Thema Kinderwunsch

Was tun, wenn der Eisprung ausbleibt?

Methoden zur Ovulationsinduktion im Vergleich

Von Beate Fessler | Wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt, kann eine ovarielle Störung mit Anovulation oder Oligoovulation dahinterstecken. Die Ursachen für den ausbleibenden Eisprung sind vielfältig, wie etwa Störungen der hypothalamisch-hypophysären Achse oder der Ovarialfunktion. Therapeutische Strategien setzen unter anderem auf Letrozol, Clomifen, Metformin und Kombinationen. Letrozol und Clomifen plus Metformin scheinen einem neuen Review zufolge am erfolgversprechendsten zu sein. Allerdings sind sie in Deutschland nicht für diese Indikation zugelassen. Auch Gonadotropine schnitten gut ab, führten aber gehäuft zu Mehrlingsschwangerschaften.

Ob gewollt oder ungewollt: Immer mehr Paare in Deutschland sind kinderlos. Eine vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie, publiziert Mitte 2015, zeigt: Von allen kinderlosen Frauen und Männern im Alter zwischen 20 und 50 Jahren sind 75% gewollt kinderlos, 25% hätten allerdings gerne ein Kind, aber es klappt nicht [1]. Eine solche „sterile Partnerschaft“ liegt laut Weltgesundheitsorganisation vor, wenn ein Paar mit regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr innerhalb von zwei Jahren nicht schwanger wird. Eine mögliche Ursache ungewollter Kinderlosigkeit sind ovarielle Störungen: Es findet kein regelmäßiger oder gar kein Eisprung statt. Oligo- oder Anovulation sind in etwa einem Viertel der Fälle der Grund, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt.

Amenorrhoe als Indikator

Amenorrhoe sowie Zyklen, die kürzer als 21 Tage oder länger als 35 Tage sind, können Hinweis auf einen fehlenden Eisprung sein. Besser ist der Blick auf die Basaltemperatur: Üblicherweise steigt die Körpertemperatur um den Zeitpunkt des Eisprungs an. Findet kein Eisprung statt, bleibt der Temperaturanstieg aus. Wegweisend sind aber letztlich Hormonbestimmungen im Blut sowie die Untersuchung per Ultraschall. Damit lässt sich meist erkennen, ob ein Ei heranreift und ein Eisprung stattfindet – oder eben nicht.

Ovarielle Störung: verschiedene Ursachen

Die Ursachen einer ovariellen Störung mit Anovulation oder Oligoovulation sind vielfältig und spielen sich auf verschiedenen hormonellen Steuerungsebenen ab. So können Störungen der hypothalamisch-hypophysären Achse den Eisprung verhindern oder auch Störungen der Eierstockfunktion. Von der WHO wurden schon 1976 ovarielle Störungen in sieben Gruppen klassifiziert, heute werden drei Typen unterschieden [2].

Der WHO Typ I wird beschrieben als hypogonadotrope, hypogonadale Oligo- oder Anovulation und ist mit 5 bis 10% aller ovarieller Störungen eher selten. Typisch: Er geht oft einher mit Gewichtsabnahme, intensiver sportlicher Betätigung oder auch Essstörungen. Er kann deshalb gerade bei jungen Leistungssportlerinnen, nicht selten bei Ballett­tänzerinnen, einen Kinderwunsch zunichtemachen.

Die häufigste Form ist der WHO Typ II, dem sich 70 bis 85% der Frauen mit Ovulationsstörungen zuordnen lassen. Charakteristisch ist eine Dysfunktion der hypothalamisch-­hypophysären Steuerung der Ovulation mit einer normo­östrogenen Oligo- oder Anovulation. Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) und Prolaktin sind normal. Nicht selten steckt bei diesen Frauen ein polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) hinter der Fertilitätsstörung. Das PCOS ist eine der häufigsten hormonellen Auffälligkeiten. Sie findet sich bei über 10% aller Frauen [3]. Typisch sind Zyklusstörungen, häufig mit Anovulation, die von Hirsutismus und anderen Androgenisierungserscheinungen begleitet werden. Etwa die Hälfte der Patientinnen ist übergewichtig. Das luteinisierende Hormon (LH), das für die Produktion der männlichen Hormone im Eierstock verantwortlich ist, ist erhöht. Diese Zeichen müssen nicht gleichzeitig auftreten, um die Diagnose stellen zu können. Auch einzelne Symptome können auf ein polyzystisches Ovarialsyndrom hinweisen. Nach den Rotterdam-Kriterien müssen zwei der drei Kriterien erfüllt sein:

  • Oligo- oder Anovulation,
  • klinische und/oder biochemische Zeichen der Hyper­androgenisierung,
  • polyzystische Ovarien.

Andere Ursachen müssen ausgeschlossen sein.

