Apothekerverband Schleswig-Holstein

Enttäuschung und doch große Erwartungen

Kiel - 13.11.2011, 15:35 Uhr


Tiefe Enttäuschung über die politische Entwicklung im Jahr 2011, aber zugleich große Erwartungen in neue Projekte zur Arzneimittelversorgung waren die zentralen Aspekte, die Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, bei der Mitgliederversammlung des Verbandes am 12. November in Kiel ansprach.

Das Jahr 2011 werde als „Jahr der Enttäuschung, der Verbitterung und der Wut“ in seine persönliche Historie als Verbandsvorsitzender eingehen, erklärte Froese. Noch nie in den zehn Jahren seiner Amtszeit habe er „eine solche Häufung von unverständlichen, maßlosen und wirtschaftlich dramatischen politischen Entscheidungen“ erlebt wie 2011. Besonders kritisierte Froese, dass ein bürgerlicher Gesetzgeber offenbar ohne Verständnis für die Zusammenhänge tief in das eingespielte und funktionierende System der Arzneimittelversorgung zur Apotheke eingreife.

Die zum 1. Januar 2012 vorgesehene Änderung der Preisbildung sei insbesondere deshalb unlogisch, weil sie die Apotheke beim Direktbezug zwinge, ein Honorar von 70 Cent an den Hersteller zu zahlen, obwohl die Apotheke das Risiko für Preisänderung, Verfall und Finanzierung trage. Die neue Preisbildung werde zu einer komplett neuen Struktur der Großhandelskonditionen führen. Für die anstehenden Verhandlungen wies Froese auf das Wesen einer Preisverordnung hin. Diese müsse in beiden Richtungen gelten. Daher dürfe es auch keine Zusatzentgelte geben.

Angesichts der Eingriffe auf den Handelsstufen würden die Apotheker vehement mehr Honorar von der Politik fordern. Außerdem hob Froese die Bedeutung von Kollektivverträgen hervor. Diese seien wichtig für die Patienten, weil sie damit die Leistung in der Apotheke ihrer Wahl erhalten könnten. Selektivverträge seien kein Ansatz, der die Versorgung verbessere. Für den Hilfsmittelbereich forderte Froese die Rückkehr zu Festzuschüssen. Außerdem forderte er die Politik auf, das auf dem Rücken der Patienten ausgetragene System der Rabattverträge zu beenden und stattdessen Festbeträge als einfaches, transparentes und wettbewerbsneutrales Instrument zu nutzen.

Angesichts der politischen Entwicklung sei es schwer, den Blick nach vorne zu richten, erklärte Froese. Doch sehe er große Chancen, die Versorgung multimorbider Patienten zu verbessern. Der Verband habe das Thema in Schleswig-Holstein in die Parteigremien getragen und stehe mit der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes in Vertragsverhandlungen über ein Modell zum Arzneimittelmanagement. Ein weiteres Thema bei der Mitgliederversammlung war die Arzneimittelauswahl auf der Grundlage individueller genetischer Daten. Die Chancen dieser Entwicklung beschrieb Prof. Dr. Theo Dingermann. Einen ausführlichen Bericht über die Mitgliederversammlung finden Sie in der nächsten gedruckten Ausgabe der DAZ.


Dr. Thomas Müller-Bohn