GKV-Finanzen

Pharmaverbände: Zwangsmaßnahmen aufheben!

Berlin - 05.09.2012, 14:02 Uhr


Als das Gesundheitsministerium heute die GKV-Finanzergebnisse für das erste Halbjahr 2012 veröffentlichte, machte es sogleich deutlich, weder am Zwangsrabatt noch am Preismoratorium für Arzneimittel rütteln zu wollen. Den Pharmaverbänden fehlt dafür jedes Verständnis. Aus ihrer Sicht zeigen die aktuellen Zahlen, dass es für die Zwangsmaßnahmen keinen Grund mehr gibt.

Insgesamt 21,8 Milliarden Euro an Reserven horten die gesetzlichen Kassen (12,8 Mrd. Euro) und der Gesundheitsfonds (9 Mrd. Euro). Der Anstieg der Arzneimittelausgaben liegt auf einer Höhe mit dem durchschnittlichen Ausgabenanstieg über alle Leistungsbereiche hinweg, nämlich bei +3,1 Prozent.

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa) ist überzeugt, dass ihre Branche mit den für drei Jahre eingefrorenen Preisen und dem erhöhten gesetzlichen Zwangsrabatt „einen wichtigen Anteil an der guten Finanzlage der Kassen“ hat. Als die Maßnahmen von der Politik eingeführt wurden, habe man den Unternehmen erklärt, man brauche das Geld, um die Finanzlage der Krankenkassen zu stabilisieren, erinnert Fischer. Angesichts der nun veröffentlichen Zahlen erkenne jeder: „Der fortdauernde Zwangsrabatt ist mittlerweile ohne sachliche Grundlage!“

Ebenso sieht man es beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Für „haltlos“ hält man dort, dass das BMG erklärt, ohne die Zwangsmaßnahmen wäre die Zuwachsrate bei Arzneimitteln zweistellig ausgefallen. BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp verweist vielmehr darauf, dass immer mehr Menschen Arzneimittel brauchen, der Verbrauch also steige. Zugleich gebe es bessere Arzneimittel, die beispielsweise Krankenhauseinweisungen verhinderten. Zudem betonte er, dass die Ausgaben in 2010 durch extreme Eingriffe sehr gering waren. „Ein Zuwachs darauf wäre also nur absolut nachvollziehbar und für den Fortbestand gerade der standortgebundenen Industrie auch dringend notwendig“, so Fahrenkamp.

Auch aus BPI-Sicht gehören erhöhter Zwangsrabatt und Preisstopp vorzeitig ausgesetzt. Das Gesetz schreibe aus gutem Grund eine Überprüfung der Zwangsmaßnahmen gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Lage vor. „Wie kann ihre unveränderte Beibehaltung ohne Krise gerechtfertigt sein, wenn Kassen und Gesundheitsfonds über 20 Milliarden Euro horten und sich schwertun, das Geld von Versicherten und Industrie sicher und ohne Inflationsverlust anzulegen?“, fragt Fahrenkamp. Er fordert vom Bundesgesundheitsminister, seine Berechnungsgrundlagen, die ihn an den Zwangsmaßnahmen festhalten lassen, offenzulegen.


Kirsten Sucker-Sket