Kammerversammlung in Schleswig-Holstein

Christiansen: Das Packungshonorar ist mit einem Verfalldatum versehen

Kiel - 20.06.2019, 16:00 Uhr

Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr.
Kai Christiansen setzt darauf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Bedenken der Apotheker ernst nimmt. ( r / Foto: tmb)

Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen setzt darauf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Bedenken der Apotheker ernst nimmt. ( r / Foto: tmb)


Dr. Kai Christiansen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, erwartet von Bundesgesundheitsminister Spahn, dass er den Apothekern „ein ganzes Stück“ entgegenkommt. Zugleich wandte sich Christiansen am gestrigen Mittwoch bei der Kammerversammlung gegen „Hardliner“, die für „100-prozentige Gleichpreisigkeit“ alles aufs Spiel setzen wollen. Unabhängig davon sieht Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Verbandes Schleswig-Holstein, die Zukunft in einer Honorierung anhand von Versorgungszielen. Kurzfristig schlägt er vor, einen Teil der Dienstleistungshonorare in eine „digitale Zwischenschicht“ zu investieren.

Bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am Mittwoch in Kiel betrachtete Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen zunächst die Entwicklungsgeschichte des aktuellen Entwurfs für das Apotheken-Stärkungsgesetz. Nachdem Bundesgesundheitsminister Spahn im Dezember 2018 seine Vorstellungen für ein solches Gesetz in der ABDA-Mitgliederversammlung präsentiert hatte, sei die überwiegende Mehrheit der Versammlungsmitglieder zu dem Schluss gekommen, dass es Spahn tatsächlich um eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken geht, „allerdings unter Berücksichtigung des politisch Machbaren“. Den Bonideckel habe bereits die damalige Mitgliederversammlung kategorisch abgelehnt.

Christiansen sieht „Verfalldatum“ für Packungshonorar

Christiansen betonte, dass „das Modell Honorar pro Packung mit einem Verfalldatum versehen ist“. Doch andere Honorierungsmöglichkeiten zu entwickeln brauche Zeit und pharmazeutische Dienstleistungen seien ein erster wichtiger Schritt dabei. Christiansen erklärte, ausländische Versender würden derzeit bis zu 30 Euro Bonus pro Rezept gewähren. Wenn die Apotheker Spahns Gesetz ablehnen, bleibe dieser „Wild-West-Zustand“ bestehen, mahnte Christiansen. Dann hätten die Apotheker auch keinen Einfluss mehr auf den viel zitierten § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG, die Erhöhung des Notdienstfonds fände nicht statt, es gäbe keine honorierten Dienstleistungen und Spahn wäre nicht mehr zu Gesprächen bereit. „Deshalb ist es unsere Pflicht, mit Spahn im Gespräch zu bleiben“, folgerte Christiansen und stellte zugleich klar: „Wir sind uns mit Spahn nicht einig, sondern haben Änderungs- und Ergänzungsbedarf an seinem Gesetzentwurf angemeldet. Spahn muss unsere Bedenken ernst nehmen.“ Nach wie vor gelte der Beschluss, dass die Apotheker auf das Rx-Versandverbot verzichten, wenn die Gleichpreisigkeit auf anderem Weg gesichert wird. Christiansen geht davon aus, dass die Stellungnahme der ABDA von Spahn und seiner Arbeitsebene ernst genommen werde.  

Tatsächlich hat das Bundesgesundheitsministerium bereits am Referentenentwurf nachjustiert, wie am heutigen Donnerstag, einen Tag nach der Kammerversammlung in Kiel, bekannt wurde. Es kam der ABDA dabei ein gutes Stück entgegen, allerdings wurden bereits versprochene Vergütungserhöhungen für den Notdienst und die BtM-Abgabe wieder gestrichen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein

Dosierte Kritik aus Schleswig-Holstein

Orientierung an Versorgungszielen vorgeschlagen

Neue Honorarmodelle gesucht

Apothekerkammer Schleswig-Holstein

Begrenzte Geduld beim VOASG

Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein

Viele Ideen aus dem Norden

Christiansen: Begrenzte Geduld mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG)

Makelverbot gleich Plattformverbot

Kammerversammlung in Schleswig-Holstein

Auf Ideensuche gegen Nachwuchsmangel

3 Kommentare

Christiansen....

von Monika Prinz am 21.06.2019 um 19:37 Uhr

Nun wird klar, wie das Span'sche Gesetz wirklich heißen wird:
Apothekensterbenverstärkunsgesetz

