Trinity Drug Index

Das Geheimnis erfolgreicher Arzneimittel

London - 30.11.2016, 10:31 Uhr

Das Hepatitis-C-Mittel Sovaldi liegt in der Gesamtwertung an
der Spitze, gefolgt von dem Krebsmittel Imbruvica
und dem Multiple-Sklerose-Präparat Tecfidera.

Das Hepatitis-C-Mittel Sovaldi liegt in der Gesamtwertung an der Spitze, gefolgt von dem Krebsmittel Imbruvica und dem Multiple-Sklerose-Präparat Tecfidera.


Nicht jedes neu zugelassene Arzneimittel kann auf dem Markt punkten. Das US-Beratungsunternehmen Trinity hat nun untersucht, was erfolgreiche Arzneimittel ausmacht. Dabei wurden Präparate untersucht, die 2013 zugelassen wurden. Das Hepatitis-Produkt Sovaldi weist die besten Werte auf.

Was braucht es, damit sich ein Arzneimittel durchsetzt und wirtschaftlich erfolgreich ist? Dieser Frage ging das Bostoner Beratungsunternehmen Trinity kürzlich nach. Im Idealfall, so die Autoren des Trinity Drug Index, zeigt ein neues Präparat sowohl auf der therapeutischen Ebene als auch wirtschaftlich exzellente Ergebnisse bei gleichzeitig möglichst geringen Entwicklungskosten. Allerdings – ist solch ein Szenario realistisch? Die wirkliche Pharmawelt und damit auch der Erfolg von Arzneimitteln sieht meist anders aus. Die Studie untersucht deshalb, was erfolgreiche Arzneimittel von weniger erfolgreichen oder gar Flops unterscheidet.

Der Drug Index nähert sich dieser Frage, indem er die Performance von Präparaten gemessen hat, die von der US-Arzneimittelbehörde FDA im Jahr 2013 zugelassen worden sind. In den USA müssen die Hersteller zwar nachweisen, dass ihre Produkte sicher und effektiv sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Märkten, darunter in Europa, untersucht die FDA jedoch nicht, welchen zusätzlichen Nutzen die neuen Präparate für die Patienten bringen. Dies, so die Trinity-Autoren, reguliere in den USA der Markt. 

(Quelle: The 2016 Trinity Drug Index)

Für die Untersuchung hat das Beratungsunternehmen nicht nur nach dem wirtschaftlichen Erfolg der neuen Präparate gefragt, sondern auch nach deren therapeutischem Nutzen im Vergleich zum Goldstandard sowie nach der Dauer und den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Neben einer Bewertung für jede einzelne dieser Kategorien haben die Autoren auch eine Gesamtbewertung abgegeben. 

Trügerisches Pharmageschäft

Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass das Pharmageschäft ausgesprochen trügerisch sein kann – einige Arzneimittel sind zwar sehr erfolgreich; viele andere haben es auf dem freien Markt jedoch schwer. Im Detail kommt der Drug-Index zu folgenden Erkenntnissen:  

  • Das Hepatitis-C-Mittel Sovaldi liegt in der Gesamtwertung an der Spitze, gefolgt von dem Krebsmittel Imbruvica und dem Multiple-Sklerose-Präparat Tecfidera.

  • Der überwiegende Teil der Arzneimittel im oberen Teil der Trinity-Liste sind Spezialpräparate. Solche Produkte machen mittlerweile auch die Mehrheit der von der FDA zugelassenen Arzneimitteln aus. Grund: Die Pharmaunternehmen legen ihren Fokus zunehmend auf Bereiche mit einem hohen medizinischen Bedarf.

  • Arzneimittel, die einen bedeutenden therapeutischen Nutzen haben, zeigen selten eine schwache wirtschaftliche Entwicklung. Wenn, dann ist dies auf ein sich schnell veränderndes Wettbewerbsumfeld zurückzuführen wie im Beispiel des Cholesterinsenkers Kynamro.

  • Auch wenn ein Mittel keine deutliche therapeutische Überlegenheit zeigt, kann eine gut geplante und umgesetzte Business-Strategie das Produkt wirtschaftlich erfolgreich machen. Als Beispiel nennt Trinity das Präparat Pomalyst zur Behandlung des Multiplen Myeloms.

  • Präparate für die medizinische Grundversorgung zeigen geringere Differenzierungen und insgesamt eine begrenzte wirtschaftliche Performance. Dennoch sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung für diese Präparate vielfach erheblich.

  • Arzneimittel zeigen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Dauer ihrer Vermarktungsfähigkeit. Damit spielt das Lifecycle-Management eine entscheidende strategische Komponente. In einigen Fällen stellt sich ein wirtschaftlicher Erfolg erst im Laufe der Zeit ein, so bei Imbruvica, in anderen gibt es nur ein kurzes Zeitfenster für eine Vermarktung.
     
  • Das Diabetes-Präparat Invokana zeigt sich in der Untersuchung als Ausnahme: In einem stark umkämpften Markt stellt das Mittel eine Neuentwicklung mit einem neuen Wirkmechanismus dar. Die Untersuchung ist insofern von Bedeutung, da die Arzneimittelentwicklung unverändert mit einem hohen Risiko verbunden und in der Regel sehr teuer ist. Der Trinity Drug Index weist darauf hin, dass es im Schnitt zehn Jahre dauere, bis ein neues Arzneimittel fertig entwickelt sei und auf den Markt komme.

Lediglich zehn Prozent aller Projekte, die in die klinische Testphase gehen, würden letztlich auch zugelassen. Die durchschnittlichen Forschungs- und Entwicklungskosten von der Phase I bis zur Zulassung geben die Autoren mit 250 Millionen Dollar an. Die Gesamtkosten für die marktreife Entwicklung eines neuen Arzneimittels unter Berücksichtigung fehlgeschlagener Projekte belaufen sich demnach sogar auf rund 2,6 Milliarden Dollar.

Die Studie empfiehlt forschenden Pharmaunternehmen daher, bei ihren Investments Prioritäten zu setzen. Dies sei in der Life-Sciences-Welt mit ihren zahlreichen innovativen Ideen entscheidend, um am Ende einen bestmöglichen Rückfluss auf das eingesetztes Kapital zu erzielen.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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