BMG prüft Preismoratorium

Hersteller stemmen sich gegen längeren Preisstopp

Berlin - 27.01.2017, 16:20 Uhr

Das Preismoratorium soll die Arzneimittelkosten im Griff behalten. (Foto: Avarand / Fotolia)

Das Preismoratorium soll die Arzneimittelkosten im Griff behalten. (Foto: Avarand / Fotolia)


In regelmäßigen Abständen prüft das Bundesgesundheitsministerium, ob das Preismoratorium für Arzneimittel noch erforderlich ist. Bislang kam es jedes Mal zu dem Ergebnis, dass dies der Fall sei. Nun steht die Entscheidung abermals an. Die Hersteller fordern, dem Sparinstrument endlich ein Ende zu bereiten.

Der Preisstand vom 1. August 2009 ist seit dem 1. August 2010 das Maß aller Dinge für Arzneimittel ohne Festbetrag, die damals schon auf dem Markt waren. Ein Hersteller, der mehr verlangt als zu diesem Stichtag vor siebeneinhalb Jahren, muss diese Preiserhöhung direkt wieder an die Krankenkassen abführen – de facto sind die Preise also eingefroren.Das gilt übrigens auch für an Privatversicherte abgegebene Arzneimittel.

Das ist in Europa kein gänzlich ungewöhnliches Vorgehen, immerhin befasst sich die europäische Transparenzrichtlinie 89/105/EWG ausdrücklich mit diesem Fall. Sie sieht in ihrem Artikel 4 vor: Wird in einem Mitgliedstaat ein Preisstopp für Arzneimittel verfügt, so überprüft dieser Mitgliedstaat mindestens einmal jährlich, ob nach der gesamtwirtschaftlichen Lage die Beibehaltung des Preisstopps ohne Änderungen gerechtfertigt ist. Das Sozialgesetzbuch V greift diese europäische Vorgabe für das in Deutschland seit dem Sommer 2010 geltende Preismoratorium auf (§ 130a Abs. 4 SGB V).

Ministerium hakt nach

Und nun ist es wieder so weit: Mitte Dezember 2016 hat das Bundesgesundheitsministerium die vorgeschriebene Prüfung erneut in die Wege geleitet: Es gab unter anderem den Herstellerverbänden und dem GKV-Spitzenverband die Möglichkeit zur Stellungnahme. Sie sollten sich dazu äußern, ob und inwieweit eine Absenkung der gesetzlichen Herstellerabschläge in Bezug auf das Preismoratorium bereits vor Ablauf des (derzeit noch) vorgesehenen Geltungszeitraums bis zum 31. Dezember 2017 angezeigt sein könnte beziehungsweise, ob die Beibehaltung weiterhin gerechtfertigt sei.

Das ist Routine. Seit Jahren führt das Ministerium sie durch, stets halten Herstellerverbände dagegen – und die Kassen wollen den Preisstopp beibehalten. Am Ende sagt das BMG: Alles bleibt beim Alten, es gibt keinen Grund einzuschreiten. Wenn es so schlimm für die Hersteller wäre, würden mehr Hersteller die gesetzlich vorgesehene Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen. Und so verlängert der Gesetzgeber regelmäßig das Moratorium. Auch derzeit hat er dies wieder vor. Im Entwurf für das Arzneimittelmarktversorgungsstärkungsgesetz ist  eine Verlängerung bis 2022 geplant. Diesmal soll es sogar erstmals einen Inflationsausgleich dabei geben.

BPI und BAH: Preismoratorium abschaffen!

Am heutigen Freitag ist die vom Ministerium gesetzte Stellungnahmefrist abgelaufen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat eine klare Position: Da es keine Finanzkrise in der GKV gebe, die gesamtwirtschaftliche Lage grundsätzlich solide und absehbar keine Zuspitzung der Finanzlage erkennbar sei, sei die einzig richtige Schlussfolgerung die umgehende Abschaffung des Preismoratoriums. „Auch das BMG selbst, der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt sowie das Bundesfinanzministerium betonen die solide Finanzlage der GKV und der Gesamtwirtschaft“, sagte Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer. Daher sei auch nicht gerechtfertigt, die pharmazeutische Industriemit all ihren spill-over Effekten einseitig weiter zu belasten. Gerbsch erklärte: „Das Festhalten an inzwischen faktisch nahezu unbefristeten Abschlägen gibt es in keinem anderen Wirtschaftsbereich in der Bundesrepublik. Zudem ist es verfassungsrechtlich bedenklich.“

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) Hermann Kortland hat ebenfalls keinerlei Verständnis für den anhaltenden Preisstopp – und warnt sogar vor einer Verschlechterung der Patientenversorgung. Wenn Mitgliedsunternehmen trotz steigender Kosten, etwa für Strom, Lohnerhöhungen oder infolge der EU-Fälschungsschutz-Richtlinie, ihre Preise nicht erhöhten dürften und die Kostensteigerungen nicht anderweitig auffangen könnten, bliebe ihnen oftmals nur die Rücknahme ihrer Produkte aus dem Markt. Kortland ist mit Gerbsch einer Meinung: „Angesichts der hervorragenden finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung gehört das Preismoratorium besser heute als morgen abgeschafft. Eine – wie im Entwurf für ein Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz vorgesehene - Verlängerung um weitere fünf Jahre bis Ende 2022 ist rundherum abzulehnen.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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