Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

16.06.2013, 08:00 Uhr


Das hat mir in dieser Woche am besten „gefallen“: Gerd Glaeske appelliert bei der Vorstellung des Arzneimittelreports der Barmer GEK an die Apotheker, sich mehr in das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit einzubringen. Danke für den Tipp, aber wir sind da schon auf einem guten Weg, Herr Glaeske. Doch wie heißt es so schön: ohne Moos nichts los. Wir appellieren mal an die Krankenkassen, den Apotheker für ausführliche Arzneimittelchecks, fürs Medikationsmanagement zu honorieren. Auf geht’s! Ja, und dann war in der letzten Woche der Tag der Apotheke – haben Sie’s gemerkt? Und: der Kampf gegen den Versandhandel ist verloren – sagte die Politik. Jetzt wissen wir’s.

10. Juni 2013

Also, nach der Honorarrunde ist vor der Honorarrunde. Sagte ABDA-Präsident Schmidt. Will heißen: die Honorarrunde 2012/13 mit der Erhöhung des Fixhonorars, dem Kompromiss zum Kassenabschlag und der Notdienstpauschale  ist abgeschlossen. Jetzt sollte man sich auf die zukünftige Richtung in der Honorarfrage konzentrieren. Und die liegt dort, wo der Apotheker für Leistung bezahlt wird. Mein liebes Tagebuch, halten wir fest: „Wir brauchen neue Vergütungen für Leistungen“, sagte Schmidt. Ein Packungsfixum gebe einen falschen Anreiz. Schmidt möchte eine Verbreiterung der Vergütungsbasis. Sprich, er möchte auch, dass die Kassen den Apotheker für Dienstleistungen, zum Beispiel Medikationsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit, honorieren. Klingt gut, ist aber ein dickes Brett, das da auf allen Seiten gebohrt werden muss. Könnte man sich vorstellen, dass auch die Apotheke – neben einer Handlingsgebühr für Arzneimittellogistik – nach einer GOA (Gebührenordnung für Apotheken), ähnlich wie die Ärzte, abrechnen?

Das war, das ist nicht lustig: die Flut setzte große Flächen, Städte und Dörfer in den östlichen Bundesländern unter Wasser. Existenzen wurden zerstört. Auch Apotheken sind von den Überschwemmungen betroffen. Die Hilfsorganisation „Apotheker Helfen e.V.“ hat ein Spendenkonto eingerichtet, um Flutopfern zu helfen, auch Apotheken. In Magdeburg mussten zwei Apotheken schließen, in die Wasser eingedrungen war. Die Apotheker- und Ärztebank legte ein Hilfsprogramm mit einem Sonderkreditrahmen auf. Manche Pharmafirmen ersetzen ihre durchs Hochwasser beschädigten Waren. Auch der Deutsche Apotheker Verlag hilft: Durch das Wasser beschädigte Fachliteratur wird kostenlos ausgetauscht.

Die Kammer Westfalen-Lippe macht Nägel mit Köpfen. Sie redet nicht nur über Medikationsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), sondern hat schon einen Lehrgang aufgelegt mit Basis-Schulung und Aufbauseminaren. Die ersten 84 Apothekerinnen und Apotheker haben das Programm absolviert und bekamen ihr Zertifikat überreicht: Sie dürfen sich nun zwei Jahre lang AMTS-Manager nennen und an die Tür der Apotheke ein Logo kleben und Flyer verteilen, die die Kunden darauf hinweisen. Nach zwei Jahren muss das Wissen aufgefrischt werden. Mein liebes Tagebuch: das find ich gut. Ja, es ist die Zukunftsorientierung für unseren Beruf. Kammerchefin Gabriela Overwiening freut sich, dass das Konzept unter dem Namen „Apo-AMTS“ so gut ankommt. Sogar Apothekerinnen und Apotheker aus anderen Bundesländern nehmen daran teil. Wie wäre es denn, wenn andere Kammern das Konzept übernehmen? Apo-AMTS bundesweit – das wär’s. Damit könnte die Apothekerschaft der Politik signalisieren: Das ist unser Ding, wir gehen diesen Weg.

11. Juni 2013

Die Europa Apotheek Venlo (EAV) spielt wohl gerne ein bisschen den Rambo unter den Versendern. Immer wieder hat die holländische Versandapotheke gerichtliche Entscheidungen, die rechtskräftig gegen sie ergangenen waren, nicht beachtet. Vor allem von ihren großzügig gewährten Boni wollte sie sich nicht abbringen lassen. Der Bayerische Apothekerverband hat Ordnungsgelder gegen die EAV erwirkt, die sich auf rund 600.000 Euro summieren. Die EAV war darüber „not amused“ und holte rachesüchtig zum Gegenschlag aus: Testkäufe in rund 25 bayerischen Apotheken, vor allem in Apotheken von führenden bayerischen Kammer- und Verbandsfunktionären. Klar, auch in diesen Apotheken wird nur mit Wasser gekocht, auch da findet man was, wenn man will. Die EAV machte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Aber die Betroffenen wehrten sich, mehrere Verfahren laufen. Nicht überall kam die EAV damit durch. Zu durchsichtig, so ein Gericht, rechtsmissbräuchlich. Es lag wohl auch für das Gericht auf der Hand, dass hier die aufgebrummten Ordnungsgelder der Treiber für die Aktion der EAV war, eine Retourkutsche. Dass es der EAV bei den Testkäufen nicht so sehr um die Einhaltung der Beratungspflicht ging, wurde umso deutlicher, als sie einen Deal vorschlug: sie verzichte auf alle ihr erwachsenen Ansprüche, wenn der Bayerische Apothekerverband seinerseits bereit ist, auf seine erworbene Ansprüche und Rechte zu verzichten und nicht mehr gegen die EAV vorgeht. Das kam dann auch dem Gericht sehr spanisch vor: „Dies ist  rechtsmissbräuchlich.“

