Interpharm 2019 – Männerkrankheiten

Penis, Pumpe, Prostata

Welche Supplemente braucht der Mann wirklich?

sf | Informationen zu einem Lebensmittel bzw. zu Nahrungsergänzungsmitteln dürfen diesem weder eine Wirkung auf eine Krankheit zuschreiben, noch den Eindruck erwecken, dass es eine solche Eigenschaft hätte. Gesundheitsbezogene Aussagen, sogenannte Health Claims, sind jedoch für bestimmte Lebensmittel zulässig. Aber Vorsicht: Es reicht ein einziger Inhaltsstoff im Präparat, für den ein Health Claim genehmigt wurde, damit dieser für werbliche Aussagen zum Produkt genutzt werden darf. Prof. Dr. Martin Smollich, Lübeck, erläuterte, hinter welchen Nahrungsergänzungsmitteln für Männer mehr steckt als falsche Versprechungen.
Foto: DAZ/Matthias Balk
Prof. Dr. Martin Smollich

Libido/Potenz. Nach einer mit Maca-Extrakt bzw. Placebo versetzten Mahlzeit kam es in der Verum-Gruppe deutlich häufiger zu Geschlechts­verkehr – allerdings handelte es sich dabei um eine Studie mit Mäusen. Bei Männern erhöhte Maca-Pulver in zwei kleinen Studien zwar die Spermienzahl, eine Auswirkung auf die Libido ist jedoch nicht belegt. Auch die Wirkungen, die Extrakten aus dem Erdsternchen Tribulus terrestris zu­geschrieben werden, basieren auf Studien zur Kopulationsfrequenz von Ratten. Eine Wirkung bei Männern ist nicht belegt.

Das Indolakaloid Yohimbin bewirkt als α2-Antagonist eine Vasodilatation und hat tatsächlich eine geringe Wirksamkeit bei erektiler Dysfunktion. Wegen schwankender Bioverfügbarkeit und schlechter Verträglichkeit ist die Anwendung jedoch obsolet und die Verwendung von Yohimbe-Rinde in Lebensmitteln nicht erlaubt. Auch für Ginsenoide existieren Hinweise auf eine geringe Wirksamkeit bei erektiler Dysfunktion. Allerdings sind sie Inhibitoren des Gerinnungsfaktors Xa und können das Blutungsrisiko erhöhen.

Was steckt in Nahrungsergänzungsmitteln?

Bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) handelt es sich um Lebensmittel, für die gesundheitsbezogene Aussagen getroffen werden dürfen (Health Claims), aber keine krankheitsbezogenen. Nach der europäischen Health-Claims-Verordnung sind gesundheitsbezogene Angaben bei NEM gestattet, wenn diese zuvor wissenschaftlich bewertet und von der EU-Kommission zugelassen worden sind. Nur solche Health Claims dürfen verwendet werden, die in einer entsprechenden Positiv­liste aufgeführt sind. Nahrungsergänzungsmittel können laut Nahrungsergänzungsmittelverordnung aber nicht nur ein „Konzentrat von Nährstoffen“ sein sondern auch von „sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“. Diese „sonstigen Stoffe“ sind vor allem Stoffe aus Pflanzen, Algen, Pilzen oder Flechten – sogenannte Botanicals. Für Botanicals gibt es aber keine Positivliste mit Health Claims, bei den „sonstigen Stoffen“ werden gesundheitsbezogene Aussagen nicht überprüft. Jede noch so abenteuerliche Behauptung kann in der Werbung verwendet werden – und gerade wenn es um Potenzmittel geht, schient der Fantasie kaum eine Grenze gesetzt.

Weiterführende Links, die seriös über die Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln informieren:

www.klartext-nahrungsergaenzung.de

www.medizin-transparent.at

www.ernaehrungsmedizin.blog/

Asparaginsäure (DAA, D-aspartic acid) ist an der Regulation der Testo­s­teron-Produktion beteiligt, allerdings sind die Daten zum Einfluss einer Substitution auf die Testosteron-Synthese nicht eindeutig. Außerdem könnte die übermäßige Zufuhr zu Schäden an Herz und Niere führen. Daten bei erektiler Dysfunktion existieren keine. Dehydroepiandrosteron (DHEA), Pinienrindenextrakt und L-Arginin haben keine Auswirkung auf die erektile Dysfunktion.

Kardioprotektion. β-Sitosterol hemmt kompetitiv die intestinale Cholersterol-Resorption. Das heißt, man muss es gemeinsam mit Cholesterol-haltigen Lebensmittel zu sich nehmen, damit eine Wirkung eintritt. Der Effekt auf die Blutfettwerte ist deutlich geringer als bei Statinen.

Die kardioprotektive Wirkung von Omega-3-Fettsäuren wurde in zahl­reichen Studien und zuletzt in der Untersuchung VITAL widerlegt. In der REDUCE-IT-Studie zeigte sich dagegen eine Reduktion kardiovasku­lärer Ereignisse um 25% in der Verum-Gruppe versus Placebo. Allerdings wurde in dieser Studie kein Fischöl genutzt, sondern ein einzelner Fettsäureester mit hoher Bioverfügbarkeit in sehr hoher Dosierung eingesetzt.

Resveratrol, das in Weintrauben und anderen Beeren vorkommt, kann zwar zu einer leichten Blutdrucksenkung führen, ein Zusammenhang mit Mortalität und Morbidität wurde aber nicht bestätigt.

Benigne Prostatahyperplasie. Für Sägepalmfrüchte und Brennnessel existiert eine geringe Evidenz, nicht für Kürbiskerne, Pygeum, Sitosterol oder Weidelgras-Pollenextrakt.

Fazit

Für keine der Indikationen kann ein Präparat wirklich empfohlen werden. Außerdem muss immer damit gerechnet werden, dass bei Präparaten aus fraglichen Quellen in den Indikationen Libido oder Potenz zusätzlich PDE-5-­Inhibitoren wie Sildenafil in unbekannter Konzentration zugesetzt wurden. Vor einer unkontrollierten Einnahme von Selen und Vitamin E muss gewarnt werden, da es zu mehr Prostata-Karzinomen kommen könnte. |

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