Der WHO Typ III ist typisch für eine hypergonadotrope, hypoöstrogene Anovulation. In diese Gruppe fallen Frauen mit vorzeitiger Menopause oder iatrogener Schädigung der Ovarien. Auch eine ovarielle Endometriose oder ein Zustand nach Beckenbestrahlung bei malignen Erkrankungen gehören in diese Kategorie [4]. Die anderen Gruppen umfassen als Ursache Hyperprolaktinämie, kongenitale oder erwor­bene Missbildungen oder auch raumfordernde Prozesse im Bereich von Hypothalamus und Hypophyse.

Ovulationsinduktion: Strategien im Vergleich

In einem kürzlich publizierten systematischen Review wurden Strategien zur Ovulationsinduktion für Frauen mit ovarieller Störung der WHO-Gruppe II genauer unter die Lupe genommen [5]. Ziel war es, die Wirksamkeit von Optionen für die First-line-Therapie bei Frauen zu testen, die gerne schwanger werden wollen. Als Datenquelle wurden das Cochrane Central Register kontrollierter Studien, Medline und Mbase bis zum 11. April 2016 herangezogen. Ausgewählt wurden randomisierte, kontrollierte Studien, die eine oder mehrere der gängigen Behandlungsmethoden der Anovula­tion bei Frauen der WHO-Gruppe II untersuchten, nämlich: Clomifen, Letrozol, Metformin, Clomifen plus Metformin, Tamoxifen, Gonadotropine sowie laparoskopisches ovarielles Drilling (siehe Kasten), und zwar im Vergleich zu Placebo bzw. keiner Therapie. Die Qualität der Studien musste den Anforderungen der Cochrane Collaboration entsprechen. Primärer Endpunkt war eine klinische Schwangerschaft. Lebendgeburt, Ovulation, Fehlgeburt und Mehrlingsschwangerschaften waren als sekundäre Endpunkte definiert.

Wie Clomifen, Letrozol und Metformin wirken

Clomifen ist ein nicht-steroidaler selektiver Estrogen-­Rezeptormodulator. Er hebt die negative Rückkopplung der Estrogene im Hypothalamus auf, indem er die Estrogen-­Rezeptoren inhibiert. Das führt zu einer Freisetzung von Gonadoliberin, einer erhöhten Gonadotropin-Ausschüttung und letztlich zur Ovulation.

Letrozol ist ein nicht-steroidaler Aromatase-Inhibitor, der zur postmenopausalen Brustkrebstherapie zugelassen ist. Er ist kein Estrogen-Rezeptormodulator, inhibiert jedoch durch Hemmung des für die Estrogen-Synthese essenziellen Enzyms Aromatase die Estrogenbildung. Niedrige Estrogen-Spiegel lösen ebenfalls durch Aufhebung der negativen Rückkopplung der Estrogene im Hypothalamus eine Ovula­tion aus.

Metformin. Frauen mit einem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) sind meist übergewichtig. Häufig ist bei ihnen eine Insulinresistenz nachweisbar, die pathogenetisch die Entwicklung des PCOS zu verstärken scheint. Daher ist ihr Risiko für Diabetes mellitus oder kardiovaskuläre Erkrankungen mehrfach erhöht. Folge der chronischen Anovula­tion ist in der Regel die Sterilität, wobei auch dieses Risiko mit dem Body-Mass-Index der Frauen steigt. Neben der zwingenden Gewichtsabnahme stellen orale Antidiabetika wie Metformin eine therapeutische Option dar.

Besser als Clomifen-Mono: Letrozol oder Clomifen plus Metformin

Letztlich wurden 57 Studien mit insgesamt 8082 Frauen ausgewertet. Alle pharmakologischen Therapiestrategien waren Placebo bzw. „keiner Intervention“ mit Blick auf eine klinische Schwangerschaft oder Ovulation überlegen. Die Letrozol-Monotherapie sowie die Kombination aus Clomifen plus Metformin waren wirksamer als eine Clomifen-Monotherapie. Die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsschwangerschaften war unter einer Fertilitätsbehandung mit Letrozol oder Metformin niedriger als unter einer Monotherapie mit Clomifen, nämlich um 54% bzw. 78%. Fazit: Bei Frauen aus der WHO-Gruppe II der ovariellen Störungen sind Letrozol und die Kombination aus Clomifen und Metformin einer Clomifen-Monotherapie überlegen. Vergleicht man nur die Monotherapien, führt Letrozol allein zu signifikant mehr Lebendgeburten als Clomifen allein. Letrozol wird denn auch als First-line-Behandlung empfohlen, aufgrund der höheren Ovulations-, Schwangerschafts- und Lebendgeburtraten und der geringen Rate an Mehrlingsschwangerschaften. Beim Blick auf die Zahl der Fehlgeburten, wie sie bei Frauen mit PCOS unter Letrozol immer wieder diskutiert werden, wurden keine Unterschiede gefunden. Aber auch die Kombination aus Clomifen und Metformin gilt als erste Wahl. Die fehlende Evidenz für erhöhte Lebendgeburtraten könnte dem Design der Studien geschuldet sein, so die Autoren. Eine Monotherapie mit Clomifen sehen sie dagegen als weniger geeignet an. Sehr wohl effektiv sind auch die Gonadotropine. Das Problem: Die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsschwangerschaften ist hier besonders hoch. Sie werden deshalb in dieser Patientinnengruppe nicht als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Der Wermutstropfen: Trotz der überzeugenden Ergebnisse sind in vielen Ländern, auch in Deutschland, weder Letrozol noch Metformin für diese Indikation zugelassen und müssen wenn, dann off-label eingesetzt werden. In einem Positionspapier der Europäischen Gesellschaft für Endokrinologie aus dem Jahr 2014 wird als Ovulationsinduk­tion der ersten Wahl bei PCOS Clomifen empfohlen [6].

