Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Festivalisierung des Handels

Warum der Handel Events zelebriert

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Im Handel herrscht immer dann halbwegs verlässlich Konjunktur, wenn er sich von den normalen klassischen Verkaufstagen abheben kann. Dabei haben sich drei Arten von besonderen Verkaufs­tagen etabliert. Fall 1 sind Verkaufstage, die allen Kunden gleichermaßen einen besonderen Anlass bescheren, weil sie mit einem kirchlichen Feiertag oder einem sonstigen künstlich geschaffenen Tag korrespondieren, an dem auch Geschenke gemacht werden. Dazu zählen der Valentinstag, Ostern, Mutter- und Vatertag, vielleicht auch Halloween, dann der Nikolaustag und allen voran Weihnachten mit der Adventszeit vorneweg. Die zweite Gruppe sind vordergründig vom Handel geschaffene Tage, die über alle Branchen hinweg bespielt werden können wie Black Friday, Cyber Monday oder Single’s Day, früher stärker auch die Schlussverkäufe. Und schließlich könnte ein Handelsunternehmen noch einen eigenen Sonderanlass kreieren, bekannt sind hier insbesondere Jubiläen und Firmenfeste.

Will ein Unternehmen einen solchen Anlass generieren, kann auch der eigene Geburtstag genutzt werden, indem man den Tag der Apothekeneröffnung oder Apothekenübernahme eben einmal im Jahr feiert und damit nicht auf runde Geburtstage wartet, um ein Jubi­läum zu begehen, sondern diesen Jahrestag nutzt. Wenn dies pfiffig gemacht wird, kann es tatsächlich ziehen. Gegebenenfalls sind die Kunden hier auch besonders offen und bereit, denn an Geburtstagen wird gefeiert, man bringt etwas mit, man gratuliert dem Geburtstagskind, erwartet aber auch Spaß, Spiel und Bewirtung.

Denkbar sind auch Tage der Nachhaltigkeit, wenn man darauf aufmerksam machen möchte, was man für dieses gesellschaftlich relevante Thema leistet, welchen Beitrag man selbst erbringt und wie der Versuch unternommen wird, hier besonderer Vorreiter zu sein. Wer von den Lesern in den letzten Monaten Werbung verfolgt, hat gesehen, wie sich das Thema Nachhaltigkeit, Klimaschutz usw. nochmals extrem in den Vordergrund drängt und Unternehmen wie Aldi oder Lidl, also solche, die bislang vor allem aufgrund des Preises seitens der Verbraucher ausgewählt wurden, mit derlei Aktionen aufzeigen wollen, dass dies kein Gegeneinander sein muss – guter Preis und nachhaltige Produkte –, sondern einen Versuch des Nebeneinanders wert ist.

Hier wird dem Verbraucherwillen Rechnung getragen und fürwahr goutieren Verbraucher dies stark. Zweitverwertung von Kleidung, Verzicht auf Verpackung, wenig zurückgelegte Kilometer für die Distribution von Waren, um nur einige Beispiele zu nennen, sind zusehends wichtige Attribute für die Kaufentscheidung der Kunden.

Ob Apotheken sich an diesen Sonderanlässen beteiligen sollten, hängt von der Zuordnung zu den drei oben genannten Gruppen ab. Geschenkanlässe können und sollten auch bei Apotheken eine Rolle spielen, allerdings in unterschiedlicher Intensität. Vater- und Muttertag oder Weihnachten eignen sich gut, der Valentinstag schon deutlich weniger, denn Venenstrümpfe oder Rheumatabletten aus dem OTC-Sortiment mögen zwar Empathie signalisieren, passen aber nicht optimal zum thematischen Hintergrund.

Sich an den preisgetriebenen Aktivitäten des Einzelhandels zu beteiligen, hängt zweifelsfrei von der Positionierung der Apotheke ab. Ist diese tendenziell preisgetrieben, ergibt es Sinn, den Marketing-Schub mit zu nutzen, bei allen anderen heißt die Botschaft wohl eher, sich dezent zurückzuhalten. Aber auch hier muss im Team besprochen werden, wie man mit Kundenanfragen umgeht, die genau den Preisvorteil während dieser Tage wie Black Friday oder Cyber Monday zum Anlass nehmen, denn allen voran die Internet-Konkurrenz wird diese Klaviatur spielen.

Darüber hinaus eigene Tage zu generieren, hängt von den per­sonellen und räumlichen Kapa­zitäten ab, dem Einzugsgebiet, der Größe der Stammkundschaft, auch der Erreichbarkeit der Kunden ob des Standortes und vor allem auch davon, ob man selbst eine gute und zur Apotheke passende Idee hat, die über eine einmalige Aktion hinaus trägt, und dafür ein Team, das dies Jahr für Jahr aufs Neue mit Leidenschaft und Liebe vorbereitet, umsetzt und danach auch analysiert.

Der Einzelhandel ist durch die Verwerfungen der Corona-Pan­demie mehr denn je motiviert, über Sonderanlässe nachzudenken und diese voranzutreiben. Apotheken können es ihm gleichtun, aber nur, wenn sie dies mit Herzblut machen und mit Verstand operieren. |

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