Antihypertensiva: empfehlenswert

Warentest checkt Blutdrucksenker

Stuttgart - 25.04.2018, 14:20 Uhr

Verbraucherschützer propagieren Arzneimittel gegen Hypertonie. (Foto: redaktion93 / Stock.adobe.com)

Verbraucherschützer propagieren Arzneimittel gegen Hypertonie. (Foto: redaktion93 / Stock.adobe.com)


Von ACE-Hemmern über Sartane, Betablocker und Diuretika bis hin zur richtigen Ernährung hat Stiftung Warentest Maßnahmen gegen Bluthochdruck geprüft. Auch Empfehlungen zur antihypertensiven Behandlung bei vorliegenden Begleiterkrankungen sprechen die Verbraucherschützer aus. Und die oft kritischen Verbraucherschützer kommen bei Antihypertensiva zu dem Fazit: „Der Nutzen überwiegt das Risiko“.

Nicht alle Beurteilungen von Stiftung Warentest sind pharmazeutisch immer uneingeschränkt korrekt. Zum Beispiel nasale Corticoide fristen bei den Verbraucherschützern eher ein Schattendasein. Obwohl internationale Leitlinien zu saisonaler allergischer Rhinitis topische Corticoide mit der höchsten Evidenz empfehlen, heißt Warentest Mometason, Fluticason und Beclometason bei allergischer Rhinitis nicht gut – und führt sie schlichtweg in den Allergie-Tipps nicht auf.

Mag man sich nun streiten, ob es Aufgabe von Stiftung Warentest sein sollte, sich zu fraglos in ärztliche Hände gehörenden Therapiegebieten wie der Hypertonie und den dazu gehörenden verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu äußern – so haben die Verbraucherschützer bei Bluthochdruck sorgfältig gearbeitet: bei der richtigen Blutdruckmessung, bei Tipps zur richtigen Ernährung und gesunden Lebensweise: wenig Kochsalz und Alkohol, Gewichtsabnahme bei Übergewichtigen, Rauchstopp und regelmäßiger Bewegung bei einer gesunden Ernährung mit Gemüse, Früchten und fettreduzierten Milchprodukten. Die Leitlinien gehen hier absolut d'accord.

Warentest lobt Antihypertensiva

Auch bei der Bewertung der Arzneimittel finden die Verbraucherschützer pro-therapeutische Worte: Blutdruckmittel gehörten zu den am besten untersuchten Medikamenten und so bewerteten die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest – unter anderem Gerd Glaeske – die meisten Arzneimittel als geeignet: „Sie können erhöhten Blutdruck wirkungsvoll senken, der Nutzen überwiegt das Risiko“, lautet das Fazit von Stiftung Warentest.

Stolperfalle bei Hypertonie und Herzinsuffizienz

Lediglich eine kleine gedankliche Stolperfalle bauen die Verbraucherschützer ein. Sie nennen in ihren Empfehlungen zur Hypertoniebehandlung „bei zusätzlichen Herz-Kreislauf- oder Nierenleiden“ die Gruppe der Diuretika als „Mittel der Wahl bei Herzschwäche“. Das kann man leicht falsch verstehen – denn natürlich stellen Diuretika bei Herzinsuffizienz auch beim Vorliegen einer gleichzeitigen Hypertonie nach wie vor nicht die First-Line-Therapie.

ACE-Hemmer und Betablocker verbessern Mortalität bei Herzinsuffizienz

Sind bei Monotherapie einer isolierten Hypertonie alle fünf Substanzklassen – ACE-Hemmer, Sartane, Calciumantagonisten, Betablocker und Diuretika – als gleichwertig einzustufen, wirken diese Arzneimittelgruppen bei einer Herzinsuffizienz nicht äquipotent. Mortalitätsverbessernde Arzneimittel bei einer Herzinsuffizienz, die auch in der Behandlung der Hypertonie zugelassen sind, sind lediglich ACE-Hemmer und Betablocker. ACE-Hemmer gelten als erste Wahl in jedem Stadium der Herzinsuffizienz (NYHA 1 bis 4) und Sartane bei Nichtverträglichkeit von ACE-Hemmern. Betablocker kommen grundsätzlich ab NYHA 2 zum Einsatz. Patienten mit Myokardinfarkt oder Hypertonie können laut Leitlinie auch bereits im ersten Stadium der Herzinsuffizienz mit Betablockern behandelt werden. Diuretika sind ab NYHA 2 bei Flüssigkeitsretention indiziert.

Dass beide Erkrankungen parallel vorliegen, kommt in der Praxis nicht so selten vor: Immerhin knapp 60 Prozent der Herzinsuffizienzpatienten leiden zusätzlich an Hypertonie. Eine gute Einstellung der Hypertonie zählt zu den kausalen Ansatzpunkten einer Herzinsuffizienz. Will man also medikamentös zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Hypertonie und Herzinsuffizienz mortalitätsverbessernd gleichzeitig therapieren, sollte man primär eher zu ACE-Hemmern und Betablockern greifen – so keine absoluten Kontraindikationen vorliegen.

Hypertoniker sollten Warentest lesen – oder den Apotheker fragen

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass etwa die Hälfte der Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck nicht adhärent ist und ihre Arzneimittel wie ärztlich verordnet einnimmt. Grund für eine mangelnde Adhärenz kann bei Hypertonie auch eine häufig erforderliche Kombinationstherapie mit unterschiedlichen Wirkstoffen sein – denn je mehr Tabletten ein Patient einnehmen muss, desto schlechter ist in der Regel seine Therapietreue. Bleibt also zu hoffen, dass möglichst viele Hypertoniker das Warentest-Urteil lesen – oder einfach auch mal zur Wirksamkeit und Verträglichkeit ihrer Arzneimittel in der Apotheke nachfragen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Warentest Blutdrucksenker

von Gregor Huesmann am 29.04.2018 um 13:46 Uhr

Warum stammt der Artikel nicht von der Bundesapothekerkammer? Haben wir nichts zu den Antihypertonika zu sagen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Warentest Blutdrucksenker

von Gregor Huesmann am 29.04.2018 um 12:38 Uhr

Warum stammt der Artikel von der Stiftung Warentest und nicht von der Bundesapothekerkammer? Sind wir auf dem Gebiet inkompetent?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ich werd noch gaga

von Karl Friedrich Müller am 25.04.2018 um 15:16 Uhr

„Sie können erhöhten Blutdruck wirkungsvoll senken, der Nutzen überwiegt das Risiko“, lautet das Fazit von Stiftung Warentest.
Ein Hammer Ergebnis, geradezu spektakulär!
Erforscht, in tausend Leitlinien empfohlen und seit Jahrzehnten verwendet.
Da braucht es echt noch eine Untersuchung von Stiftung Warentest.
Ich bin fassungslos.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.