Gesetzliche Herstellerrabatte

Umsatzsteuerwirren bei PKV-Rabatten

Berlin - 08.08.2012, 11:47 Uhr


Pharmazeutische Unternehmen sind derzeit mit Steuerbescheiden konfrontiert, die sie staunen lassen: Sie sollen für Arzneimittel, die an Privatversicherte abgegeben werden, zwar einen Herstellerrabatt von 16 Prozent gewähren, die Umsatzsteuer jedoch auf den vollen Preis leisten. Das Bundesfinanzministerium hält dies für in Ordnung. Die Herstellerverbände sind alarmiert.

In der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Sachlage klar und von den Finanzgerichten anerkannt: Die Entgeltminderung durch den gesetzlich vorgeschriebenen Herstellerrabatt führt auch zu einer reduzierten steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage. Konkret: Ein Arzneimittel, mit einem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) von 100 Euro, bekommt die gesetzliche Kasse 16 Prozent billiger, also für 84 Euro – auf diesen Betrag ist sodann die Mehrwertsteuer von 19 Prozent aufzuschlagen, 15,96 Euro.   

Mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) wurde Anfang 2011 auch ein gesetzlicher Rabatt für die PKV eingeführt. Sie kommt nun ebenfalls in den Genuss eines 16-prozentigen Abschlags auf den ApU von Nicht-Festbetragsarzneimittel. Doch hier soll die Mehrwertsteuer im Beispielsfall auf die vollen 100 Euro gezahlt werden. So jedenfalls sah es im Frühjahr ein Finanzamt, als es das Steuerjahr 2011 bearbeitete. Bei den Pharmaherstellern sorgte dies für Unverständnis. Die Herstellerverbände wandten sich daraufhin Anfang April an das Bundesfinanzministerium und wollten wissen, was es mit der unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung auf sich hat.

Ende Juli kam die Antwort aus dem Finanzministerium. Es hat offensichtlich keine Bedenken gegen den vom Finanzamt beschrittenen Weg. Die Entgeltminderung durch den Rabatt sei nur zu berücksichtigen, wenn sie in einer Leistungskette erfolge, heißt es zur Begründung. Die GKV sei gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer Endabnehmer – daher gebe es hier kein Problem. Anders bei der PKV: Hier zahlt zunächst der Versicherte in der Apotheke den vollen Preis, eine Minderung um den gesetzlichen Rabatt erfolgt hier nicht. Somit sei die PKV im Verhältnis zum pharmazeutischen Unternehmer kein unmittelbarer Leistungsträger.

Für BAH-Geschäftsführer Hermann Kortland ist diese Wertung „artifiziell“ und keinesfalls nachvollziehbar. Gegenüber DAZ.online betonte er, dass das AMNOG die Herstellerrabatte „wirkungsgleich“ auf die PKV habe übertragen wollen. Aus seiner Sicht nicht nur im sozialrechtlichen, sondern auch im finanzrechtlichen Sinne. Doch an die Umsatzsteuer hat der Gesetzgeber einmal wieder nicht gedacht – ein ist schließlich auch bei der Umsetzung der zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband vereinbarten Erstattungsbeträge aufgetaucht.  

Ohnehin hatten die Hersteller schon immer ein Problem mit den gesetzlichen Rabatten an - teilweise börsenorientierte - Krankenversicherungsunternehmen. In einem Solidarsystem könne man sie noch akzeptieren – aber wieso sollte man einem Unternehmen zur Gewinnmaximierung Preisnachlasse gewähren, fragt Kortland. Zwar hat der Gesetzgeber im AMNOG-Verfahren noch kurz vor knapp untergebracht, dass die Herstellerabschläge von den PKV-Unternehmen „ausschließlich zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung bei den Versichertenbeständen verwendet werden“ – doch dies zu kontrollieren, dürfte kaum machbar sein.

Nun werden sich die Herstellerverbände über ein weiteres gemeinsames Vorgehen abstimmen. Voraussichtlich wird man zur Unterstützung der eigenen Argumentation ein steuerrechtliches Gutachten erstellen lassen.


Kirsten Sucker-Sket