DAZ.online-Miniserie „Berühmte Apotheker“ (1)

Porzellan und Co. – Apotheker als Tüftler und Erfinder

Berlin - 10.04.2018, 07:00 Uhr

(Fotos: RRF pixindy, PL.TH, Unclesam / stock.adobe.com)

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Was haben Porzellan, Ohropax und Coca-Cola gemeinsam? Wir benutzen es. Wir brauchen es. Wir lieben es. Und wir verdanken diese Produkte den Tüfteleien erfindungsreicher Apotheker: Teil 1 einer Entdeckungsreise durch die Welt „berühmter Apotheker“.

„Böttger, mach‘ er uns Gold“ – so (oder so ähnlich) soll der Befehl des Kurfürsten von Sachsen Friedrich August II., genannt der Starke, an den Apotheker und Alchemisten Johann Friedrich Böttger geklungen haben. Der sächsische Kurfürst, der für seinen ausschweifenden Lebensstil und als Förderer von Kunst und Architektur bekannt war, konnte eine Geld- bzw. Goldquelle gut gebrauchen. Böttger wiederum tat wie ihm geheißen. Als Gefangener August des Starken tüftelte er jahrelang und versuchte sich als Goldmacher. Gold kam am Ende nicht heraus, aber dafür etwas, was zu damaliger Zeit genauso wertvoll war: Porzellan. Wie kam es dazu?

Johann Friedrich Böttger – vom Apotheker zum Goldmacher

1682 in Schleiz (Thüringen) geboren, wächst Johann Friedrich Böttger als drittes Kind des Münzmeisters Johann Adam Böttger in Magdeburg auf, wohin die Familie schon kurz nach seiner Geburt gezogen war. Nach dem frühen Tod des Vaters wurde Böttger durch seinen Stiefvater, dem Ingenieur Johann Friedrich Tiemann, gefördert. Dieser ermöglichte ihm eine umfangreiche Ausbildung.

Im Alter von 14 Jahren ging Böttger nach Berlin, um sich zum Apothekergesellen ausbilden zu lassen. Seine Ausbildungszeit in der Apotheke von Friedrich Zorn, einem engagierten und wohlhabenden Apotheker, dauerte fünf Jahre. Die Zornsche Apotheke war bestens ausgestattet. In einem modernen Laboratorium fand Böttger alles, was er für seine Ausbildung und seine alchemistischen Experimente benötigte. Durch den Kontakt zu anderen Alchemisten bestärkt, begann auch er nach dem „Stein der Weisen“ zu suchen, um aus wertlosen Metallen Gold herstellen zu können.

Sein Ruf als „Goldmacher“ liegt den Überlieferungen nach in einem unter Zeugen durchgeführtem Experiment begründet, bei dem er im Jahre 1701 mehrere Silbermünzen in Gold verwandelt haben soll. Verschiedene Zeitungen berichteten damals über ihn und sein Können. Doch dieser Ruf brachte ihm nicht nur Ruhm ein, sondern führte vielmehr zu einigen Verwicklungen. So hätte sich Preußenkönig Friedrich I. gerne seiner „Goldmachkünste“ bedient. Dem drohenden Zugriff entzog sich Böttger durch Flucht ins sächsische Wittenberg. Dort erhoffte er sich Schutz durch August dem Starken. Doch es kam anders als erhofft. Anstatt Medizin studieren zu dürfen, wurde er zum Gefangenen des sächsischen Kurfürsten.

Johann Friedrich Böttger (Foto: Imago)

Gefangener in Dresden – vom Goldmacher zum Porzellanerfinder

Am 27. November 1701 wurde Böttger nach Dresden gebracht und dort im sogenannten „Goldhaus“ gefangen gehalten. Gold solle er herstellen – und dies möglichst reichlich, erst dann könne er die Freiheit wiedererlagen. Böttger wurde im Laufe der Jahre an verschiedenen Orten, u.a. in der Festung Königstein im Elbsandsteingebirge und in der Albrechtsburg in Meißen festgesetzt. Ein Grund für die häufigen Ortswechsel war die stetige Befürchtung, Böttger könne fliehen. Dies gelang ihm auch im Jahre 1703. Er wurde jedoch in Österreich wieder ergriffen und nach Sachsen zurückverschleppt. 

