„Miracle Mineral Supplement“

Drei Jahre Haft für Verkäufer des „Wundermittels“ MMS

Hildesheim - 01.11.2017, 09:00 Uhr

Vor dem Landgericht Hildesheim mussten sich zwei Brüder wegen möglicher Arzneimitteldelikte verantworteten. (Foto: dpa)

Vor dem Landgericht Hildesheim mussten sich zwei Brüder wegen möglicher Arzneimitteldelikte verantworteten. (Foto: dpa)


Wegen des Verkaufs von so genanntem „Miracle Mineral Supplement“ standen zwei Brüder vor dem Landgericht Hildesheim, da es sich hierbei um  gefährliche Bleichmittel handelt, die als Wundermittel, zum Beispiel gegen Krebs, angepriesen werden. Einer der beiden wurde freigesprochen, während sein Bruder wegen Arzneimitteldelikten und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde.

Zwei 43- und 35-jährige Brüder waren von der Staatsanwaltschaft Hildesheim angeklagt, da sie im Internet die als Wundermittel präsentierten Präparate „MMS" und „MMS 2“ vertrieben haben. Dabei handelt es sich bei den „Miracle Mineral Supplement“ getauften Mitteln um Natriumchloritlösung sowie Calciumhypochlorit – letzteres wurde in Kapselform angeboten. Beide Stoffe werden üblicherweise als Bleichmittel und zur Trinkwasser-Aufbereitung eingesetzt, doch gibt es weltweit Scharlatane, die das giftige Mittel zur Behandlung von Krankheiten empfehlen.

Laut Landgericht Hildesheim sollen die Brüder auf ihrer Online-Verkaufsplattform zwar auch den Hinweis gegeben haben, dass MMS zur Behandlung von Trinkwasser und nicht zur Behandlung von Krankheiten genutzt werden dürfe. „Diesem Hinweis sollen aber umgehend Hinweise zur Dosierung, Einnahmehäufigkeit, Mischungsverhältnissen“ und weiteren Empfehlungen gefolgt sein, erklärt das Gericht. Zudem hätten sich dort Links zur angeblich wirksamen Behandlung von verschiedenen Krankheiten mit MMS befunden: darunter Diabetes, Asthma, AIDS, Herpes und Tuberkulose.

Die Brüder haben über ihren Webshop laut Anklage zwischen Dezember 2008 und Juli 2014 Erlöse von insgesamt rund 350.000 Euro erzielt. Die Staatsanwaltschaft Hannover warf ihnen vor, bedenkliche Arzneimittel in Umlauf gebracht und somit gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) verstoßen zu haben, wobei sie „die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet und aus grobem Eigennutz für sich einen Vermögensvorteil großen Ausmaßes erlangt haben“ sollen, wie das Gericht erklärt. Hierfür sieht § 95 AMG Freiheitsstrafen zwischen einem und 10 Jahren vor.

Das BfArM stufte MMS erst 2015 als bedenkliches Arzneimittel ein

Das Landgericht plante acht Verhandlungstage für den Fall ein. Als Zeuge sagte laut „Peiner Nachrichten“ unter anderem ein Vertreter eines Karlsruher Labor- und Chemikalienhändlers aus, der die Firma der Brüder mit den Stoffen beliefert hatte. Dabei habe der jüngere Bruder dem Unternehmen bestätigt, die Substanzen entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen nur zur Desinfektion, Forschung und als Reinigungsmittel zu verwenden. 2011 hat die Firma nach eigenen Angaben die Lieferungen eingestellt, nachdem ein weiteres Unternehmen die Chemikalien zur Herstellung von MMS einkaufen wollte.  

Laut der Zeitung argumentierte der Anwalt der Brüder, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Präparate MMS und MMS2 erst im Februar 2015 als bedenklich eingestuft hatte. Da der fragliche Tatzeitraum im Jahr 2014 endete, hätten seine Mandanten keine Straftaten begangen.

Der Pharmakologe und Toxikologe Söhnke Behrends von der TU Braunschweig wurde laut der Zeitung als Gutachter gehört. Er wies auf die erheblichen Gefahren hin, die von den Stoffen ausgehen – hierzu gehören Durchfall, Erbrechen, Verätzungen oder Magenperforation. Dabei stufte er MMS2 als noch gefährlicher ein als MMS. „Eine häufige Reaktion bei der Einnahme von MMS2 ist eine Verätzung der Speiseröhre, da durch die Magensäure Chlorgas freigesetzt wird“, erklärte der Pharmakologe laut „Peiner Nachrichten“. Er machte auch auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufmerksam, die zu schweren Gesundheitsschäden führen könnten. „Wer eine Niere transplantiert bekommen hat, darf kein MMS einnehmen“, sagte Behrends weiterhin. „Es könnte zur Abstoßung des Transplantats kommen.“

