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DPhG Münster: Entzündungshemmende Wirkung von Sesquiterpenlactonen

Am 19. Mai 1998 sprach Professor Dr. Irmgard Merfort, Universität Freiburg, auf einer Veranstaltung der DPhG an der Universität Münster über Untersuchungen zur antiphlogistischen Aktivität von Sesquiterpenlactonen aus Arnikablüten und anderen Asteraceen unter Einsatz des Transkriptionsfaktors NF-kappaB.

Chemische Struktur Sesquiterpenlactone sind C15-Terpenoide, die auf dem Acetat-Mevalonat- Stoffwechselweg gebildet werden. Man unterscheidet vier verschiedene Sesquiterpenlactonklassen, -die Germacranolide, -die Eudesmanolide, -die Guaianolide und -die Pseudoguaianolide. Innerhalb der Gruppen unterscheiden sich die Vertreter durch den Oxidationsgrad des Grundkörpers und durch Modifikationen wie Veränderungen der Anzahl der Doppelbindungen, der Keto- und Hydroxygruppen oder Veresterung mit kurzkettigen Fettsäuren. Einige Sesquiterpenlactone weisen eine a-Methylengruppe am Lactonring, eine sogenannte Exomethylengruppe, auf. Diese reaktive En-on-Gruppierung kann nucleophile Gruppen anderer Verbindungen nach dem Prinzip einer Michael-Addition alkylieren.

Physiologische Wirkung Die Wirkungen der Sesquiterpenlactone sind sehr vielfältig, sie reichen von allelopathisch (Hemmung einer anderen Pflanzenart durch chemische Substanzen) über allergen bis uteruskontrahierend. Interessant sind vor allem ihre entzündungshemmenden Eigenschaften. Sesquiterpenlactone wurden bisher in 15 Familien der Angiospermen gefunden, am häufigsten in den Asteraceen, die sie in spezialisierten Abschlußgeweben wie Drüsenhaaren führen. Daneben kommen Sesquiterpenlactone noch in einigen Pilzarten, Lebermoosen und Cupressaceen vor. Sie beeinflussen im Organismus die oxidative Phosphorylierung und hemmen u.a. die Leukozytenwanderung, Chemotaxis, die Freisetzung lysosomaler Enzyme, die Histaminfreisetzung aus Mastzellen, die Plättchenaggregation und die Thromboxansynthese.

Transkriptionsfaktor NF-kappaB Der Transkriptionsfaktor NF-kappaB, ein dimeres Protein aus zwei Untereinheiten (p50 und p65), spielt im Entzündungsgeschehen, eine zentrale Rolle. Er liegt im Zytosol der Zelle im inaktiven Zustand gebunden an IkB vor. Eine Zellaktivierung durch bakterielle oder virale Entzündungen oder durch inflammatorische Mediatoren wie Zytokine bewirken eine Phosphorylierung von IkB und damit eine Dissoziation des Komplexes. Das nunmehr freigesetzte NF-kB gelangt in den Zellkern und induziert nach Bindung an die DNA die Transkription weiterer entzündlicher Mediatoren. Frau Prof. Dr. Merfort konnte nun zeigen, daß Sesquiterpenlactone in diesen Entzündungsmechanismus auf der Ebene des Transkriptionsfaktors NF-kB eingreifen. Eine Wechselwirkung mit diesem Protein wurde in vitro mit Hilfe einer T-Zellinie durch Gelshiftassays untersucht. Bei dieser Methode wird die veränderte Wanderungsgeschwindigkeit von Proteinkomplexen gegenüber einzelnen Proteinen in der Gelelektrophorese ausgenutzt. Es wurde festgestellt, daß verschieden strukturierte Sesquiterpenlactone vom Germacranolid-, Eudesmanolid-, Guaianolid- und Pseudoguaianolid-Typ aus Mikania guaco, Tithonia diversifolia, Tanacetum vulgare oder Arnica montana schon im niederen mikromolaren Bereich die Aktivierung von NF-kB hemmen. Dabei erwiesen sich die einzelnen Sesquiterpenlactone als unterschiedlich potent. So zeigte zum Beispiel erst die 20fache Konzentration Dihydrohelenalin denselben Effekt wie Helenalin. Aus Strukturvergleichen wurden erste Struktur-Wirkungs-Beziehungen erstellt. Durch die Hemmung der Aktivierung von NF-kB unterbleibt die Mobilisierung verschiedener Entzündungsmediatoren, was die Rekrutierung von T- und B-Zellen an den Entzündungsort hemmt oder den "oxidative burst" in Granulozyten reduziert. Zum anderen beeinflußt eine verminderte Bildung von Zelladhäsionsmolekülen die Wanderung von Neutrophilen und Eosinophilen. Von nichtsteriodalen Antirheumatika (NSAR) war bekannt, daß sie in hohen Konzentrationen, zum Beispiel 15 mM Acetylsalicylsäure, ebenfalls die NF-kB Aktivierung hemmen können. Frau Professor Merfort untersuchte deshalb einen möglichen Einfluß verschiedener NSAR auf NF-kB, doch zeigte sich bei Konzentrationen bis zu 1 mM kein hemmender Effekt.

Wirkungsweise von Helenalin Für das Sesquiterpenlacton Helenalin konnte mit Hilfe eines Reportergens nachgewiesen werden, daß es die NF-kB-abhängige Genexpression hemmt. Auf welcher Ebene die Interaktion von Helenalin und NF-kB stattfand, wurde systematisch untersucht. So konnte zum Beispiel ein unspezifischer Einfluß von Helenanlin auf verschiedene andere Transkriptionsfaktoren, wie Oct-1, TBP, Sp1 oder STAT5, ausgeschlossen werden, ebenso die direkte Wechselwirkung von Helenalin mit der DNA. Es stellte sich heraus, daß Helenalin über einen Angriff auf die Cysteinreste direkt mit NF-kB interagiert. Genauere Untersuchungen lieferten Hinweise, in welcher Weise dieses geschieht. Zusammenfassend stellte Frau Professor Merfort fest, daß bei der antiphlogistischen Wirkkomponente der Sesquiterpenlactone die Hemmung der Aktivierung von NF-kB eine wichtige Rolle spielt und daß diese Hemmung von der Struktur des Sesquiterpenlactons abhängig ist. Für den Wirkmechanismus synthetischer NSAR spielt die Hemmung der NF-kB-Aktivierung offenbar keine Rolle. Dr. P. Högger

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