Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Zwischen Black Friday und White Christmas

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Die Flut besonderer Einkaufszeiträume ebbt nicht ab und zwischenzeitlich gelten diese Aktionszeiträume als etabliert und bewirken so die Erfindung immer neuer Formate wie den Singles’ Day, der Anfang November im Einzelhandel sein Unwesen treibt. Vielleicht soll damit der Herbst ausgetrieben und die Advents- und Weihnachtsgeister gelockt werden, auf jeden Fall stehen auch beim Singles’ Day vor allem Rabatte im Fokus. Eigentlich sollte der 11.11. eine Feiermöglichkeit für Alleinstehende sein (das Datum symbolisiert über die wiederholte Eins das Alleinleben), doch je etablierter der Tag wurde, umso eher nutzten Unternehmen dies, um die Menschen (Singles) zum Shoppen zu animieren, was am leichtesten mit Preisnachlässen gelingt. Zunächst beschränkte sich dies auf Online-Shopping und mittlerweile kann der Singles’ Day als der größte Online-Shopping-Tag im Jahr weltweit angesehen werden. Da aber der Systemwett­bewerb zwischen Online- und stationärem Handel grassiert, schwappt das Singles’-Day-Geschäft nun auch auf den Vor-Ort-Handel in Deutschland über.

Der Black Friday ist in den USA der Freitag nach Thanksgiving, das immer am vierten Wochenende im November gefeiert wird. In den USA gilt er als Einstieg in das Weihnachtsgeschäft, ködert Kunden mit besonderen Angeboten, Werbegeschenken und natürlich Rabatten. In Deutschland ist der Black Friday seit rund sieben Jahren wahrnehmbar und gewinnt an Bedeutung. Die stationären Händler, die den Impuls aus dem Netz aufgegriffen haben, zeichnen aber ein ambivalentes Bild. Da sich das Weihnachtsgeschäft immer weiter nach hinten verschiebt, könnte der Black Friday zu einem noch vernünftigen Zeitpunkt frequenzfördernd wirken, dies wird aber teilweise mit zu hohen Rabatten erkauft. Hilfreich ist der Black Friday vor allem dann, wenn das Wetter für das Winter- und Weihnachtsgeschäft schlecht ist. Und schlecht meint hier: zu gut. Denn wenn das Wetter eher an einen lauen Frühjahrs- oder Herbsttag erinnert, will weder Winter- noch Weihnachtslaune aufkommen.

Schließlich weitet sich mittlerweile der Singles’ Day zu mehreren Singles’ Days aus und der Black Friday entwickelt sich zu einem Black Weekend, gefolgt vom Cyber Monday. Ob auf Dauer eine der­artige Reizüberflutung den tatsächlichen Erfolg bringt oder nur zu Kaufverschiebungen führt, die durch die Rabattierung teuer erkauft sind, muss im Zeitverlauf analysiert werden. Dem stationären Handel bleibt wohl nichts anderes übrig, als über eine Mischung aus Angeboten, Rabatten und Events den Black Friday und zuvor gegebenenfalls den Singles’ Day als verkaufsförderndes Ereignis zu nutzen, will man nicht zu viele Marktanteile ans Netz verlieren.

Zwischen Black Friday und 24. Dezember starten dann nochmals Aktionen im Handel, insbesondere dann, wenn das Weihnachts­geschäft nicht anläuft und damit auszufallen droht, was für einige Branchen existenziell werden kann. Und schließlich kommt ja noch die Phase nach Weihnachten. Diese wird deshalb besonders interessant, da vor allem Geld und Gutscheine verschenkt werden, die es dann einzulösen gilt, was über preisliche Anreize gesteuert werden kann.

Sollten Apotheken hier mitmischen? Ja und nein. Die Termine sind für alle relevant oder – besser – können für alle relevant sein, sie zu ignorieren verbietet sich geradezu an manchen Standorten, an denen andere Händler das Feld intensiv besetzen. Aber Singles’ Day und Black Friday sowie die Aktionsangebote des Handels im Dezember können von Apotheken auch genutzt werden, Besonderheiten anzubieten, spezielle Dienstleistungen in den Fokus zu rücken oder die auch sonst angebotenen Aktionen in diesen Mittelpunkt zu stellen. Das muss nicht sein, da Arzneimittel sich nicht per se dafür aufdrängen, und auch nicht zwingend nur über den Preis. Und das kann sein, wenn sich dafür Spielräume ergeben. Auf jeden Fall sollte darüber nachgedacht werden, verworfen ist schnell, kurz mal geplant nicht.

Gepaart mit in Apotheken angedachten Events zu Advent und Weihnachten, wird daraus sogar ein Aktionsprogramm, das sich sehen lassen kann. Menschen lieben Weihnachten, allein die Gestaltung unserer Städte, der Schaufenster und der damit einhergehende von Menschen betriebene Aufwand, was Geschenke anbetrifft, lohnt darüber nachzudenken, wie man das Thema in Apotheken nutzt und bespielt. Der Vorteil ist, dass es eine Zeit ist, auf die alle gleichermaßen ge­triggert werden, sodass sich der Aufwand lohnen kann.

In diesem Jahr könnte aber alles anders sein. Wie stark wirkt das Virus auf derlei Aktivitäten? Werden sie sogar noch intensiviert, damit die fehlenden Frühjahrs- und Ganzjahresumsätze teilweise wieder reingeholt werden? Oder übt sich der Handel eher in Zurückhaltung, je nachdem, wie restriktiv Einkaufen betrieben werden muss? Kommen viele Sonderaktionen vor Weihnachten oder eher wenige? Danach sind wir schlauer – na dann: Jauchzet, frohlocket! |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des 
Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.