Chemikalien „zusammengerührt und in schöner Verpackung verkauft“

Am vergangenen Freitag endete das Verfahren nach nur vier Verhandlungstagen. Der Verteidiger versuchte, das Gutachten anzuzweifeln. „Eine notwendige Konzentrationsbestimmung des Stoffes lag nicht vor“, erklärte er laut „Peiner Nachrichten“. „Als fundierte Grundlage halte ich das für ausgesprochen dünn.“ Doch dies ließ das Gericht nicht gelten. „Die Kammer hat keinerlei Zweifel an der Gesundheitsschädlichkeit der Mittel“, erklärte der Vorsitzende Richter Volker Martin laut der Zeitung. Der 35-Jährige habe die Chemikalien „zusammengerührt und in einer schöneren Verpackung weiterverkauft“, betonte er.

Eine offene Frage bei dem Verfahren war, inwiefern die Angeklagten von den Gesundheitsgefahren hätten ausgehen müssen, solange das BfArM die Präparate nicht als bedenklich eingestuft hat. Die Richter sprachen den älteren Bruder, der nur wegen Beihilfe angeklagt wurde, frei – doch verurteilten sie den jüngeren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. „Derjenige, der ein Mittel in den Verkehr bringt und bewirbt, dass es zur Heilung von Krankheiten tauglich ist, muss selber prüfen, ob es gefährlich ist“, erklärte der Gerichtssprecher gegenüber DAZ.online.

Nach Ansicht des Gerichts hat sich der 35-Jährige strafbar gemacht, da sich auf dem Beipackzettel Anwendungstipps und der Wunsch „Gute Genesung“ befanden, wie die „Peiner Nachrichten“ schreiben. Das Gericht ging dabei nicht von Vorsatz, sondern nur von Fahrlässigkeit aus – nahm aber an, dass der Beschuldigte sich der Gesundheitsgefahr bewusst war. Die Richter berücksichtigten auch, dass die Angeklagten dem Chemikalienlieferanten bewusst einen falschen Verwendungszweck angaben und zu einem anderen Händler wechselten, nachdem der erste die Lieferungen eingestellt hatte. „Das haben sie gemacht, um relativ bedenkenlos Gewinne zu erzielen“, erklärte der Richter laut „Peiner Nachrichten“.

Bei der Bemessung der Strafte berücksichtigte das Gericht, dass der 35-Jährige Ende vergangenen Jahres wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstoßes gegen das Markengesetz bereits zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt worden war. Gleichzeitig floss in die Strafe auch ein, dass der 35-Jährige Steuerhinterziehung in Höhe von 100.000 Euro begangen haben soll, indem er Umsatzsteuer nicht ans Finanzamt abgeführt hat. Die Richter ließen eine Revision zu (Az.: 22 KLs 5544 Js 49003/07).

Update: Der Gerichtssprecher korrigierte die Angaben zur anklagenden Staatsanwaltschaft nachträglich. Dies wurde entsprechend geändert.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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11 Kommentare

Endlich zeigt unsere Justiz mal die Zähne

von Gerhard Jonschker am 08.11.2017 um 12:34 Uhr

Es ist kaum zu glauben, dass es endlich mal zu einer längst überfälligen Gefängnisstrafe für die MMS Scharlatane gekommen ist.
Da mag die bis ins groteske verblendete MMS Community noch so aufheulen, aber es steht einfach schon lange fest dass MMS gar nichts heilt und nur schädlich für die Gesundheit ist.
Dass hier die Betrogenen die Betrüger verteidigen mag ein Fall für Psychologie-Studien, aber keineswegs ein "Beweis" irgendeiner Wirksamkeit sein.

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Ein Fehlurteil

von Jörn Peters am 06.11.2017 um 18:37 Uhr

Man sollte lieber die Impfstoffhersteller ins Gefängnis bringen, die mit ihren Impfstoffen die Menschen mit einem Gift kontaminieren
Dagegen hat dieses MMS bei der sachgemäßen Anwendung überhaupt keine negativen Eigenschaften.

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Die Akte MMS

von Michael Eric am 04.11.2017 um 20:34 Uhr

Geben Sie bitte die Akte MMS in eine Suchmaschine ihrer Wahl ein und Sie werden einen differenzierten Artikel über MMS vorfinden.