Freilich gelang es Böttger nicht, das so dringend benötigte Gold herzustellen. Stattdessen arbeitete er unter der Aufsicht des Mineralogen und Hüttenfachmanns Gottfried Pabst von Ohain und des Naturforschers Ehrenfried Walther von Tschirnhaus an der Entwicklung einer Rezeptur zur Herstellung von Hartporzellan. Bis zu diesem Zeitpunkt kannten einzig die Chinesen die genaue Verfahrensweise. 1707 wurde der erste Durchbruch erzielt. Böttger und seinen Mitstreitern gelang die Herstellung von rotem Porzellan, das als Böttgersteinzeug – oder auch „rothes Porcelain“ – bekannt wurde. 1708 war es dann soweit: Die Rezeptur zur Herstellung von glasiertem Hartporzellan war gefunden. Gleichzeitig war dies die Geburtsstunde des inzwischen weltberühmten Meißner Porzellans. Die Manufaktur begann 1710 mit der Produktion von hochwertigem und widerstandsfähigem Porzellan.

Was macht Apotheker zu ideenreichen Erfindern?

Wohin Erfindungsreichtum und die Lust am Tüfteln Apotheker führen können, zeigt neben der Erfindung des Porzellans eine beeindruckende Liste von inzwischen alltäglichen Markenprodukten, deren Ursprung in Apotheken lag. Coca-Cola, Oohropax und Uhu - wir kennen sie alle. Aber auch Streichhölzer benutzen wir. Nur wer denkt schon an Apotheker als Erfinder? Doch Apotheker mit ihrem vielseitigen Wissen sind nicht nur gute Chemiker, sondern auch erfindungsreiche Allrounder auf der Suche nach praktischen Anwendungen gepaart mit einer guten Portion Geschäftssinn – zumindest gibt es sehr gute Voraussetzungen dafür.  Das zeigen uns die Entwicklungsgeschichten vieler bekannter Produkte.

Cola-Getränke – geniale Idee findiger Apotheker

Die Weltmarke Coca-Cola verdanken wir dem Erfindungsgeist  des Apothekers John Stith Pemberton (1831-1888), der 1886 auf der Suche nach einem „Stärkungsmittel“ die bis heute streng gehütete Coca-Cola-Rezeptur entwickelte. Im US-amerikanischen Atlanta erfand er einen Extrakt, über dessen Zusammensetzung bis heute spekuliert wird. So soll er u.a. aus peruanischen Coca-Blättern und der Kolanuss gewonnen worden sein. Diesen Grundsirup ließ Pemberton in einer benachbarten Apotheke mit Sodawasser versetzten – der Anfang einer weltweiten Erfolgsgeschichte. Nicht jedoch unter Pemberton wurde Coca-Cola ganz groß, sondern unter Asa G. Candler, der 1892 „The Coca-Cola Company“ gründete und ein Jahr später die Marke patentieren ließ. 

In New Bern (North-Carolina) schenkte Apotheker Caleb Bradham (1867-1934) in seinem Drugstore 1893 zum ersten Mal ein von ihm entwickeltes Erfrischungsgetränk auf Basis von Kolanüssen, Vanille, seltener Öle und Sodawasser aus. Unter dem Namen „Brad´s Drink“ sorgte das Getränk für Furore. 1898 kam es zur Umbenennung in Pepsi-Cola. Der Name führte zu allerlei Spekulationen über die Zusammensetzung der Rezeptur. Das Verdauungsenzym Pepsin soll jedoch laut Firmenangaben  nie zugesetzt worden sein. Vielmehr sei der Name von dem Begriff „Dyspepsie“ hergeleitet worden. Pepsi-Cola wurde zum Verkaufshit. Bradham gründete 1902 die „Pepsi Cola Company“ – von nun an schärfster Konkurrent von Coca-Cola.  

