Streit um Bewertung der Verdachtsfälle

Ist Umckaloabo® lebertoxisch?

05.04.2012, 10:30 Uhr


Umckaloabo®, ein Wurzelextrakt aus Pelargonium sidoides, ist zur Behandlung der akuten Bronchitis bei Erwachsenen und Kindern ab einem Jahr zugelassen und soll sich durch eine besonders gute Verträglichkeit auszeichnen. Doch Verdachtsmeldungen

Jetzt haben sowohl das BfArM als auch eine Expertengruppe um den Hanauer Gastroenterologen Prof. Dr. Rolf Teschke die Verdachtsfälle analysiert, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Die Arbeitsgruppe um Teschke kommt zu dem Schluss, dass keiner der von ihnen analysierten Fälle einen Beweis dafür liefert, dass Pelargonium sidoides ein Hepatotoxin ist.  Das BfArM hält dagegen nach Anwendung der WHO-Kausalitätskriterien in  sechs Verdachtsfällen  einen kausalen Zusammenhang für möglich oder wahrscheinlich und prüft Maßnahmen zur Risikominimierung. 
Der Hersteller von Umckaloabo®, Spitzner Arzneimittel, kritisiert, dass weder das BfArM noch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zur Beurteilung der Verdachtsfälle  international anerkannte leberspezifische Bewertungsalgorithmen verwenden würde, eine Kritik die auch Teschke et al. teilen. Teschke et  al. haben in zwei Arbeiten 28 Verdachtsfälle analysiert. Eine Analyse von 15 Fällen ist publiziert, die zweite Analyse zur Publikation angenommen.
Gegenüber der DAZ erklärte das BfArM, dass es aufgrund der schon erschienenen Teschke-Publikation keine Veranlassung sieht, seine Bewertung zu relativieren. Es hält die Anwendung der WHO-Kausalitätskriterien vor dem Hintergrund fehlender Details für adäquat und Summenscores wie den von Teschke angewendeten RUCAM-Score für ungeeignet. Auch Teschke bestätigt im Gespräch mit der DAZ, dass bei praktisch jedem gemeldeten Verdachtsfall wichtige Daten fehlen. Das würde jedoch in dem von ihm angewendeten Score -  im Gegensatz zu der WHO-Skala -  durch Nichtvergabe von Plus- oder Vergabe von Minuspunkten berücksichtigt. Damit würde die RUCAM-Bewertung ein Höchstmaß an Transparenz liefern. Die WHO-Kausalitätskriterien seien dagegen nicht leberspezifisch und höchst umstritten.

Lesen Sie dazu auch

Lebertoxisches Umckaloabo? DAZ 2012; Nr. 14 S. 66 -69

Umckaloabo im Stufenplanverfahren. DAZ.online 6.10.2011

Hepatitis als Folge einer Umckaloabo®-Behandlung? DAZ 2011, Nr. 31, S. 63 ff.

Umckaloabo®mit lebertoxischem Potenzial? DAZ 2011, Nr. 29 S. 52 ff

Quellen

Friemel A, Sachs B: Hepatotoxische Reaktionen im Zusammenhang mit der Anwendung von Pelargonium-haltigen Arzneimitteln. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 1, März 2012


Teschke R, Frenzel C, Schulze J, Eickhoff A.: Spontaneous reports of primarily suspected herbal hepatotoxicity by Pelargonium sidoides: Was causality adequately ascertained? Regulatory Toxicology and Pharmacology 2012; 63: 1-9.


Teschke R. et al.: Initially purported hepatotoxicity by Pelargonium sidoides: the dilemma of pharmcovigilance and proposals for improvements. Zur Publikation angenommen und im Druck.


Dr. Doris Uhl