Fruchtbarkeits-Wearables: besser als Temperaturmessung?

Wenn Frauen nicht – so rasch wie gewünscht – schwanger werden, kann es auch am verpassten Zeitpunkt liegen. Schon immer war die Messung der Basaltemperatur eine Möglichkeit, den Eisprung nicht zu verpassen. Seit Kurzem gibt es sogenannte „Fruchtbarkeits-Wearables“, die – für teures Geld – den richtigen Moment noch genauer vorhersagen sollen. Was davon zu halten ist, fragte DAZ Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte e. V.. Sein Statement:

Foto: Berufsverband der Frauenärzte
Dr. Christian Albring

„Seit Kurzem gibt es Wearables, tragbare Geräte zur Messung von Körperfunktionen inklusive Datenauswertung, nicht nur für Fitness und Sport, sondern auch für die Kontrolle für Zyklus und Eisprung. Bei diesen Wearables muss die Frau nicht mehr selbst an die morgendliche Temperaturmessung denken, sondern das Gerät übernimmt diese Aufgabe. Bei einer der beiden derzeit erhältlichen Methoden handelt es sich um ein Armband, das nur nachts getragen wird. Das andere ist ein kleiner Ring, der in der Vagina platziert wird und dort ab dem Ende der Menstruation bis zum Beginn der nächsten Menstruation verbleibt. Beide Methoden sind wissenschaftlich geprüft und erheben den Anspruch, durch ihre dauerhaften Messungen den Zeitpunkt des Eisprungs – nach mehreren Zyklen auch im Voraus – und die fruchtbaren Tage sehr genau bestimmen zu können. Beide Methoden wirken zuverlässiger und weniger fehleranfällig als die bisherige, einmal tägliche Temperaturmessung zur Bestimmung der Ovulation. Die LH-Messung mit Teststreifen und die Beobachtung des Zervixschleimes sollen laut Auskunft der Hersteller entfallen können, ohne dass die Methode an Präzision einbüßt. Beide Entwicklerteams haben bisher den strukturierten Dialog mit der Frauenheilkunde in Deutschland nicht aufgenommen. Deshalb ist eine unabhängige Bewertung von Zuverlässigkeit, Aussagekraft und Handling derzeit nicht möglich.“

Mit LOD die Ovulation ankurbeln

Auch operativ lässt sich die Fertilität verbessern. Die „laparoskopische ovarielle Thermokoagulation“, auch als „laparoskopisch ovarielles Drilling“ (LOD) bezeichnet, wird in der Regel bei Clomifen-resistenten Frauen versucht. Dabei werden auf der Oberfläche des Ovars Stichelungen mit Laser oder Elektrokoagulation gesetzt und so der Eisprung angeregt. In die Metaanalyse von Wang et al. konnte nur eine kleine randomisierte, kontrollierte Studie zur LOD eingeschlossen werden. Sie wird empfohlen als Zweitlinien-Therapie bei Frauen mit Clomifen-resistentem PCOS. |

Literatur

[1] Ungewollte Kinderlosigkeit: Studie und neues Internetportal helfen weiter. Informationen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 19. Juni 2015, www.bmfsfj.de

[2] Weibliche Sterilität: Ursachen, Diagnostik und Therapie; Editors: Klaus Diedrich, Springer Verlag 1998

[3] Polyzystisches Ovarsyndrom. Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Informationen des Universitätsklinikums Heidelberg, www.klinikum.uni-heidelberg.de

[4] Keck C. Kinderwunschbehandlung in der gynäkologischen Praxis: sinnvolle Diagnostik und Therapiestrategien für Frauenärzte, Georg Thieme Verlag 2013

[5] Wang R et al. Treatment strategies for women with WHO group II anovulation: systematic review and network meta-analysis. BMJ 2017;356:j138

[6] Conway G et al. The polycystic ovary syndrome: a position statement from the European Society of Endocrinology. Eur J Endocrinol 2014;171:1-29

[7] Informationen des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), www.frauenaerzte-im-netz.de www.frauenaerzte-im-netz.de

[8] Breckwoldt M, Kaufmann M, Pfeiderer A. Gynäkologie und Geburtshilfe. 5. Auflage, Stuttgart Georg Thieme Verlag 2008

Autorin

Dr. Beate Fessler ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin unter anderem für die Deutsche Apotheker Zeitung.

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