Arzneimittel und Therapie

Doxorubicin plus Bortezomib beim multiplen Myelom

Für das rezidivierte oder refraktäre multiple Myelom steht seit Ende letzten Jahres eine neue Therapieoption zur Verfügung: Pegyliertes liposomales Doxorubicin (Caelyx®) ist für die Kombinationstherapie mit dem Proteasom-Inhibitor Bortezomib (Velcade®) zugelassen. Im Vergleich zur Bortezomib-Monotherapie verlängert sich die progressionsfreie Zeit, die Ansprechraten steigen ebenso wie das Gesamtüberleben.

Pegyliertes liposomales Doxorubicin, seit 1996 in Deutschland verfügbar, ist bislang zugelassen für die Monotherapie des metastasierten Mammakarzinoms bei Patientinnen mit erhöhtem kardialen Risiko, zur Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms nach Versagen einer platinhaltigen First-line-Therapie sowie zur Behandlung des Aids-assozierten Kaposi-Sarkoms. Nun kommt eine neue Indikation hinzu: In Kombination mit dem Proteasom-Inhibitor Bortezomib kann pegyliertes liposomales Doxorubicin eingesetzt werden zur Behandlung des progressiven multiplen Myeloms bei Patienten, die zumindest eine vorangegangene Therapie erhalten haben und die sich bereits einer Knochenmarktransplantation unterzogen haben oder dafür ungeeignet sind.

"Schlafendes" Myelom schlafen lassen

Das multiple Myelom ist mit 3500 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland eher selten. Mit steigendem Alter nimmt die Krankheit zu. 75% der Patienten sind älter als 60 Jahre. Etwa 30% der Patienten haben ein "schlafendes" Myelom ohne Symptome. Dann sollte bei engmaschiger Kontrolle abgewartet werden, denn die frühe Therapie bringt keinen Vorteil für die Prognose. "Man sollte nicht zu früh behandeln, aber frühzeitig bei auftretenden Beschwerden", so Dr. Martin Kropff von der Myelomambulanz am Universitätsklinikum Münster. "Denn einmal eingetretene Knochenschäden gehen nicht mehr weg und verursachen kontinuierliche Schmerzen", so Kropff. Diagnosekriterien für ein therapiepflichtiges Myelom sind der Nachweis eines monoklonalen Proteins in Serum oder Urin plus Nachweis klonaler Plasmazellen im Knochenmark und/oder dem Nachweis eines Plasmozytoms plus mindestens eines der vier Kriterien

  • Hypercalcämie,
  • Niereninsuffizienz,
  • Anämie oder
  • Knochenveränderungen.

Symptome richtig deuten!

Die Beschwerden beim multiplen Myelom sind oft uncharakteristisch mit Knochenschmerzen, Knochenfrakturen oder einer eingeschränkten Nierenfunktion. Bei dauerhaften, starken Rückenschmerzen, die mit Schmerzmitteln nicht erfolgreich zu behandeln sind, sollte an ein multiples Myelom gedacht werden.

Hochdosistherapie plus Stammzelltransplantation

Die Melfalan-Hochdosistherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation ist die Standardtherapie für Patienten bis zum siebzigsten Lebensjahr. Lässt sich damit eine komplette Remission erreichen, profitieren die Patienten in hohem Maße mit Fünf-Jahres-Überlebensraten über 70%. Ältere Patienten oder Patienten, die für dieses Regime nicht in Frage kommen, erhalten eine konventionelle Chemotherapie. Für jüngere Patienten mit multiplem Myelom, die ansonsten gesund sind, kommt auch die Hochdosis-Chemotherapie mit allogener Stammzelltransplantation in Betracht. Die fremden Stammzellen sollen dabei eine Graft-versus-Myeloma-Reaktion intensivieren. Dieses Regime geht mit einer höheren Mortalität einher, hat aber kuratives Potenzial.

Verlängerte progressionsfreie Zeit

Die Primärtherapie kann über drei bis sieben Jahre den Tumor erfolgreich zurückdrängen. Was dann bei einem Rezidiv eingesetzt wird, hängt von individuellen Gesichtspunkten ab. Eine neue Option ist die Kombination von Bortezomib und pegyliertem liposomalem Doxorubicin. Bortezomib hat als Monotherapie bei rezidiviertem multiplem Myelom seine Überlegenheit im Vergleich zu hochdosiertem Dexamethason bereits gezeigt. Seit Ende letzten Jahres kann der Proteasom-Inhibitor nun mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin kombiniert werden. In der internationalen, randomisierten, offenen, multizentrischen Zulassungsstudie wurden 646 Patienten mit diagnostisch gesichertem rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom eingeschlossen. 322 Patienten erhielten nur Bortezomib nach dem üblichen dreiwöchigen Schema mit 1,3 mg/m2 an Tag 1, 4, 8 und 11 alle 21 Tage, 324 Patienten wurden zusätzlich mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin 30mg/m2 an Tag 4 behandelt. Primärer Endpunkt war die Dauer bis zur Progression (time to progression; TTP). Sie konnte durch die zusätzliche Gabe von pegyliertem liposomalem Doxorubicin von 6,5 Monate auf 9,3 Monate signifikant verlängert werden. Die Ansprechrate (CR, nCR und PR) lag bei 52% gegenüber 44%. Auch das Gesamtüberleben wurde mit der Kombination signifikant günstig beeinflusst mit einer 15-Monats-Überlebensrate von 76% gegenüber 65%. "Der Überlebensvorteil gilt für alle Subgruppen", betonte Kropff "auch für die problematischen".

"Das multiple Myelom ist die problematischste hämatologische Erkrankung, weil sie den Patienten sukzessive zerstört. "

 

Dr. Martin Kropff

Bei Hand-Fuß-Syndrom schnell reagieren

Das Nebenwirkungsspektrum entsprach den unter den einzelnen Regimes zu erwartenden Begleiterscheinungen. Schwere Neuropathien waren unter der Kombination nur etwa halb so häufig als unter der Monotherapie (9% versus 4%). Die Kombination zeigte eine etwas höhere Myelotoxizität. "Die Myelosuppression ist jedoch reversibel und für uns gut handelbar", so Kropff. Die Rate an febriler Neutropenie blieb unverändert (2% vs. 3%). Eine Prophylaxe der febrilen Neutropenie mit G-CSF ist nicht notwendig. Die Inzidenz thromboembolischer Ereignisse ist niedrig, eine Thromboseprophylaxe nicht notwendig. Eine für pegyliertes liposomales Doxorubicin bekannte Nebenwirkung, das Hand-Fuß-Syndrom, trat auch hier deutlich häufiger auf als unter der Bortezomib-Monotherapie (16% vs. 5%). Es sollte früh erkannt und möglichst schnell agiert werden. Als Vorteil gilt, dass das Regime im Gegensatz zu alternativen Regimes bei rezidiviertem Myelom ohne Steroide auskommt, denn, so Dr. Daniel Reschke, Onkologe in Oldenburg, "die Krankheit an sich führt ohnehin schon zur Immunsuppression".

Zum Weiterlesen

Multiples Myelom. 
Proteasom-Inhibitor noch besser in der Kombination


 

DAZ 2007, Nr. 32, S. 43 – 44.

 

Quelle

Dr. Martin Kropff, Münster; Dr. Daniel Reschke, Oldenburg: Pressekonferenz "Multiples Myelom: Neue Behandlungsperspektiven durch die Kombination von Caelyx mit Bortezomib", München, 5. März 2008, veranstaltet von der essex pharma GmbH, München.

 


Apothekerin Dr. Beate Fessler

 

 

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