Die Barmer GEK stellte ihren Arzneimittelreport vor. Autor Professor Gerd Glaeske resümierte, dass zu viele ältere Patienten zu viele Arzneimittel bekommen: fünf und mehr Arzneimittel sind keine Seltenheit. Die Folge: mangelnde Compliance, Neben- und Wechselwirkungen, die Arzneimittelsicherheit leidet. Wer könnte hier Abhilfe schaffen? Na? Jawohl, der Apotheker. Mein liebes Tagebuch, das halten wir fest: Glaeske appelliert an die Apotheker sich mehr einzubringen, um Wechselwirkungen festzustellen und die Arzneimittelsicherheit zu fördern. Aber gerne, Herr Professor, wir sind doch schon dran. Wir bilden Medikations- und AMTS-Manager aus, da ist eine Bewegung im Lande hin zur patientenorientierten Pharmazie. Nur: so ganz für lau können wir das wirklich nicht tun. Wenn Krankenkassen den Ärzten für ein paar einfache Arzneichecks bis zu 185 Euro pro Patient und Jahr bezahlen, dann sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, die Apotheker für diese Leistungen zu honorieren. Und in Vorleistung zu gehen, um dann darauf zu warten, dass die Politik vielleicht eventuell unter Umständen den Apothekern 1,5 Cent mehr bezahlt ­– sorry, da fehlt irgendwie das Vertrauen. Wie wär’s, wenn vielleicht die Barmer GEK hier mal Kante zeigt und den Apotheker für AMTS und Medikationsmanagement ein faires Angebot unterbreitet? Lieber Herr  Glaeske, regen Sie das doch mal an!

12. Juli 2013

Nachricht aus den USA: Die „Pille danach“ ist künftig für Frauen jeden Alters rezeptfrei erhältlich. Nach jahrelangem Gerichtsstreit hat die Regierung ihren Widerstand aufgegeben und die Aufhebung der Altersbeschränkung akzeptiert. Und das in den USA. Mein liebes Tagebuch, ist es da nicht irgendwie ein Armutszeugnis für Deutschland, dass hierzulande die „Pille danach“ noch immer rezeptpflichtig ist? Ich erinnere mich an den erst kürzlich gescheiterten zweiten Anlauf, bei dem von der Bundesapothekerkammer nicht einmal ein offizielles Statement dazu kam, dass die Apotheken bereit sind, die Beratung hierzu zu übernehmen. Einfach mal weggeduckt.

Jetzt haben die Gesundheitspolitiker aller Fraktionen die Nase voll vom Hin und Her zwischen Krankenkassenverband und Apothekerverband. 1. August ist Stichtag. Bis dahin sollen sich die beiden  auf eine Liste von Arzneimitteln geeinigt haben, die von der Substitution ausgeschossen sind. Basta. Auf dieser Liste werden dann Arzneimittel wie Antiepileptika oder Schilddrüsenhormonpräparate stehen, also Stoffe mit geringer therapeutischer Breite, die nicht ausgetauscht werden sollten. Die Politik fordert diese Liste schon seit geraumer Zeit, der Deutsche Apothekerverband hat bereits eine Liste zusammengestellt – aber die Kassen zicken. Jetzt läuft die Uhr, die Einigung muss her.

13. Juni 2013

Stell dir vor, es ist Tag der Apotheke und keiner macht mit. Mein liebes Tagebuch, irgendwie war beim diesjährigen Tag der Apotheke kein Zug dahinter. Ein breites Medienecho war nicht zu spüren, in Apotheken spielte sich dazu nur wenig ab. Lag’s am Thema? An der Umsetzung? Wir werden es nicht erfahren. Aber nächstes Jahr, gell? Tag der Apotheke, große Kampagne, etwa so: Wir Apotheker arbeiten für Ihr Leben gern (nee, der Slogan ist geklaut). Aber vielleicht: Wir checken’s – Ihre Arzneimittel-Manager. Oder so.

