Krebstherapie

Wirkstoffe gegen T8-Schutzeiweiß

München/Frankfurt/M. - 06.01.2012, 09:11 Uhr


Viele Tumorarten sind gegenüber Medikamenten entweder unempfindlich oder werden es während der Therapie. Woran das liegt und wie solche Chemoresistenzen künftig umgangen werden können, wollen Prof. Dr. Angelika Vollmer von der Universität München und Prof. Dr. Simone Fulda an der Universität Frankfurt erforschen.

Bei der Aufklärung helfen soll die jüngst entdeckte Substanz „T8“, die offenbar in der Lage ist, Tumorzellen wieder für Medikamente angreifbar zu machen.

Tumore haben vielfältig Strategien entwickelt, die sie vor Abtötung schützen. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie spezielle Schutzeiweiße in überdurchschnittlich großer Zahl ausbilden. „XIAP“ ist ein Vertreter dieser Eiweißkategorie. Es verhindert den Zelltod. Beispielsweise bilden Lymphdrüsengeschwulste XIAP in besonders hoher Konzentration aus. Die Wirkung von XIAP konnten Forscher bestätigen, indem sie Leukämie-Zellen genetisch so verändert haben, dass sie vermehrt XIAP produzieren. Daraufhin überlebten die Zellen die Behandlung mit dem Zellgift Etoposid, das normalerweise Zellwachstum und Zellteilung hemmt und zum Absterben der Zellen führt. Schutzeiweiße wie XIAP sind interessante Zielstrukturen zur Entwicklung neuer Krebsmedikamente mit besserer Wirksamkeit, weil sie offenbar eine der Ursachen für die Resistenzen gegen die gängigen Medikamente sind.

Die Forscher haben eine Substanz identifiziert, die in der Lage ist, Tumorzellen wieder für Chemotherapeutika empfindlich zu machen, und sie als T8 bezeichnet. T8 ist in der Lage, Tumorzellen angreifbar zu machen, obwohl sie Eiweiße zum Schutz vor Zelltod (wie z. B. XIAP) vermehrt produzieren und dadurch gegenüber klassischen Krebsmedikamenten resistent sind. So kann nach einer Behandlung dieser Zellen mit T8 auch das Zellgift Etoposid wieder seine Wirkung entfalten. 

Bislang ist nicht bekannt, welche Zielstruktur T8 besitzt und welche Mechanismen seiner Wirkung zugrunde liegen. T8 könnte in den Ableseprozess des Erbgutes eingreifen und beispielsweise verhindern, dass XIAP den Transkriptionsfaktor NF-κB aktiviert. Dieser Transkriptionsfaktor bedingt in vielen Tumorzellen einen verstärkten Schutz gegen Zelltod und kann bei der Resistenzentwicklung von Tumorzellen eine Rolle spielen. Möglich ist aber auch, dass T8 unabhängig von XIAP und NF-κB wirkt und über einen ganz anderen Mechanismus die Wirkung des Schutzeiweißes aufhebt.

In dem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt gehen Angelika Vollmer und Simone Fulda beiden Hypothesen nach. Ihr Ziel ist es, eine neue Klasse von Substanzen zu charakterisieren, welche die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten erhöhen können. Danach sollen die Substanzen an verschiedenen Tumorzell-Modellen im Reagenzglas und im Mausmodell auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 90.000 Euro.


Dr. Bettina Hellwig