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Persönlicher Einsatz macht den Unterschied

Heilberufler in Sachsen-Anhalt setzen sich für flächendeckende Versorgung ein

cae | Auf dem Neujahrsempfang der Heilberufler Sachsen-Anhalts am 11. Januar in Magdeburg war die künftige Versorgung im ländlichen Raum das beherrschende Thema.

Die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. Simone Heinemann-Meerz, stellte fest, dass sich die Altersstruktur der Bevölkerung Sachsen-Anhalts rasant verändert und die Behandlungsbedürftigkeit daher stetig zunimmt. Obwohl die Anzahl praktizierender Ärzte, Apotheker und Psychotherapeuten ebenfalls steige, erhöhe sich deren Belastung deutlich. Andererseits gehen viele Heilberufler in naher Zukunft in den Ruhestand, was das Versorgungsproblem verschärfen werde, zumal die nachrückende Heilberuflergeneration mehr Wert auf die Work-life-balance lege.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, Dr. Burk­hard John, möchte die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung so weit wie möglich erhalten, erwartet jedoch, „dass nicht mehr jede Praxis im ländlichen Bereich nachbesetzt werden kann“.

Für die Apotheker ergänzt Kammerpräsident Dr. Jens-Andreas Münch: „In Orten, in denen Ärzte praktizieren, in denen aber keine Apotheke ­ansässig ist, sichern wir die wohnortnahe Arzneimittelversorgung mittels Rezeptsammelstellen.“

Versorgung auf dem Dorf – ein Beispiel

Münch berichtete dann von einer „besonderen Vor-Ort-Serviceleistung“ einer Apotheke in Gommern. Die Apotheke erhielt ein Rezept für ein Betäubungsmittel gegen starke Schmerzen für eine 50-jährige Tumorpatientin, die am Abend zuvor aus der Klinik entlassen worden war und etwa 15 km von Gommern entfernt wohnte. Der Apothekeninhaber lieferte das Medikament persönlich und erläuterte die Dosierung. Da sich herausstellte, dass der Patientin weitere Medikamente fehlten, kontaktierte er die behandelnde Ärztin, die die notwendigen Rezepte ausstellte. Ein verschriebenes Originalpräparat tauschte der Apotheker gegen ein Generikum aus, um der Patientin 50 Euro Zusatzkosten zu ersparen. Drei Stunden nach der ersten Belieferung brachte er die weiteren Arzneimittel. Dort bemerkte er im Entlassungsbrief, den ihm die Patientin leider erst jetzt zeigte, zwei Verordnungsfehler: Ein Medikament hatte die falsche Stärke, und ein Betäubungsmittel fehlte komplett. Ein erneuter Kontakt mit der Ärztin sorgte für das nötige Rezept. Da dieses Betäubungsmittel nicht in der Apotheke vorrätig war und der Großhandel in Magdeburg es nicht mehr am selben Tag liefern konnte, holte es der Apotheker persönlich dort ab und brachte es der Patientin. Der Apotheker fuhr insgesamt 125 km und investierte mehrere Stunden seiner Arbeitszeit für diese Patientin. Ohne seinen Einsatz hätte wahrscheinlich in der Nacht ein Notarzt gerufen werden müssen.

Doch das bewährte Apothekenwesen wird durch ausländische Arzneimittelversender bedroht, die Patienten mit Bonuszahlungen ködern. „Wenn sich jetzt mehr Patienten für die Belieferung durch einen Versandhändler entscheiden, wird die Mischkalkulation der Vor-Ort-Apotheke zerstört, und das bestehende System funktioniert nicht mehr. Dann werden die im Beispiel geschilderte persönliche Betreuung und schnelle Versorgung nicht mehr möglich sein – zum Nachteil der Patienten. Ärztliche Notdienste und Klinikambulanzen würden dadurch noch mehr gefordert werden“, warnte Münch.

Apotheken brauchen Rx-Preisbindung

Thomas Rößler, 1. stellvertretender Vorsitzender des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt, erläuterte die wirtschaftliche Situation der Apotheken, die wesentlich auf der Preisbindung für Rx-Arzneimittel und dem einheitlichen Honorar pro Abgabe einer Packung beruht. Wenn den Vor-Ort-Apotheken durch den Rx-Versandhandel die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird, dann sei ein persönlicher Service, wie ihn Münch geschildert hat, nicht mehr möglich. |

Quelle: www.ak-sa.de, Meldungen vom 11.1.2017

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