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was denn nun, Schleswig-Holstein?

von Wolfgang Müller am 20.06.2019 um 22:20 Uhr

Lieber Kollege Müller-Bohn,
habe ich Ihren Bericht richtig verstanden, dass die Schleswig-Holsteiner da einerseits eine ganz hervorragende Resolution verabschiedet haben? Die ein Ende des Fabulierens über spekulative, durch nichts solide untermauerte "Neue Geschäftsmodelle" fordert? Und ein Ende der "überbordenden Bürokratie"? Welchselbige Schrecklichkeiten in der Tat den Nachwuchs zu Recht von der freudigen Übernahme einer typischen, durchschnittlichen oder sogar größeren Apotheke bestens abhalten, sogar geschenkt?

Um andererseits dann selber durch nichts untermauerte Spekulationen über das garantierte Ende des Packungshonorars zu beginnen? Und eine angesichts des aktuellen Handlungsbedarfs kontraproduktive Diskussion über neue, phantasievoll ausbaldowerte und hingemalte, wie gewohnt natürlich nicht besonders weit gedachte Geschäftsmodelle?

„Nicht durch ein Handelsgeschäft, sondern durch den tiefen Einstieg in die Versorgung“ sollen wir dereinst mal unsere Mitarbeiter und unsere Familien ernähren können, sagt sinngemäß anscheinend ausgerechnet Arbeitgeber-Vertreter Froese? Und darüber sollen wir dann vielleicht erstmal weitere 8 Jahre (wie die „Arbeitsgruppe Honorar“ von Fritz Becker) „immerwährend diskutieren“, wie von der eigenen Resolution kritisiert? Bis endgültig das wahre, KONKRETE, bodennahe Logistik- und Beratungs-Leben an uns vorbeigerauscht ist? Und sämtliche Arztpraxen nahezu kostenneutral schon jahrelang mit Krankenkassen-EDV auf Knopfdruck das selber machen, was die ABDA als zukünftige Akademiker-Berufstätigkeit für uns viel toller als „lukrativen Arzneimitteleinzelhandel“ findet?

Ich schlage mal die Klärung vor, dass die Resolution wohl nicht ernsthaft an die "Große Politik" gerichtet sein kann, denn die folgt bisher jedenfalls bzgl. "immer neue Geschäftsmodellen" und "überbordende Bürokratie" zu 85 Prozent doch nur dem Unsinn, den sich die Apotheker-Standesvertretungen selber ausgedacht haben (und offensichtlich sich weiter und weiter und weiter neu ausdenken). So kam es ja wohl auch zum FS/JS-Geheimpakt mit den erlaubten 2,50 Euro Rx-Boni im Austausch gegen „Neue Dienstleistungen“, Deckel-budgetiert mit ein paar hundert Millionen, und nicht umgekehrt.

Habe ich das denn aber wirklich richtig verstanden, dass die Schleswig-Holsteiner Kolleg/innen das Ganze aber eben leider DOCH an die Bundespolitik gerichtet haben, und nicht etwa primär an "Die ABDA"? Und damit nicht auch an sich selber höchstpersönlich, obwohl Froese und Christiansen sich ja wohl - entsprechend Ihrem Bericht - in eindrucksvoller Art und Weise im Sinne der von der Resolution kritisierten Probleme schuldig gemacht haben?

Oder haben da ganz hoch im Norden alle diese erstaunlichen Widersprüche bloß nicht bemerkt? Oder sind einfache Menschen nur nicht in der Lage, die konzeptionelle Schönheit und Schlüssigkeit des Froese/Christiansenschen Denkens „weg von der Packung“ intellektuell zu erfassen? Oder haben Sie etwa dafür unerlässliche Informationen unterschlagen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Was denn nun, Schleswig-Holstein

von Dirk Krüger am 21.06.2019 um 9:58 Uhr

Ich als Schleswig-Holsteiner kann die Resolution "meiner" Kammer und "meines" Verbandes genau so wenig nachvollziehen wie Sie, lieber Herr Müller. Jetzt ein neues Fass über ganz neue Vergütungsformen aufzumachen, wird der akuten Situation nicht gerecht. Es liegt ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der die Existenz von Präsenzapotheken hochakut gefährdet. Die Hütte brennt! Diese Existenzbedrohung muss verhindert werden, jetzt sofort. Da bleibt keine Zeit für Visionen und Wolkenkuckucksheime.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.