Wahlkreis Bitburg

SPD sucht Bundestagsabgeordneten via Facebook

Berlin - 22.07.2016, 16:00 Uhr

Besondere Kandidatensuche: Die SPD im Eifelkreis veröffentlichte diese Stellenanzeige auf Facebook und ihrer Internetseite, um für die Bundestagswahl 2017 einen geeigneten Bundestagskandidaten zu finden. (Screenshot: DAZ.online)

Besondere Kandidatensuche: Die SPD im Eifelkreis veröffentlichte diese Stellenanzeige auf Facebook und ihrer Internetseite, um für die Bundestagswahl 2017 einen geeigneten Bundestagskandidaten zu finden. (Screenshot: DAZ.online)


Eigentlich ist der Job des Bundestagsabgeordneten doch spannend: Man kann vieles bewegen, trifft auf interessante Menschen und wird in wichtige politische Prozesse eingebunden. Dafür müssten sich ausreichend Interessierte finden, müsste man meinen. Um noch mehr Bewerber für das Amt zu bekommen, geht die SPD im Wahlkreis Bitburg nun ungewöhnliche Wege.

Die Festlegung der Bundestagskandidaten verläuft in allen Parteien ähnlich: Innerhalb einer gewissen Frist müssen sich geeignete Kandidaten melden und ihre Kandidatur offiziell anmelden. Zumeist entscheidet dann erst einmal der Parteivorstand über die Eignung der Bewerber. Die Entscheidung, wer die Partei im jeweiligen Wahlkreis bei der Bundestagswahl vertreten soll, wird jedoch zumeist über Abstimmungen in verschiedenen Parteigremien getroffen. Bei Parteiversammlungen kommen die Mitglieder zusammen und wählen mehrheitlich ihren Kandidaten zur Bundestagswahl.

Grundsätzlich läuft das auch bei der SPD im rheinland-pfälzischen Wahlkreis Bitburg so: Bis zum 15. September müssen dem Parteivorstand alle (parteiinternen) Bewerbungen vorliegen. Der Vorstand evaluiert die eingereichten Bewerbungen und legt sie der Wahlkreiskonferenz der Sozialdemokraten vor. Diese, also die Wahldelegierten aus den Ortsverbänden, entscheiden in der letzten Novemberwoche über den SPD-Kandidaten zur Bundestagswahl 2017.

Neu ist in diesem Jahr allerdings das Verfahren, mit dem die Partei nach einem geeigneten Kandidaten sucht: Der SPD-Kreisverband Eifelkreis Bitburg-Prüm hat am gestrigen Donnerstag eine offizielle Stellenanzeige auf seiner Facebook- und Internetseite veröffentlicht, auf der in großen weißen und schwarzen Lettern steht: „Du möchtest Bundestagsabgeordnete/r werden? Der SPD-Kreisverband sucht eine/n Kandidaten/Kandidatin für die Bundestagswahl 2017“.

Zu jeder Stellenanzeige gehört ein Anforderungsprofil. Welche Eigenschaften sollte ein MdB also haben? Stressresistent? Große Bereitschaft zu Überstunden an Wochenenden? Die Sozialdemokraten in der Eifel stellen sich ihren nächsten Abgeordneten so vor: „Du bist motiviert, aufgeschlossen und politisch interessiert? Du setzt dich für die „Sache“ ein und kannst mit „Gegenwind“ umgehen? Du hast die Lust und den Willen etwas anzupacken und zu gestalten? Unsere Demokratie zu verteidigen und mit Leben zu füllen ist deine Leidenschaft?“

SPD-Mitgliedschaft nicht zwingend erforderlich

Nico Steinbach ist Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Eifelkreis Bitburg-Prüm. Gegenüber DAZ.online erklärt er die Motive seines Verbandes für die ungewöhnliche Kandidatensuche: „Unser Ziel war es, die Kandidatenfindung zu öffnen. Das alte, parteiinterne Verfahren ist damit keineswegs über den Haufen geworden. Es wird auch in diesem Jahr wieder parteiinterne Kandidaturen geben.“ Ziel sei es gewesen, auch extern nach Interessenten zu suchen. In der Stellenanzeige heißt es dementsprechend: „Bewerben können sich Mitglieder der SPD und Personen, die sich mit den Werten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands identifizieren.“ Eine Mitgliedschaft ist also nicht zwingend Pflicht.

Steinbach berichtet, dass er seit der Veröffentlichung der Anzeige vielen Vorwürfen ausgesetzt sei – sowohl aus der Partei als auch von außen. „Wir können es mit dieser neuen Art der Kandidatenfindung eigentlich niemandem Recht machen. Einerseits wird uns vorgehalten, die Parteibasis und geeignete Kandidaten innerhalb der Partei zu übergehen. Von außen wird uns nun vorgeworfen, die Anzeige sei ein Zeichen dafür, dass wir innerhalb der SPD keine Kandidaten mehr finden würden. Trotz dieser Vorwürfe haben wir uns dazu entschlossen, die Tür zu öffnen.“

Ob mit einem neuen oder einem „alten“ parteiinternen Kandidaten – die SPD wird es im Wahlkreis Bitburg schwer haben. Denn der Bezirk mit der Nummer 203 ist traditionell streng christdemokratisch geprägt. Noch nie konnte ein Kandidat einer anderen Partei den Wahlkreis gewinnen. Bei der Bundestagswahl 2013 erhielt der CDU-Kandidat Patrick Schnieder 56 Prozent der Erststimmen und zog somit direkt in den Bundestag ein. Der SPD-Kandidat Jens Jenssen lag bei 26,3 Prozent der Wählerstimmen. Einen ähnlich großen Abstand gab es auch bei den eingereichten Zweitstimmen. Trotzdem bliebe dem SPD-Kandidaten natürlich noch die Chance eines Listenplatzes auf der SPD-Landesliste Rheinland-Pfalz.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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