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Es geht noch schlimmer

KIEL (tmb). Jos van Dalen, Generalsekretär der niederländischen Apothekervereinigung KNMP, sieht Parallelen zwischen den derzeitigen Sorgen der niederländischen Apotheker und den Problemen seiner deutschen Kollegen mit den Rabattverträgen. "Apotheker sind gut darin, Probleme zu lösen, die andere verursachen – aber wir müssen das nicht," meinte van Dalen, denn die Apotheker hätten dann nicht genug Zeit für ihre pharmazeutischen Aufgaben.
Blick über die Grenze Jos van Dalen gab Einblick in das holländische Apothekensystem.
Foto: tmb

Van Dalen, der neben seiner verbandspolitischen Arbeit selbstständiger Apotheker in Breskens in der Provinz Zeeland ist, möchte die Patienten gegen den Abbau des Versorgungssystems mobilisieren. Als Gastredner bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein am 1. November in Kiel erläuterte er das niederländische Apothekenwesen. In den Niederlanden darf jeder Apotheken besitzen, sofern ein Apotheker dort arbeitet. Zudem besteht eine theoretische Niederlassungsfreiheit, doch müssen Apotheken Verträge mit Krankenkassen schließen, um erfolgreich arbeiten zu können. Viele ältere Apotheker hätten ihre Apotheken teuer an Ketten verkauft, während viele junge unabhängige Apotheker große wirtschaftliche Schwierigkeiten hätten. Doch könnten Ketten nicht billiger als unabhängige Apotheken arbeiten, zumal sie zusätzlich ihre übergeordnete Verwaltung finanzieren müssten.

Apothekenhonorierung in den Niederlanden

Die Apotheken bekommen ihre landesweit einheitlich festgesetzten Einkaufspreise vergütet, können aber Rabatte auf diese Einkaufspreise erhalten. Den Hauptbestandteil des Honorars bildet der "Tarif", der pro Arzneimittel zwischen 5,30 Euro für eine einfache Wiederholungsverordnung und 78 Euro für die aufwändigste Rezeptur liegt. Der durchschnittliche Tarif betrage 6,10 Euro pro Verordnung. Eine Aufsichtsbehörde habe ermittelt, dass die Apotheker mittlerweile zwei Euro mehr benötigen, weshalb nun politisch und juristisch für einen höheren Tarif gestritten werde. Der Grund für die Änderung sei ein neues Abkommen für die Generikaversorgung in den Jahren 2008 und 2009. Danach werde seit Juli 2008 nur noch der niedrigste Preis bezahlt, der im Juni für ein wirkstoffgleiches Generikum galt. Dies habe im Vorfeld zu so starken Preissenkungen geführt, dass die Niederlande nun die niedrigsten Generikapreise in Europa hätten. Die Preise für Omeprazol und Simvastatin seien um 88 bzw. 85 Prozent gefallen. So entfalle der Spielraum für Rabatte und damit auch diese Einkommenskomponente der Apotheken.

Selektive Verträge

Das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Apotheken unterscheidet sich von der deutschen Situation. "Krankenkassen dürfen ihre Patienten in bestimmte Apotheken steuern", berichtete van Dalen. Teilweise würden sie Prämien für den Bezug auf dem Versandweg geben, doch seien alle Apotheken zur Notfallversorgung verpflichtet. Außerdem müssten die Apotheker einzeln mit den Krankenkassen verhandeln, wobei die Krankenkassen meist nur sagen würden: "Unterschreiben Sie unten rechts." Allerdings gebe es nur vier große und etwa zehn relevante Krankenkranken.

Van Dalen erläuterte, dass Apotheken in den Niederlanden Arzneimittel versenden dürfen. Doch habe die KNMP, bei der die Aufgaben der deutschen Kammern und Verbände verknüpft sind, dazu Regeln aufgestellt, die auch befolgt würden. Demnach müsse der Apotheker den verordnenden Arzt und den Patienten kennen, dem er ein Arzneimittel schickt.

Künftige Baustellen

Als nächstes Problem für die Arzneimittelversorgung in den Niederlanden betrachtet van Dalen die Planungen für den therapeutischen Austausch innerhalb von Substanzklassen. Doch bevor solche Regelungen getroffen würden, sollte grundsätzlich diskutiert werden, wie die Patienten ohne Apotheken dastehen würden und ob jeder Bürger das Recht auf umfassende pharmazeutische Versorgung habe, forderte van Dalen.

Für Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, ist das Kernproblem bei allen solchen Sparbemühungen die Preisbildung bei innovativen Arzneimitteln. Es werde versucht, bei Generika immer mehr zu sparen, während für Innovationen immer mehr ausgegeben werde. Daher stelle sich die Frage, ob Apotheker international gefordert seien, ein angemessenes System der Preisbildung als Vorschlag für die Politik zu entwickeln.

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