Gesundheitspolitik

Marketing below the line – besondere Tage in Apotheken

Nannte man früher einen besonderen Tag in Unternehmen den "Tag der offenen Tür", werden heute vergleichbare Aktionen veramerikanisiert und unter dem Rubrum "marketing below the line" abgespeichert. Zwar werden in Autohäusern immer noch Autos bestaunt, die rote Wurst und ein halbkaltes Bier gereicht und auf eher unbequemen Sitzbänken eine Art "Hocketse" veranstaltet, aber die Begrifflichkeit wurde dem Zeitgeist angepasst.

Der Wunsch nach derlei Aktivitäten ist ungebrochen, im Gegenteil, der Event-Tourismus hat eher Konjunktur. Im Handel wird dieser nach wie vor zunehmende Trend als Festivalisierung bezeichnet.

Nun kann man sich als Unternehmen dieser Entwicklung entziehen oder aktiv daran teilhaben. Was eine Apotheke in jedem Fall stets unterstützen sollte, sind entsprechende Aktionen des Straßenmarketings oder auch des gesamten Viertels, in dem sich die Apotheke befindet. Sich hier rauszunehmen, wäre tödlich. Leider locken andere Geschäfte an derlei Aktionen mehr Kunden an als die Apotheken. Deren Angebote werden in der Regel vom Gros der Kunden als attraktiver empfunden. Das Geschäftsmodell Apotheke lebt in weiten Teilen ihrer Aufgaben von der Diskretion und der Ruhe beim Kaufakt und nicht vom Trubel.

Dies schließt aber keineswegs aus, dass man als Apotheke an solchen Tagen nicht auch punkten kann, indem eher Themen der Prävention gespielt werden, Heilkräuter oder auch die Bedeutung des Wassers für den menschlichen Körper in den Mittelpunkt des Verkaufstages gerückt werden.

Noch aktiver kann die Apotheke werden, wenn sie selbst Treiber eines solchen Tages ist. Dies können entweder bundes- oder landesweite Aktionen sein, die die Apotheke mitmacht. Auch daran sollte man partizipieren, denn alles andere ist tendenziell schädigend. Die höchste Wirkung dürften aber Tage entfachen, die nur die eine Apotheke anbietet, für Stammkunden und solche, dies es werden können und wollen, für die Öffentlichkeit im Einzugsgebiet usw. Diese Tage können zwei Ausprägungsarten haben: entweder man macht eher angebotsorientierte Tage, will heißen die Apotheke stellt ein eigenes Thema in den Mittelpunkt und bewirbt dieses: Die Abnehm-Tage, die Diät-Tage, die Blutzucker-Tage, die Bluthochdruck-Tage usw. Also alles Themen, die Menschen interessieren und die seitens der Apotheke bespielt werden. Hier erreicht man insbesondere Menschen, die bereits mit dem entsprechenden Thema zu tun haben. Die Alternative könnte es sein, die Themen der Menschen allgemein zu nutzen und über diese Vehikel Frequenz für die Apotheke zu schaffen. Das könnte beispielsweise sein:

  • Die großen Feste des Jahres: Weihnachten und Ostern

  • Wichtige Tage des Jahres: Valentinstag, Muttertag, Vatertag

  • Regionale Besonderheiten: Karneval, Oktoberfest

  • Generelle Ereignisse: Fußball-EM oder WM, Olympische Spiele

  • Besondere Ereignisse in Städten: Bayreuther Festspielwochen, Köln Marathon, Bürgermeisterwahl

Die Idee ist immer die Gleiche: Man nimmt ein Thema, das in aller Munde ist, nutzt dies für ein eigenes Programm und hinterlegt dahinter ein besonderes Apothekenereignis. Dies kann und darf sicher nicht inflationär erfolgen, dies darf und kann sicher nicht immer das gleiche Thema sein, aber es entkoppelt die Apotheke im ersten Blick von den zunächst nicht zwingend unterhaltsamen Themen wie Krankheit oder Gesundheitsvorsorge und lenkt den Blick auf das allgemein diskutierte Thema, um darauf aufbauen zu können. Zur Fußball-EM oder zu den Olympischen Spielen Tage zur Fitness, zur richtigen Ernährung, zur Leistungsförderung usw. anzubieten, macht den Kunden wie der Apotheke Spaß. Und es lassen sich relativ viele Themen solchen generellen Events zuordnen. Die Schaufenstergestaltung kann auch etwas pfiffiger erfolgen als gewöhnlich und dient als ergänzender Eye-Catcher. Zudem kann man beispielsweise Olympia-Wochen mit einem Aktivitäten-Kalender begleiten, wunderbare Möglichkeiten, die auch mit schmalem Budget gelöst werden können ohne an Attraktivität einzubüßen.

In Zeiten der Festivalisierung sind alle aufgefordert, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie diesen Trend nutzen können. Dies darf nicht von der eigentlichen Aufgabe ablenken und auch nicht den Grundauftrag der Apotheke bagatellisieren, es darf aber auch nicht vor lauter Bigotterie unterlassen werden, weil es dem Versorgungsauftrag nicht nachkäme. Mitnichten: wie sage ich es meinem Kinde. Manchmal muss man vereinfachen, um komplexe Themen platziert zu bekommen.


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handels-management und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Bera-tungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2012, Nr. 38, S. 2

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