Gesundheitspolitik

EU-Kommission drängt auf elektronische Vernetzung

Wann kommt das E-Rezept in Deutschland?

bro/eda | Die EU-Kommission will durch die grenzüberschreitende Vernetzung der Gesundheitssys­teme sowohl die Versorgung als auch die Forschung verbessern. Dafür sollen sich immer mehr Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren digital vernetzen.

Dies teilt die Kommission in einem Kommunikationspapier mit. Konrekt geht es um die Nutzung von elektronischen Gesundheitsakten und Verordnungen. Bislang ist die grenzüberschreitende Nutzung freiwillig geregelt. Allerdings existieren vereinzelte Kooperationen von Länderbehörden, bei denen E-Health-Lösungen bereits verknüpft werden. Die EU-Kommission moniert jedoch, dass sich der Austausch von Informationen bislang auf E-Rezepte und bloße Behandlungsübersichten beschränkt. Deswegen kündigt die Kommission nun ein Projekt an, das noch in diesem Jahr starten soll und an dem sich vorerst „zwischen acht und neun Mitgliedstaaten“ beteiligen sollen. Außerdem „wird erwartet“, dass bis 2020 sogar 22 Mitgliedstaaten bei diesem Projekt teilnehmen.

Gerade in der Krebsforschung oder der Forschung an seltenen Krankheiten sei es wichtig, dass man möglichst große Datengrundlagen habe. „Ohne diese wird es für Gesundheitsorganisationen zunehmend schwerer, die Qualität und Effizienz ihrer Dienstleistungen zu optimieren und für EU-Forscher wird es schwerer, wissenschaftliche Durchbrüche zu erringen, die beispielsweise für die frühe Diagnose von Krankheiten gebraucht werden“, heißt es in dem Kommunikationspapier.

EU-Kommission mit dem Ist-Zustand unzufrieden

Auch die „koordinierte Reaktion“ auf Epidemien und die schnelle Verbreitung neuer Therapien in Europa könnten durch die digitale Vernetzung verbessert werden. Und weiter: „Gleichzeitig können fehlende Koordination und fragmentierte Lösungen für Cyber-Sicherheit die Nutzung und Sammlung medizinischer Forschungsdaten auf EU-Ebene etwa für die personalisierte Medizin erschweren.“

Was die Digitalisierung, die grenzüberschreitende Vernetzung sowie die Teilhabe der Patienten an ihren Gesundheitsdaten betrifft, ist die EU-Kommission alles andere als zufrieden. In ihrem Kommunikationspapier erklärt die Kommission, dass nur neun Länder elektronische Informationssysteme im Gesundheitswesen nutzen, bei denen die Patienten Zugriff auf ihre eigenen Behandlungs- und Gesundheitsdaten haben. Wie viele und welche Informationen die Patienten selbst einsehen können, ist laut Kommission dabei aber sehr unterschiedlich.

Sieben weitere Länder haben angegeben, dass sie derzeit an Projekten arbeiten, bei denen Patienten digital auf ihre Daten zugreifen können. Zehn Länder haben regionale oder lokale Systeme mit Patientenzugriff, einige davon arbeiten an zentralen Lösungen. Drei Länder haben angegeben, „keine elektronischen Gesundheitsakten“-Lösungen zu haben (Irland, Tschechien, Zypern). Die Kommission stört sich auch daran, dass nur sechs Mitgliedstaaten die grenzübergreifende Nutzung von Patienten- und Gesundheitsakten überhaupt geregelt haben, darunter Italien, Spanien und Rumänien.

Und auch mit der Entwicklung in Sachen E-Health zeigt sich die Kommission unzufrieden. „2008 hat Estland als erstes Land auf der Welt eine nationale, elektronische Gesundheitsakte eingeführt, in der von der Geburt bis zum Tod alle Vorkommnisse eingesehen werden können. Seitdem haben es allerdings nur 13 weitere EU-Staaten ihren Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Gesundheitsdaten einzusehen.“

Und auch die Entwicklung des E-Rezeptes hinkt aus Sicht der Kommission: „Die Nutzung von E-Rezepten in Europa ist unterschiedlich, nur eine Minderheit der Staaten hat das E-Rezept für seine Bürgerinnen und Bürger nutzbar gemacht.“ Dabei könnten die Digitalisierung und der grenzüberschreitende Austausch von Gesundheitsakten und E-Rezepten die Versorgung verbessern, ins­besondere wenn die Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU reisen. In ihrem Kommunikations­papier teilt die Kommission jedoch nicht mit, welche Staaten sich noch in diesem Jahr besser vernetzen wollen und welche ab 2020 dazu kommen. Dass Deutschland bis in zwei Jahren seine Telematikinfrastruktur grenzübergreifend nutzbar macht, ist allerdings nur schwer vorstellbar. Zwar ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, dass noch in dieser Legislaturperiode eine elektronische Patientenakte eingeführt werden soll. Beim E-Rezept sind die Umsetzungsdaten bislang aber weniger konkret.

Wie reagieren die Mitgliedstaaten auf den Vorstoß?

Unklar ist, wie die Mitgliedstaaten zu den Plänen der EU-Kommission stehen. Der Vorschlag, die Nutzenbewertungen für Arzneimittel und Medizinprodukte in Europa vereinheitlichen zu wollen, hatte Anfang des Jahres bereits für Aufregung gesorgt. Nachdem der Bundestag gegenüber der EU eine Subsidiaritätsrüge ausgesprochen hat, protestieren nun auch die Bundesländer und kritisieren, dass die EU mit diesem Schachzug ihre Kompetenzen überschreite. Außerdem würde diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu neuen bürokratischen Pflichten führen. |


Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Kohle, Stahl und Digitales" von Dr. Armin Edalat.


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