Beratungs-Quickie

Diclofenac unter Dauertherapie mit einem ACE-Hemmer

München/Stuttgart - 27.07.2017, 11:30 Uhr

(Foto: Schelbert / DAZ)

(Foto: Schelbert / DAZ)


Welche Punkte sind bei der Beratung in der Apotheke wichtig? Was für Zusatzinformationen können Sie zu den verordneten Arzneimitteln geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über Diclofenac und den ACE-Hemmer Lisinopril für einen älteren Mann, der das Schmerzmedikament gegen akute Schmerzen verordnet bekommt.

Formalien-Check

Der Stammkunde Herr H. kommt am Tag der Rezeptausstellung in die Apotheke. Den ACE-Hemmer nimmt er schon längere Zeit ein. Das Schmerzmittel bekommt er wegen Schmerzen in der Schulter. Er ist am Wochenende von seinem E-Bike gestürzt.Verordnet sind zwanzig Tabletten Diclo dispers® (N1) sowie einhundert Tabletten Lisihexal® 20 mg (N3).

Das Kassenrezept ist vollständig und eindeutig. Der Arzt hat den Aut-idem-Austausch nicht ausgeschlossen, Rabattverträge sind daher zu beachten. Bei Austausch von Position eins ist auf eine schnelllösliche Arzneiform zu achten. Weisen alle rabattierten Arzneimittel ein verzögertes Freisetzungsverhalten auf, kann die Apotheke auf Grundlage des Rahmenvertrags § 4 (3) in Verbindung mit § 17 (5) ApBetrO die Substitution verhindern. Im vorliegenden Fall sind aufgrund einer „kritischen Darreichungsform“ Pharmazeutische Bedenken geltend zu machen. Um Retaxationen zu vermeiden, ist eine Dokumentation auf dem Rezept erforderlich: Auch wenn eines von beiden reicht, empfiehlt es sich zur Sicherheit, neben dem Aufdrucken der Sonder-PZN 02567024 inkl. Faktor 6 den individuellen Grund zu vermerken und mit Handzeichen und Datum zu versehen.

Der Kunde ist gebührenpflichtig.

Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.

Beratungs-Basics 

Der Stammkunde hat eine Kundenkarte. Es ist zu ersehen, dass es sich bei dem Schmerzmittel um eine Erstverordnung handelt. Der ACE-Hemmer ist eine Dauertherapie, die der Kunde seit Längerem gegen Bluthochdruck erhält.

Das Schmerzmittel enthält 50 mg Diclofenac pro Tablette. Diclofenac wirkt analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch. Das Arzneimittel mit schnellwirksamer Darreichungsform kommt hier kurzfristig gegen einen akuten Schmerz- und Entzündungszustand nach einer Verletzung zum Einsatz. Bei Bedarf ist eine Tablette in einem Glas Wasser aufzulösen und zu trinken. Gegebenenfalls im Glas verbliebene Reste können erneut mit etwas Wasser eingenommen werden. Die Einnahme erfolgt am Besten zu oder nach einer Mahlzeit, um das Risiko für eine direkte Reizung der Magenschleimhaut zu verringern. Das gilt insbesondere für Kunden mit empfindlichem Magen, da schnellfreisetzende Darreichungsformen von Diclofenac eine erhöhte Magenunverträglichkeit aufweisen können. Der Kunde darf eine Tagesgesamtdosis von drei Tabletten (150 mg Diclofenac) nicht überschreiten.

Der ACE-Hemmer Lisinopril wird u.a. zur Blutdrucksenkung bei Hypertonie und Behandlung der symptomatischen Herzinsuffizienz eingesetzt. Bei einer längeren Behandlung mit Diclofenac kann es zur Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung von Antihypertensiva  (v.a. von ACE-Hemmern und AT-II-Antagonisten) kommen. Bei einer Anwendungsdauer von weniger als zwei Wochen ist nicht mit einem blutdruckerhöhenden Effekt zur rechnen und keine Intervention nötig. 

Auch noch wichtig

Ältere Patienten sind besonders sorgfältig hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen zu überwachen. Neben gastrointestinalen Beschwerden stellen arterielle thrombotische Ereignisse unerwünschte NSAR-Wirkungen dar. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis und Anwendungsdauer an. Beide können sich ohne vorausgehende Warnsignale entwickeln und haben ein hohes Komplikationspotenzial, wie gastrointestinale Blutung oder Perforation sowie Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Bei einer Anwendung in höherer Dosierung können zudem zentralnervöse Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schwindel auftreten. Dadurch kann die Fahrtauglichkeit beeinträchtigt sein.

Wechselwirkungen mit verordneten Arzneimitteln und mit der Selbstmedikation sind zu beachten.

Während der Einnahme des Schmerzmittels Diclofenac gilt es, andere magenschleimhautreizende Wirkstoffe wie ätherische Öle zu vermeiden.

Bei regelmäßiger, höher dosierter Einnahme von NSAR (auch in der Selbstmedikation) kommt es zu einer Wirkungsabschwächung von Antihypertonika. In der Selbstmedikation ist Paracetamol als Schmerzmittel vorzuziehen.

Kaliumpräparate sind wegen der Gefahr einer Hyperkaliämie unter ACE-Hemmern in der Selbstmedikation kontraindiziert.

Wegen möglichem Einfluss auf den Blutdruck ist bei der Empfehlung von Schnupfenmitteln auf Sympathomimetika (z.B. Pseudoephedrin) zu verzichten.

Äußert der Kunde in der Selbstmedikation den Wunsch nach einem Medikament zur Behandlung von Magenschmerzen, ist an eine Nebenwirkung von Diclofenac zu denken. Bei starken Schmerzen im Oberbauch und/oder Schwarzfärbung des Stuhls muss er unverzüglich einen Arzt aufsuchen.

Hat der Kunde chronischen Husten, ist vor einer Behandlung mit Hustenmitteln an die Nebenwirkung des ACE-Hemmers zu denken. Eine ärztliche Rücksprache und eine Therapieänderung durch den Arzt (z.B. Umstellung auf ein Sartan) sind erforderlich.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

  • Der Kunde ist an die regelmäßige Kontrolle seines Blutdrucks in der Apotheke oder mit einem eigenen Blutdruckmessgerät zu erinnern.
  • Den Konsum alkoholhaltiger Getränke sollte er stark einschränken. Besser noch, der Kunde verzichtet ganz auf Alkohol, denn Alkohol bewirkt eine direkte Erhöhung des Blutdrucks. Außerdem können durch den gleichzeitigen Genuss von Alkohol Diclofenac-bedingte Nebenwirkungen, insbesondere solche, die den GIT oder das ZNS betreffen, verstärkt auftreten.


Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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