Informationskampagne

BfArM fordert mehr Studien zu Kinderarzneimitteln

Berlin - 05.12.2017, 12:00 Uhr


Studienergebnisse nicht einfach übertragbar

Aufgrund der hohen ethischen Voraussetzungen und strengen gesetzlichen Auflagen werden immer noch zu selten Arzneimittelstudien mit Kindern durchgeführt. Dementsprechend hoch ist der Mangel an zugelassenen Kinderarzneimitteln. In der Folge müssen Ärzte häufig auf nur an Erwachsenen getestete Medikamente zurückgreifen und diese außerhalb ihrer Zulassung (Off-Label-Use) anwenden. Dieses Vorgehen birgt einige Risiken. Der Kinderorganismus, der sich noch im Wachstum befindet oder hormonelle Änderungen der Pubertät erfährt, kann nicht mit dem Organismus eines Erwachsenen gleichgesetzt werden. Dementsprechend können die Studienergebnisse von Erwachsenen auch nicht einfach auf Kinder übertragen werden.

Ferner ist die Dosierung der Arzneimittel ein großes Problem. Eine einfache Umrechnung anhand von Gewichtsangaben ist nicht ungefährlich, aber meist der einzige Weg, da für viele Arzneistoffe keine offiziellen Dosierungsempfehlungen für Kinder vorliegen. Ein weiteres Problem ist, dass es an kindgerechten Darreichungsformen mangelt, die bei der Behandlung im pädiatrischen Bereich eine viel größere Rolle spielen als bei der Anwendung bei Erwachsenen. Auch lassen sich Tabletten nicht immer einfach teilen und so für Kinder sicher dosieren. Zudem kann die Galenik der Zubereitung auf diese Weise zerstört werden – ein weiteres Problem in der Anwendung von eigentlich nur für Erwachsene entwickelten Medikamenten.

EU-Kinderverordnung regelt klinische Studien

Die Sicherheit der Arzneimittelanwendung für Kinder und Jugendliche zu verbessern, ist auch erklärtes Ziel der für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Verordnung über Kinderarzneimittel (EU-Kinderverordnung). Hintergrund dieser seit 2007 existierenden Verordnung ist die Problematik, dass mehr als die Hälfte der Kinder mit Arzneimitteln behandelt werden müssen, die nur für Erwachsene zugelassen sind. Die Entwicklung von Kinderarzneimitteln soll aus diesem Grund gefördert werden. Pharmazeutische Unternehmer müssen nun ihren Zulassungsunterlagen ein pädiatrisches Prüfkonzept (paediatric investigation plan, PIP) hinzufügen.

Zulassungsunterlagen werden nur noch als vollständig angesehen, wenn sie entweder das pädiatrische Prüfkonzept enthalten oder eine auf genauen gesetzlichen Vorgaben basierende Rückstellung oder Freistellung vom PIP vorliegt. Ausgenommen von diesen Regelungen sind Generika, Arzneimittel mit mindestens zehnjähriger allgemeiner medizinischer Verwendung in der EU, Homöopathika, traditionelle pflanzliche Arzneimittel und vergleichbare biologische Arzneimittel. Das pädiatrische Prüfkonzept wird europaweit vom Pädiatrieausschuss (PDCP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) überprüft und genehmigt. Das BfArM ist mit der eigens eingerichteten Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (KAKJ) an den nationalen Zulassungsentscheidungen beteiligt.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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