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AW: Die Akte MMS

von Gerhard Jonschker am 08.11.2017 um 15:47 Uhr

Ich muss hier entschieden widersprechen. Das ist kein differenzierter Artikel, sondern vor die Unwahrheiten strotzende Werbeschrift eines der Hauptprofiteure vom MMS Wahn.

Die krassen chemisch-medizinischen Fehler und Lügen in dieser MMS Werbung wären für Fachleute ja eigentlich zum Lachen, wenn es nicht Menschen gäbe die das tatsächlich glauben. Ich rate dringend dazu, sich aus seriösen Quellen zu informieren und nicht solche Werbung für bare Münze zu nehmen.

Chlordioxid ist eine gesundheitsschädliche Chemikalie, keinesfalls ein Arzneimittel

von Monika Kreusel am 04.11.2017 um 19:45 Uhr

Chlordioxid, nichts anderes ist MMS gemischt mit Säure, hat ganz bestimmt durch Einnahme *keinerlei heilende* Wirkung. Stattdessen führt es aber zu gesundheitlichen Schädigungen.

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Absolut richtig...

von Ramona am 04.11.2017 um 14:17 Uhr

...dass alles Gift ist und nur die Menge macht, dass ein Ding kein Gift ist. Wusste man schon im alten Griechenland. Man kann auch in gewissen Mengen Botulinustoxin (übrigens das stärkste Gift der Welt) zu sich nehmen und es passiert nichts - allerdings würde ich das auch nicht unbedingt empfehlen.
Man kann auch von Wasser, wenn man zu viel in zu kurzer Zeit trinkt, sterben - allerdings handelt es sich bei einem Normalgewichtigen Erwachsenen um ca. 12-14l, wenn ich mich richtig erinnere. Bei Chlordioxid hingegen liegt der orale LD50 (wenn Sie sich mit dem Thema auseinandergestzt haben, gehe ich mal davon aus, dass Ihnen dieser Begriff bekannt sein sollte) bei ca. 6-7g für den gleichen Menschen. Und das nur bei einmaliger Einnahme...

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Ahnungslos...

von Michael am 03.11.2017 um 19:59 Uhr

Genau, weils Sie sich eben nicht mit Chemie beschäftigt haben, sind sie so ein Troll, der lieber giftige Arzneimittel ungeprüft in sich hineinkippt!
Mit dem "Toilettenreiniger" werden übrigens ihre Hühnchenstücke aus dem Supermarkt desinfiziert!
Aber bleiben Sie mal weiter krank. Ich erfreue mich weiterhin bester Gesundheit!:-)

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AW: Traurig...

von Ramona am 04.11.2017 um 14:21 Uhr

...wie viele Leute von sich behaupten von Chemie Ahnung zu haben. Jeder Chemiker, den ich kenne (und ich habe in diesem Bereich ein abgeschlossenes Studium und kenne recht viele ausgebildete Chemiker) raufen sich die Haare bei dem Mist, der in manchen Kreisen über dieses angebliche "Wundermittel" verlautet wird.

Chlorioxid ist sagenhaft - Fordere Freispruch!

von Michel am 03.11.2017 um 16:27 Uhr

Alles ist giftig, es kommt auf die Dosierung an!!!
Das gilt auch hier. Das MMS ist sowas von wirksam, dass es alle andere Antibitoka in den Schatten stellt und um Längen besiegt! Ich habe mich damit selbst schon behandelt. Erkältungen sind innerhalb von 2 Tagen gegessen! Jeder, der sagt, das wäre ungesund und würde schaden, der soll weiter sein Fastfood fressen und Cola saufen, bis ihm das Gehirn auseinanderfällt!
Aber MMS schmeckt natürlich den geldverdienenden Pharmas nicht, weil man auch alle profitablen Impfungen nicht mehr verkaufen könnte, da fast alle Infektionskrankheiten mit MMS behandelbar wären... Sowas aber auch. Lesen Sie mal die Erfahrungen von Anwendern und sie werden ins Staunen kommen!!!

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AW: Chlorioxid ist sagenhaft - Fordere

von Heidi Nicolai am 03.11.2017 um 19:08 Uhr

Genau so ist es, auch ich habe damit schon viele Erkrankungen erfolgreich bekämpft.

Man darf halt dieser Pharmamafia nicht in die Quere kommen. Zeigt sich immer wieder.

AW: Chlorioxid ist sagenhaft - Fordere

von FMH am 03.11.2017 um 19:31 Uhr

Sie sollten sich wirklich einmal ein wenig mit grundlegender Chieme beschäftigen, damit Ihnen da klar wird, was sie da in sich hineinschütten. Laienhaft gesagt: Toilettenreiniger. Nichts anderes. Wohl bekomms!

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