Patientenfreundlichkeit

Ein Drittel Europas hat das e-Rezept

Berlin - 31.01.2017, 14:40 Uhr

Viele e-Rezepte in Europa: In etwa einem Drittel von 36 europäischen Ländern verordnen Mediziner laut EHCI bereits elektronisch. (Foto: dpa)

Viele e-Rezepte in Europa: In etwa einem Drittel von 36 europäischen Ländern verordnen Mediziner laut EHCI bereits elektronisch. (Foto: dpa)


In einem Drittel von 36 europäischen Ländern verordnen Ärzte bereits elektronisch. Das geht aus einem neuen Patientenfreundlichkeits-Index hervor, in dem Jahr für Jahr Europas Gesundheitssysteme miteinander verglichen werden. Deutschland landet in dem Patientenfreundlichkeits-Ranking auf Platz 7.

Den Euro Health Consumer Index (EHCI) gibt es seit 2005. Er wird im Auftrag der schwedischen Denkfabrik „Health Consumer Powerhouse“ erstellt. Im Fokus der Analyse aus den 36 europäischen Ländern stehen Patientenfreundlichkeit und -rechte, der Stand der Digitalisierung in den einzelnen Systemen, Wartezeiten oder die Behandlungsqualität, etc. In den ersten beiden Jahren kam Deutschland jeweils auf den dritten Platz. 2009 war man aber schon auf Platz neun abgerutscht. 2012 dann der Tiefpunkt: Weil viele Patientenorganisationen sich über das deutsche Gesundheitssystem beschwert hatten, gab es für die Bundesrepublik nur noch den zwölften Platz.

Für ihre Analyse befragen die Schweden nicht nur Patientenorganisationen, sondern schicken auch umfangreiche Fragenkataloge an die Gesundheitsministerien der einzelnen EU-Länder. Für die Analyse 2016 lautete eine dieser Fragen: „Können die Patienten in ihrem Land Arzneimittel aus einer Apotheke beziehen, wobei das Rezept elektronisch an den Apotheker gesendet wird?“ Die Ministerien hatten drei Antwortmöglichkeiten: „Ja, diese Möglichkeit gibt es flächendeckend“, „Diese Möglichkeit gibt es in einem beschränkten Rahmen, beispielsweise in Modellversuchen“ oder „Nein. Zumindest ist es extrem selten“.

Zwölf Länder gaben an, dass das e-Rezept bereits gelebter Standard ist: Kroatien, Dänemark, Estland, Island, Schweden, Finnland, Norwegen, Schweiz, Niederlande, das Vereinigte Königreich, Spanien und Mazedonien. Weitere vier Länder gaben an, dass das e-Rezept bereits in begrenztem Rahmen praktiziert werde, darunter auch Deutschland. Womöglich bezog sich die Angabe der Bundesrepublik darauf, dass ärztliche Verordnungen innerhalb von Krankenhäusern elektronisch verarbeitet werden. Im ambulanten Bereich gibt es hierzulande bekannterweise keinerlei elektronische Verordnungsmöglichkeiten. Fraglich ist auch, warum Italien angegeben hat, nicht zu den bereits digitalisierten Ländern zu gehören. Mehr als 90 Prozent der italienischen Verordnungen werden bereits elektronisch an die Apotheke gesendet.

Vergleiche zu Antibiotika-Konsum und Arzneimittelausgaben

Interessant ist auch der Europa-Vergleich, was den Antibiotika-Konsum betrifft. Im Durchschnitt verordnen Mediziner in Europa etwa 22 definierte Tagesdosen Antibiotika pro 1000 Einwohner am Tag. Den größten Anteil daran haben Penicilline, es folgen Tetrazykline sowie Makrolidantibiotika, Lincosamide und Streptogramine. Europäischer Spitzenreiter bei den Antibiotika-Verordnungen ist Griechenland. Dort werden fast 35 definierte Tagesdosen pro Tag verordnet. Die Niederlande führen das Ranking mit etwa 16 definierten Tagesdosen an. Interessant ist auch der Penicillin-Anteil in den einzelnen Ländern. In Dänemark sind beispielsweise zwei Drittel aller Verordnungen Penicilline. Deutschland liegt mit etwa 15 definierten Tagesdosen im oberen Mittelfeld, der Penicillin-Anteil an den Antibiotika-Rezepten ist aber einer der geringsten in Europa.

Eine Unterkategorie der Analyse betrifft auch die Pharmamärkte in den europäischen Staaten. Die Arzneimittel-Ausgaben pro Kopf stammen allerdings aus dem Jahr 2014. Hier lag Deutschland auf Rang 10. Die höchsten Arzneimittel-Ausgaben gibt es mit Abstand in der Schweiz, am wenigsten geben die Serben für Medikamente aus. Neben den Ausgaben haben die Wissenschaftler in der Pharma-Kategorie unter anderem auch gemessen, wie schnell neue Medikamente auf den Markt kommen, wie hoch die Verordnungszahlen von Statinen sind und wie hoch der Rx-Anteil ist. Mit Frankreich, Irland, den Niederlanden und der Schweiz schloss Deutschland im Pharma-Bereich am besten ab.

Was das gesamte Abschneiden Deutschlands in dem Patientenfreundlichkeits-Index betrifft, so kritisieren die Autoren insbesondere die Krankenhauslandschaft in Deutschland. Grundsätzlich habe Deutschland eines der Gesundheitssysteme, die sich am meisten am Konsumenten orientieren, weil den Patienten größtenteils offengelassen werde, welche Leistung sie wann und wo wahrnehmen können. Das sei aber auch gleichzeitig die Schwäche des deutschen Systems. Viele kleine Krankenhäuser, die sich auf keine Leistung spezialisiert haben, bekämen in den Bewertungen der Behandlungsqualität nur unterdurchschnittliche Bewertungen, was die Gesamtbewertung des Landes herabsenke, heißt es in der Analyse.

Die höchste Punktzahl sammelten die Niederlande, dicht gefolgt von der Schweiz.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.