Therapien im Gespräch

Krebsvorsorge und Krebstherapie

Vorstufen rechtzeitig beseitigen und das Immunsystem aktivieren

cae | Obwohl ein Krebs in jedem Lebensalter auftreten kann, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung ab etwa 50 bis 60 Jahren steil an. Warnungen vor Zigarettenkonsum und lokale Rauchverbote haben die Inzidenz von Lungenkrebs gesenkt, gezielte Vorsorgeuntersuchungen die Inzidenz von Mamma-, Prostata- und Kolonkar­zinomen. Innovative Arzneimittel leisten ebenfalls einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen den Krebs.

Was bringen Antioxidanzien?

Viele Krebspatienten hoffen, durch Antioxidanzien (β-Carotin, Vitamin C, Vitamin E, Acetylcystein, Glutathion, Selen u. a.) ihr Befinden oder sogar ihre Prognose verbessern zu können. Ernährungsmediziner und Onkologen sehen diese sogenannten „Radikalfänger“ jedoch kritisch und raten von der Einnahme der Vitamin- und Mineralstoffpräparate ab, da sie unter Umständen sogar schaden können. Es gibt Hinweise, dass Antioxidanzien die Metastasierung von Tumoren fördern können (DAZ 2, S. 50).

Unter physiologischen Bedingungen bestehen bestimmte Konzentrationen reaktiver Radikale (Sauerstoffspezies u. a.). Bei einem Überschuss an Radikalen kommt es jedoch zum oxidativen Stress, der z. B. die DNA schädigen und dadurch kanzerogen wirken kann. Der Umkehrschluss, der allerdings nicht richtig ist, besagt, dass Antioxidanzien durch die Inaktivierung von Radikalen vor Krebs schützen und die Tumorprogression bremsen können. Tatsächlich ist die positive Wirkung antioxidativer Supplemente bei Krebspatienten mit ausreichendem Ernährungsstatus nicht belegt. Diesem pauschalen Urteil können zwar Einzelfallberichte über positive Therapieergebnisse wider­sprechen; diese haben jedoch nur ­einen geringen Evidenzgrad.

In der Krebsprophylaxe und Krebs­therapie spielt die Ernährung sicher eine Rolle. Was einzelne Nahrungsmittel betrifft, so senken z. B. Gemüse und Obst das Risiko, an einem Tumor im Gastrointestinaltrakt zu erkranken. Regelmäßiger Verzehr von Carotinoid-reichem Gemüse senkt das Lungenkrebsrisiko, wird jedoch isoliertes β-Carotin dauerhaft supplementiert, wirkt es kontraproduktiv: Es steigert das Krebsrisiko bzw. die Krebsprogression. Ansonsten ist von Salz, Fleisch und Alkohol bekannt, dass sie bei übermäßigem Verzehr bestimmte Formen von Krebs be­günstigen.

Befunde einer Sigmoidoskopie („kleine Darmspiegelung“). Quelle: Felix-Burda-Stiftung

Darmkrebs

Kolorektale Karzinome sind in Deutschland bei Frauen die zweithäufigste, bei Männern die dritthäufigste Krebserkrankung. Sie entwickeln sich aus gutartigen Vorstufen, die durch den Test auf okkultes Blut und die Koloskopie (Darmspiegelung) erkannt und dann durch eine chirurgische Operation beseitigt werden können. Die Vorsorge-Koloskopie, die im Jahr 2002 als Leistung der Krankenkassen bei Per­sonen ab 55 Jahren eingeführt wurde, weist eine stolze Erfolgsbilanz auf: ­Innerhalb von zehn Jahren wurden

  • rund 180.000 Krebsvorstufen und
  • rund 40.000 Karzinome in einem frühen Stadium, in dem noch reelle Heilungschancen bestehen,

entdeckt. Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums ergab, dass nach einer Koloskopie (und gegebenenfalls anschließender Therapie) das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, nur zehn Prozent des Risikos von Personen ohne Koloskopie beträgt (DAZ 8, S. 38).

