Koalitionsausschuss

Praxisgebühr wird abgeschafft

Berlin - 05.11.2012, 08:43 Uhr


Die FDP hat sich bei der Praxisgebühr durchsetzen können: Der Koalitionsausschuss beschloss am frühen Montagmorgen ihre Abschaffung zum 1. Januar 2013. Angesichts der großen Überschüsse bei den gesetzlichen Krankenkassen fällt die Gebühr damit neun Jahre nach ihrer Einführung.

Unter dem Druck des aufziehenden Wahlkampfs hat sich die schwarz-gelbe Koalition auf eine Entlastung der Bürger in Milliardenhöhe geeinigt. Dabei halfen ihr in einigen Punkten die dicken Finanzpolster bei den gesetzlichen Krankenkassen und im Gesundheitsfonds.

Die Praxisgebühr war eigentlich auch als Steuerungsinstrument geplant – sie sollte Versicherte von voreiligen und unnötigen Arztbesuchen abhalten. Dieses Ziel wurde allerdings nicht erreicht. Dafür spült sie knapp zwei Milliarden Euro pro Jahr in die Kassen der GKV – darauf werden die Versicherer künftig verzichten müssen. Die Ärzteschaft dürfte zufrieden sein. Sie hatte bereits letzte Woche einen Termin für den heutigen Nachmittag arrangiert: Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie der der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns wollen Gesundheitsminister Daniel Bahr 1,6 Millionen Unterschriften zur Abschaffung der ungeliebten Gebühr übergeben – die Stimmung dürfte gut sein.

Weiterhin beschloss die Koalition in der vergangen Nacht, den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds 2013 um 500 Millionen Euro und 2014 um 2 Milliarden Euro zu kürzen. Dies soll dazu beitragen, dass der Haushalt ab 2014 ohne strukturelle Neuverschuldung auskommen kann.

Im Gegenzug zur Abschaffung der Praxisgebühr stimmte die FDP allerdings endgültig dem CSU-Projekt Betreuungsgeld zu. Der Bundestag soll darüber noch in dieser Woche in dritter Lesung entscheiden. Das Betreuungsgeld soll aber erst zum 1. August und nicht wie geplant zum 1. Januar 2013 eingeführt werden. Zunächst soll es für Kinder im zweiten Lebensjahr 100 Euro monatlich geben, ab 2014 auch für Kinder im dritten Lebensjahr und anschließend für alle 150 Euro. Wer das Geld nicht in bar ausgezahlt haben will, soll es auch zur privaten Altersvorsorge oder für das von der FDP geforderte Bildungssparen verwenden können. Dann soll es jeweils einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro im Monat geben.

Einig wurde man sich zudem, dass die Renten von Geringverdienern, die auch nach 40 Beitragsjahren und privater Zusatzvorsorge noch unterhalb der Grundsicherung von 688 Euro liegen, aus Steuermitteln aufgestockt werden sollen. Überdies will die Koalition im Haushalt für das kommende Jahr weitere 750 Millionen Euro für Verkehrsprojekte bereitstellen. Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, über das die Förderung von Wind- und Solarstrom geregelt wird, soll grundlegend reformiert werden. Ziel ist vor allem, den Strompreisanstieg zu begrenzen.

Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses sollen nun so schnell wie möglich in den Bundestag eingebracht werden, damit sie noch vor der Bundestagswahl umgesetzt werden können.


dpa/DAZ.online