Soll man da nun mitmachen oder soll man es lassen? Lieferdienst-Portale im Internet wie ordermed (orderLinda) oder dedendo sind auf der Suche nach Apotheken, die sich einschreiben und mitmachen – und mitzahlen. Damit auch von der anderen Seite, von den Kunden Druck aufgebaut wird, erhält ein Kunde sogar Bares (70 Euro), wenn er eine Apotheke davon überzeugt, dass sie dabei sein muss, weil er gerne über das Lieferportal bestellt. Von der Idee her, dadurch ein Gegenwicht zu Versandapos aufzubauen, ist so ein Lieferportal ja ganz nett. Aber, mein liebes Tagebuch, ob sich das bei den Kunden durchsetzt? Und ob sich das für die Apotheke letztlich lohnt? Oder nur für den Portalbetreiber? In der letzten DAZ gibt es dazu Entscheidungshilfen.

Bleiben wir bei den Versendern. Auf dem Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) schwang die Politik die Fahne für die Päckchenpacker. Deutliche Worte in Richtung ABDA: „Der Kampf gegen den Versandhandel ist verloren. Steckt Eure Energie woanders rein“, polterte Jens Spahn, CDU. Und damit keine Missverständnisse offenbleiben, wohinein die Energie fließen soll: ins Nachdenken über innovative Versorgungsformen auf dem Lande. Ja, da fuhr er wieder durch die Politikergehirne: der Apothekenbus, die Lösung aller Versorgungsprobleme. Und SPD-Frau Marlies Volkmer und Grünen-Kämpferin Biggi Bender legten noch eine  „innovative“ Versorgungsform drauf: sie holten die Clobox (ups, das war ein Tippfehler), die Cobox, die Video-Apotheke im Stil einer Telefonzelle, aus der Versenkung. Wow, ganz schön kreativ, die beiden Politfrauen der Opposition.

Nein, im Ernst, mein liebes Tagebuch, es ist schon richtig, dass das Kapitel Versandapotheke in Deutschland nicht mehr gestrichen werden kann. Die Politik wollte sie und jetzt haben wir sie. Aber deswegen sollten wir trotzdem darauf schauen, wie es sich mit den Versendern verhält und welche Privilegien und damit Wettbewerbsvorteile gegenüber der Präsenzapotheke sie bekommen, Beispiel Abgabe ohne Beratung. Und wo die Nachteile liegen, die Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, auf dem BVDVA-Kongress aufzeigte. Zum Beispiel darin, dass eine Versandapo ihren Kunden und Patienten nicht sieht, ihm nicht gegenüber steht, um all das abzuklären kann, was eine Vor-Ort-Apotheke im Gespräch mit dem Patienten tun kann. Für Froese  liegt eine optimale Arzneimittelversorgung – und jetzt liebe Gesundheitspolitiker bitte mal hinhören – nicht im Versandhandel, sondern in heilberuflichen Netzwerken, einer gelebten Zusammenarbeit zwischen heilberuflichen Professionen. Und damit hat er Recht.

Was ausländische Versender allerdings sehr gut können: Strafen nicht akzeptieren. Beispiel: DocMorris in den Niederlanden will einfach nicht ein vom Kölner Landgericht festgesetztes Ordnungsgeld in Höhe von 100.000 Euro akzeptieren (Strafe wegen nicht erlaubten Prämien). Da die üblichen Rechtswege schon ausgeschöpft sind, bliebe dem Versender nur noch der Gang nach Karlsruhe wegen Verletzung der Grundrechte. Mal sehen, wie sich DocMorris entscheidet.

14. Juni 2013

Das Bundesgesundheitsministerium hat seinen neuen Aktionsplan zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) vorgestellt. Er ist mittlerweile schon der Dritte seiner Art. 39 Maßnahmen sind für die Jahre 2013 bis 2015 vorgesehen, die dazu beitragen sollen, die AMTS zu verbessern. Im Fokus steht dieses Mal die generelle Sensibilisierung von Patienten, Apothekern, Ärzten und Pflegenden für die AMTS. Geplant ist außerdem ein Modellprojekt zur Erprobung eines Medikationsplans, eine bessere Kommunikation zwischen den Beteiligten, die Erstellung eines Patientenmerkblatts für OTC-Analgetika und Informationen über Arzneimittel, die ähnlich aussehen oder deren Namen ähnlich klingt, und wie man Verwechslungen vermeidet. Mein liebes Tagebuch, die AMTS-Bewegung nimmt mächtig Fahrt auf. Wir Apothekerinnen und Apotheker müssen uns an die Spitze dieser Bewegung stellen.

Oh nein, oh nein, immer wieder, in unregelmäßigen Abständen, kommt einer und fordert die völlige Freigabe der Rx-Preise. Dieses Mal holte diese Forderung Volker Hansen, Abteilungsleiter Soziale Sicherung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), aus der Mottenkiste. Mehr Wettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt, mehr Versorgungsverträge zwischen Krankenkassen und Apotheken und ihren Verbänden – super Ideen, gell? Vielleicht sollte man dem BDA-Mitarbeiter für Soziale Sicherung einmal sagen, dass es bei Rx bereits Wettbewerb gibt! Und zwar auf einer Ebene, wo dieser Wettbewerb hingehört, nämlich zwischen Hersteller und Kassen. Und nicht auf der Ebene der Apotheken. In Deutschland bleibt es beim einheitlichen Preis für Rx. Basta.


Peter Ditzel


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