Infektionskrankheiten

Gefährliches Coronavirus

Bonn - 23.03.2013, 10:17 Uhr


Virologen der Universitäten Bonn, Rotterdam, Utrecht, St. Gallen und Jeddah (Saudi Arabien) haben jetzt einen Rezeptor identifiziert, der bei der Infektion mit dem gefährlichen neuartigen Coronavirus „HCoV-EMC“ eine Schlüsselrolle spielt. Dabei handelt es sich um die Dipeptidyl-Peptidase 4 (DPP4), auch CD26 genannt.

Im vergangenen Jahr wurden auf der arabischen Halbinsel mehrere Menschen mit „HCoV-EMC“ (human Coronavirus-Erasmus Medical Center) infiziert, das dem SARS-Virus ähnelt. Die Zahl der bestätigten Fälle beläuft sich mittlerweile auf insgesamt 14, darunter acht Todesfälle. In Deutschland wurde bislang nur ein importierter Erkrankungsfall dokumentiert. Es sei zu befürchten, dass es sich auch nach Europa ausbreite, so die Virologen.

Das neue Virus befällt die Atemwege. Es befällt insbesondere Zellen, die keine Flimmerhärchen tragen. Diese sind in den Atemwegen dünn gesät. Vielleicht ist deshalb das Virus weniger übertragbar als andere Lungenviren, vermuten die Wissenschaftler. Möglicherweise gebe es aber eine Dunkelziffer an Infektionen mit milden Verläufen.

Heftet sich das Virus in den Atemwegen an DPP4, wirkt das Protein wie ein Türöffner: Das Virus dringt in die Zelle ein und programmiert sie um, wodurch weitere Viren gebildet und freigesetzt werden – die Infektionskette hat begonnen. DPP4 ist ein bekanntes Protein, das vielfältige Stoffwechselfunktionen erfüllt und in verschiedenen Organen vorkommt. Aus der Kenntnis des Rezeptormoleküls für das Virus ergeben sich Ansatzpunkte für die Entwicklung von Arzneistoffen und Impfungen. Darüber hinaus verbessern die Ergebnisse der Studie das Verständnis dafür, wie leicht der Erreger von Tieren auf den Menschen überspringen kann.

Die engsten Verwandten des Erregers sind Fledermaus-Coronaviren. Das Virus hat sich aber anscheinend an den Menschen angepasst: Es vermehrt sich mit dem Rezeptormolekül von Fledermäusen schlechter als mit dem von Menschen.

Literatur: Raj, V. S., et al.: Nature 2013; Online: doi:10.1038/nature12005.


Dr. Bettina Hellwig