Biologischer Rhythmus

Metyrapon gegen Jetlag bei Mäusen

Göttingen - 29.06.2010, 07:16 Uhr


Eine Reise über mehrere Zeitzonen lässt unsere innere Uhr verrückt spielen. Wie Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie jetzt an Mäusen zeigen konnten

Die Folge: Physiologische Vorgänge laufen nicht mehr koordiniert ab. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Nebennieren. Schalteten die Forscher die Nebennieren-Uhr aus oder manipulierten die Glucocorticoid-Synthese der Nebennieren mithilfe von Metyrapon, passten sich die Nager schneller an den verschobenen Tag-/Nachtrhythmus an.

Die nachtaktiven Tiere drehten früher wieder im Gleichklang mit der äußeren Zeit im Laufrad ihre Runden. Eine funktionierende Nebennieren-Uhr hält den Organismus somit zeitlich stabil und bremst eine zu schnelle Anpassung des zentralen Taktgebers im Gehirn. Physiologisch macht das durchaus Sinn. Sporadische Lichtveränderungen - ein schwarzer Gewitterhimmel oder ein dunkler Kinosaal - bringen nicht gleich das ganze Uhrwerk aus dem Gleichgewicht. Bei Jetlag wird jedoch genau dies zum Problem.

Damit Mäuse den Jetlag besser überwinden, muss aber nicht gleich die ganze Nebennieren-Uhr ausgeschaltet werden. Gaben die Wissenschaftler Mäusen den Wirkstoff Metyrapon, verschob sich ihr Glucocorticoid-Rhythmus - und darüber ihr Schlaf-Wach-Rhythmus. Erhielten die Mäuse zum richtigen Zeitpunkt vor dem Jetlag Metyrapon, passten sich die Nager schneller an einen verschobenen Tag-/Nachtrhythmus an. Metyrapon ist als Arzneimittel zugelassen, um eine Überproduktion von Gluco- und Mineralcorticoiden zu behandeln. Während das häufig verwendete Schlafhormon Melatonin primär müde macht und daher besser bei Ost- als bei Westflügen geeignet ist, lässt sich mit Metyrapon die innere Uhr von Mäusen sowohl vor- als auch zurückdrehen. Diese Erkenntnisse eröffnen einen neuen Weg zur Hormontherapie bei Jetlag oder Schichtarbeit.

Quelle: Kiessling, S. et al: J. Clin. Invest. 2010;120 (7): 2265–2267


Dr. Bettina Hellwig