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Wie viel Mehrkosten verursacht eine Direktbestellung?

Süsel - 10.01.2018, 07:00 Uhr

Welche Mehrkosten entstehen in der Apotheke durch Direktbestellung
von Einzelpackungen? (Foto: alfexe / stock.adobe.com)                               

Welche Mehrkosten entstehen in der Apotheke durch Direktbestellung von Einzelpackungen? (Foto: alfexe / stock.adobe.com)                               


Welche Kosten fallen konkret an? 

Als Orientierung für eine Kalkulation wird die Studie „Profil und Effizienz des vollversorgenden Großhandels“ genutzt, die das Institut für Handelsforschung 2008 im Auftrag des Großhandelsverbands Phagro erstellt hat. Darin wird der Arzneimittelbezug in Apotheken in vier Schritte gegliedert. Die „Ermittlung des Bestellbedarfs“ ist hier jedoch anders zu interpretieren. Typischerweise wird eine Defektmeldung des Großhandels bearbeitet und die Möglichkeit zur Direktbestellung festgestellt. Dafür werden 2 Minuten angesetzt. Für das „Auslösen der Bestellung“ wird mit der heutigen Technik nur noch 1 Minute veranschlagt, damals wurden 2 Minuten angesetzt. „Empfang und Einlagerung der Lieferungen“ in der damaligen Studie sind auf die hier betrachtete Einzelbestellung nicht übertragbar. Für das Annehmen, Auspacken und Verarbeiten eines Paketes werden 3 Minuten kalkuliert. Ein Kommissionierautomat verspricht dabei keine Entlastung. Das „Prüfen der Lieferscheine“ und das „Prüfen/Begleichen der Rechnungen“ wurde damals mit 6 Minuten veranschlagt und wird für die hier betrachtete kleine Bestellung auf 4 Minuten reduziert. So ergeben sich insgesamt 10 Minuten Zeitaufwand für PKA bei der Bearbeitung einer Direktlieferung in der Apotheke. Bei einem Tarifgehalt von 1886 Euro für PKA (mittlere Tarifgruppe, 7. bis 9. Berufsjahr), 13 Monatsgehältern, 22 Prozent Sozialabgaben und Beiträgen sowie 1653 jährlichen Arbeitsstunden betragen die Personalkosten 30 Cent pro Minute. Für 10 Minuten sind daher Kosten von 3 Euro zu kalkulieren. Dieser Betrag gilt für die Lieferung eines Artikels. Er steigt nur geringfügig, wenn zwei oder drei Artikel geliefert werden.

Kosten können noch deutlich höher sein

Angesichts der grob geschätzten Annahmen für den Zeitbedarf sind die Kosten von 3 Euro zwar nur ein Orientierungswert, aber diese Kosten ergeben sich allein schon aus dem Ablauf der Lieferung. Darüber hinaus können weitere Nachteile entstehen. Die für den Patienten nicht nachvollziehbare zeitliche Verzögerung gegenüber der gewohnten Versorgung könnte ihn so verärgern, dass er künftig als Kunde verloren geht. Dass andere Apotheken ebenso betroffen sind, weiß der Patient bis dahin noch nicht. Außerdem kann die Nachlieferung zusätzliche Kosten für den Boten und für Terminabsprachen mit dem Patienten oder dem behandelnden Arzt verursachen. Denn nicht immer ist der Liefertermin planbar. Die kalkulierten Kosten sind daher als Minimum zu betrachten und gelten für den Fall, dass der ganze Ablauf plangemäß gelingt. Im Einzelfall können sie viel höher sein.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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Tücken bei der Direktbestellung

4 Kommentare

099996371

von Helge Killinger am 10.01.2018 um 17:48 Uhr

Retaxe kommen natürlich, aber die lege ich Einspruch ein. Der Liefervertrag für Ersatzkassen sieht die Abrechnung von Beschaffungskosten (bis 9,-€ ohne Genehmigung) von nicht im GH vorrätigen AM vor. Die Beschaffungskosten werden nicht genauer definiert. Der Primärkassenvertrag By zählt Beschaffungskosten beispielhaft auf. Bei einigen BKKen würde die Retax nach Nachweis der entstandenen Kosten (kleine Exceltabelle mit einzelnem Prozessschritt, Zeitabsatz und PKA-Stundenlohn wie im Artikel) zurückgenommen. Einzig bei der AOK By führte dies nicht zum Erfolg und liegt jetzt zur Prüfung beim LAV.
Ich kann jeden nur ermutigen, dass auch so zu handhaben.
Ceterum cenceo PharmaMall esse delendam!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kostenfaktor vergessen

von Friedemann Ahlmeyer am 10.01.2018 um 12:29 Uhr

Die Rechnung für einen Einzelartikel muss auch vom Steuerberater noch verbucht werden. Bei einem Stundensatz von 60 € und geschätzten 2 Minuten sind dies dann nochmals 2 € Kosten. Somit addieren sich die Kosten (ohne die zusätzlichen Kosten für die Abholung/Botendienst) auf 5 €.
Bei jeder erzwungenen, weil der Großhandel nicht ausreichend beliefert wird, pharma-mall Bestellung balle ich die Fäuste in der Tasche.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

099996371

von Helge Killinger am 10.01.2018 um 11:19 Uhr

Bei uns werden direkt bestellte Kontingentarzneimittel auf der Packung gekennzeichnet und mit obiger PZN und 3,-€ gegenüber dem Kostenträger abgerechnet. Liefervertraglich zumindest bei den Ersatzkassen gedeckt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: 099996371

von A.Dömling am 10.01.2018 um 14:16 Uhr

Meinen sie Artikel die über Pharmamall bestellt wurden? Wie sieht es mit Retaxen für diese Liefergebühren aus?
Danke

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