-Sicherheit die Nutzung und Sammlung medizinischer Forschungsdaten auf EU-Ebene etwa für die personalisierte Medizin erschweren.“

Mit dem Ist-Zustand, was die Digitalisierung, die grenzüberschreitende Vernetzung sowie die Teilhabe der Patienten an ihren Gesundheitsdaten betrifft, ist die EU-Kommission nicht wirklich zufrieden. In ihrem Kommunikationspapier erklärt die Kommission, dass nur neun Länder elektronische Informationssysteme im Gesundheitswesen nutzen, bei denen die Patienten Zugriff auf ihre eigenen Behandlungs- und Gesundheitsdaten haben. Wie viele und welche Informationen die Patienten selbst einsehen können, ist laut Kommission dabei aber sehr unterschiedlich.

Sieben weitere Länder haben angegeben, dass sie derzeit an Projekten arbeiten, bei denen Patienten digital auf ihre Daten zugreifen können. Zehn Länder haben regionale oder lokale Systeme mit Patientenzugriff, einige davon arbeiten an zentralen Lösungen. Drei Länder haben angegeben „keine elektronischen Gesundheitsakten“-Lösungen zu haben (Irland, Tschechien, Zypern). Die Kommission stört sich auch daran, dass nur sechs Mitgliedstaaten die grenzübergreifende Nutzung von Patienten- und Gesundheitsakten überhaupt geregelt haben, darunter Italien, Spanien und Rumänien.

Wann kommt das E-Rezept in Deutschland?

Und auch mit der Entwicklung in Sachen E-Health zeigt sich die Kommission unzufrieden. „2008 hat Estland als erstes Land auf der Welt eine nationale, elektronische Gesundheitsakte eingeführt, in der von der Geburt bis zum Tod alle Vorkommnisse eingesehen werden können. Seitdem haben es allerdings nur 13 weitere EU-Staaten ihren Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Gesundheitsdaten einzusehen.“

Und auch die Entwicklung des E-Rezeptes hinkt aus Sicht der Kommission: „Die Nutzung von E-Rezepten in Europa ist unterschiedlich, nur eine Minderheit der Staaten hat das E-Rezept für seine Bürgerinnen und Bürger nutzbar gemacht.“ Dabei könnten die Digitalisierung und der grenzüberschreitende Austausch von Gesundheitsakten und E-Rezepten die Versorgung verbessern, insbesondere wenn die Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU reisen. Studien hätten zudem bewiesen, dass die sich Nutzung von E-Gesundheitsakten und E-Rezepten effizient und somit auch aus „fiskalischen“ Gründen nachhaltig sei.

Bislang ist die grenzüberscheitende Nutzung der Gesundheitsakten und E-Rezepte allerdings freiwillig geregelt. Es gibt vereinzelte Kooperationen von Länderbehörden, bei denen E-Health-Lösungen verknüpft werden. Die EU-Kommission moniert auch, dass der Austausch von Informationen sich bislang auf E-Rezepte und bloße Behandlungsübersichten beschränkt. Deswegen kündigt die Kommission nun ein Projekt an, das noch in diesem Jahr starten soll und an dem sich vorerst „zwischen acht und neun Mitgliedstaaten“ beteiligen sollen. Konkret sollen in dem Testprojekt die E-Gesundheitsakten und E-Rezepte der jeweiligen Länder so umgestaltet werden, dass sie auch in den Gesundheitssystemen der anderen Mitgliedstaaten einsehbar sind. „Es wird erwartet“, dass bis 2020 sogar 22 Mitgliedstaaten an dieses grenzübergreifende Projekt angebunden sind.

In ihrem Kommunikationspapier teilt die Kommission jedoch nicht mit, welche Staaten sich noch in diesem Jahr besser vernetzen wollen und welche ab 2020 dazu kommen. Dass Deutschland bis in zwei Jahren seine Telematikinfrastruktur grenzübergreifend nutzbar macht, ist allerdings nur schwer vorstellbar. Zwar ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass noch in dieser Legislaturperiode eine elektronische Patientenakte eingeführt werden soll. Die Telematikinfrastruktur und der E-Medikationsplan sollen sogar schon in den kommenden beiden Jahren stehen. Beim E-Rezept sind die Umsetzungsdaten bislang aber weniger konkret.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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