Arzneimittel und Therapie

Übergewichtige Wunschkinder

Bei PCOS erhöht Metformin-Gabe während der Schwangerschaft das Risiko der Nachkommen

Frauen mit polycystischem Ovarsyndrom (PCOS) und Kinderwunsch erhalten immer häufiger Metformin, um die Konzeption zu verbessern. In einigen Ländern wird Metformin auch nach Eintritt einer PCOS-Schwangerschaft weiterverordnet. Metformin passiert jedoch die Plazentaschranke. Inwiefern Metformin bei PCOS-Schwangerschaften Einfluss auf die Nachkommen hat, wurde nun in einer Studie in Norwegen untersucht. Hierbei wurde ein erhöhtes Risiko für Übergewicht bei den Kindern beobachtet.

Frauen mit polycystischem Ovarsyndrom (PCOS) weisen häufig eine Insulinresistenz auf. Trotz fehlender Zulassung bei PCOS kann der Einsatz von Metformin, dem Mittel der ersten Wahl bei Typ-2-Diabetes, hier sinnvoll sein. Das Biguanid erhöht die Insulinsensitivität, senkt die Insulinspiegel und besitzt vermutlich auch direkte ovarielle Effekte, wodurch die Fertilität positiv beeinflusst wird. Um herauszufinden, welchen Einfluss die Einnahme von Metformin während einer PCOS-Schwangerschaft auf die Nachkommen hat, wurden nun Folgeuntersuchungen ausgewertet.

Hierfür wurden die Gesundheitsdaten der Nachkommen von Frauen aus zwei randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien analysiert. Die Frauen der Interventionsgruppe hatten in den beiden Studien 1700 – 2000 mg Metformin ab dem ersten Trimester bis zur Geburt ihres Kindes erhalten, die Kontrollgruppe Placebo. Insgesamt wurden Daten von 182 Kindern ausgewertet. Hierbei wurde der Kopfumfang bis zum Alter von einem Jahr untersucht, die Körpergröße, das Körpergewicht und der Body-Mass-Index (BMI) bis zum Alter von vier Jahren.

Metformin bei PCOS

Das polycystische Ovarsyndrom (PCOS) ist mit 5 – 20% Betroffenen eine der häufigsten endokrinologischen Erkrankungen bei Frauen. Die Stoffwechselstörung ist durch eine seltene/ausbleibende Periode, eher männliche Behaarung, Hautunreinheiten, fettiges Haar sowie oftmals Übergewicht gekennzeichnet. Betroffene Frauen weisen erhöhte männliche Hormon­spiegel, vergrößerte Eierstöcke mit zahlreichen kleinen Follikeln, gesteigerte Insulinspiegel und eine Insulinresistenz auf.

Foto: Ольга Тернавская – stock.adobe.com

Metformin wird bei PCOS off-label eingesetzt. Es senkt den Insulin- und Androgenspiegel und unterstützt dadurch die Follikelreifung. Bei übergewichtigen Frauen mit PCOS sollte an erster Stelle jedoch eine Gewichtsreduktion von 5 – 10% stehen. Dadurch wird oftmals eine regelmäßige Ovulation erreicht. Bei normalgewichtigen Frauen mit PCOS und Insulinresistenz gilt Metformin als Mittel erster Wahl. Ist dies nicht ausreichend, kann zusätzlich Clomifen zur Stimulation der Follikelreifung eingesetzt werden. Bei adipösen Frauen mit PCOS ist hingegen Clomifen dem Metformin überlegen. Bei Eintreten einer Schwangerschaft wird empfohlen, Metformin abzusetzen, da es keine Evidenz für eine Reduktion der Schwangerschafts- und Geburtsrisiken gibt.

Höheres Körpergewicht im Alter von vier Jahren

Bei der Geburt unterschieden sich die Kinder der beiden Gruppen in keinem der vier Parameter (Kopfumfang, Körpergröße und -gewicht, BMI) signifikant. Nach einem Jahr wurde eine vergleichbare Entwicklung des Kopfumfangs beobachtet (p = 0,093). Ebenso waren die Kinder nach vier Jahren in beiden Gruppen etwa gleich groß (p = 0,651). Im Alter von vier Jahren hatten die Kinder der Interventionsgruppe allerdings ein signifikant höheres Körpergewicht (p = 0,017) und einen signifikant erhöhten BMI (p = 0,010). Während in der Kontrollgruppe 18% der Kinder im Alter von vier Jahren übergewichtig oder adipös waren, waren es in der Interventionsgruppe bereits 32%. Um einen zu­sätzlichen Fall von Übergewicht oder Adipositas zu beobachten, müssten den Studienergebnissen zufolge 7,4 Frauen mit Metformin behandelt werden. Unklar bleibt jedoch, inwiefern die Fettverteilung beeinflusst wird. |

Quelle

Hanem LGE et al. Metformin use in PCOS pregnancies increases the risk of offspring overweight at 4 years of age; follow-up of two RCTs. J Clin Endocrinol Metab 2018; doi: 10.1210/jc.2017-02419

220. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) zum Einsatz von Metformin vor und während der Schwangerschaft bei Frauen mit PCOS und Kinderwunsch. 2015. www.dggg.de; Abruf am 22. März 2018

Metformin. www.embryotox.de; Abruf am 22. März 2018

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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