Von Uhu bis Ohropax– Nützliches aus Apothekerhand

Viele nützliche Dinge wurden von findigen Apothekern entwickelt. So sind Streichhölzer die Erfindung des englischen Apothekers John Walker (1781-1859). 1819 eröffnete Walker eine Apotheke in Stockton-on-Tees (North East England), in der er 1826 die ersten Streichhölzern entwickelte und  unter dem Namen „The friction match" verkaufte. Grundlage dieser Streichhölzer waren Experimente mit Mischungen aus Antimon(III)sulfid und Kaliumchlorat, die durch Reiben an einer rauen Oberfläche entzündet werden konnten. 

Im ersten Weltkrieg als Schallschutz der Soldaten benutzt, ist Ohropax inzwischen in aller Ohren. Entwickelt wurden die kleinen nützlichen Schallschutzkügelchen von Apotheker Maximilian Negwer, 1872 in Schlesien geboren. Laut Firmenangaben war die Odyssee des Odysseus der Ideengeber für die Erfindung. Der Sage nach schützte Odysseus seine Mannschaft vor den Gesängen der Sirenen durch Kügelchen aus Bienenwachs. Was damals funktioniert haben soll, kann so schlecht nicht sein, dachte sich Negwer. In seiner 1907 gegründeten Firma  „Fabrik pharmazeutischer und kosmetischer Spezialitäten Max Negwer" entwickelte er ein marktfähiges Produkt aus Wachskügelchen, das er unter dem Namen Ohropax vertrieb – der Beginn einer unternehmerischen Erfolgsgeschichte.

DAZ.online-Miniserie „Berühmte Apotheker“ (1)

Porzellan und Co. – Apotheker als Tüftler und Erfinder

DAZ.online-MiniSerie „Berühmte Apotheker“ (2)

Morphin und Co. – Apotheker als Forscher und Industrielle

DAZ.online-Miniserie Berühmte Apotheker (3)

Theodor Fontane und Co. – Apotheker in Kunst und Kultur

Der bekannte Klebstoff UHU entstammt dem Erfindungsgeist von Apotheker August Fischer (1868-1940). 1904 kaufte er in Bühl (Baden) eine kleine Chemische Fabrik, die sich auf die Herstellung von Tinten, Stempelkissen, Farben und Klebstoffen spezialisiert hatte. Fischer beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung der Klebstoffe, da die Klebkraft der damaligen Leimkleber nicht zufriedenstellend war. 1932 entwickelte er den ersten Kunstharzkleber der Welt und brachte ihn unter dem Namen „UHU Der Alleskleber“ auf den Markt. Eine sehr nützliche Erfindung, denn UHU verklebte alle damals bekannten Materialen zuverlässig – sogar erste Kunststoffe.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Böttger

von Die Redaktion am 10.04.2018 um 11:02 Uhr

Sehr geehrter Herr Redmann,

vielen Dank für Ihr aufmerksames Lesen und Ihr Interesse an unserem Artikel! Die DAZ.online-Miniserie "Berühmte Apotheker" stellt exemplarisch einige Apothekerpersönlichkeiten vor, die mit ihren Erfindungen, Forschungen, Ideenreichtum oder auch künstlerischem Schaffen zu Berühmtheit gelangt sind. DAZ.online beruft sich bei der Auswahl der Persönlichkeiten nicht allein auf Apotheker mit abgeschlossenem Universitätsstudium, sondern wie im Fall des Johann Friedrich Böttger auch auf Apotheker im erweiterten Sinne, die über eine jahrelange Ausbildung zum Apothekergesellen verfügen. Ohnehin lassen sich die damaligen Ausbildungs- und Studien-Standards nicht mit den heutigen vergleichen.

Nochmals vielen Dank für Ihre Anmwerkung.

Die DAZ.online-Redaktion

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Böttger

von Christian Redmann am 10.04.2018 um 9:20 Uhr

... war kein "Apotheker". Er war im Grunde nur hat es bis zum Gesellen gebracht und auch nur deswegen, weil sein Prinzipal ihn "vor der Zeit" losgesprochen hat... ich halte es für ein unglückliches, weil unzutreffendes Beispiel für einen berühmten "Apotheker".

Vgl. C. A. Engelhardt (1837) oder K. (Hoffmann (1981) u. a.

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