Prostatakarzinom

Von der benignen Prostatahyperplasie zum Prostatakarzinom – dieser Weg ist eher die Ausnahme. Die meisten Karzinome entstehen in der peripheren Zone der Prostata, d. h. in dem am weitesten vom Blasenhals entfernten Segment. Deshalb kann er sich meistens ent­wickeln, ohne Störungen beim Wasserlassen zu verursachen. Bei einer Vorsorgeuntersuchung lässt er sich jedoch durch eine digitale Untersuchung des Rektums (Tastbefund) und labor­medizinisch durch Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) diagnostizieren. Weitergehende Untersuchungen legen dann nahe, welche Therapie gewählt werden sollte: Operation, Strahlentherapie, Hormon- oder Chemotherapie (DAZ 18, S. 38). Vom Therapieerfolg hängt wiederum die Nachbehandlung ab (DAZ 18, S. 44).

Zonen der Prostata. Die benigne Prostatahyperplasie beruht meistens auf einer Wucherung in der periurethralen Zone. Prostatakarzinome sind hingegen meistens in der peripheren Zone lokalisiert.

Aktinische Keratose: Vorbote vom weißen Hautkrebs

Das Plattenepithelkarzinom (weißer Hautkrebs) kann bereits in seinem Vorstadium, in dem es noch nicht bösartig ist, gut erkannt werden. Diese Präkanzerose heißt „Aktinische Keratose“. Sie tritt am häufigsten auf der Kopfhaut auf. Der größte Risikofaktor ist die häu­fige Exposition gegenüber intensiver UV-Strahlung; individuell korreliert das Risiko negativ mit dem Melanin-Gehalt der Haut. Wer also hellhäutig ist und sich im Sommer um die Mittagszeit stundenlang im Freien aufhalten will oder muss, sollte sich zuvor mit einem geeigneten Sonnenschutzmittel eincremen (DAZ 36, S. 56).

Foto: SPL/Dr. P. Marazzi
Eine aktinische Keratose auf der Kopfhaut. Charakteristisch sind ­rötliche Flecken mit Hautschuppen, Papeln und Plaques.

Etwa jede zehnte Aktinische Keratose entartet zum Plattenepithelkarzinom. Bei Patienten mit einer Immunsuppression steigt die Wahrscheinlichkeit der Kanzerogenese jedoch auf das Dreifache. Die in diesem Jahr verabschiedete internationale S3-Leitlinie zur Therapie der Aktinischen Keratose empfiehlt in erster Linie die Kryotherapie, photodynamische Therapien und bestimmte Arzneistoffe. Die Kryotherapie vereist die betroffene Stelle für wenige Sekunden mit flüssigem Stickstoff (- 195 °C). Die photodynamischen Therapien wenden lokal applizierte Photosensibilisatoren an, die anschließend mit rotem Licht bestrahlt werden; dadurch entstehen reaktive Sauerstoffspezies, die die Apoptose der präkanzerösen Zellen herbeiführen. Dermatika der 1. Wahl sind Zubereitungen mit dem Antimetaboliten 5-Fluorouracil (Efudix®, Actikerall®), dem Immundulator Imiquimod (Aldara®, Zyclara®) oder dem seit 2013 zugelassenen Ingenolmebutat (Picato®).

Hoffnung beim schwarzen Hautkrebs

Das Maligne Melanom ist viel aggressiver als das Plattenepithelkarzinom. Die Überlebenszeit nach einer Chemotherapie beträgt meistens nur wenige Monate. Arzneistoffe, die diese Zeit um einige Monate verlängern, werden schon als großer Fortschritt gefeiert. Vemurafenib (Zelboraf®) und Dabrafenib (Tafinlar®) hemmen im Zytosol der Krebszelle das Protein B-raf, während Trametinib (Mekinist®) und Cobimetinib (Cotellic®) dort das Protein MEK hemmen; beide Proteine sind Signal­transduktoren, die die Proliferationsrate der Krebszellen steigern. Die ­Arzneistoffe zielen also darauf ab, das Wachstum der Tumoren zu verlang­samen, stoppen können sie es jedoch nicht (DAZ 21, S. 40).

Foto: SPL/Dr. P. Marazzi
Das Maligne Melanom entwickelt sich aus entarteten Melanozyten.

Große Hoffnungen werden auf die Immunonkologie gesetzt. Diese verfolgt die Absicht, das körpereigene Immunsystem gezielt gegen Tumorzellen zu aktivieren. Als Arzneistoffe dienen verschiedene monoklonale Antikörper, die an bestimmte Oberflächenproteine von T-Lymphozyten binden. Dadurch sensibilisieren sie die Immunzellen, die bisher gegenüber den Tumorzellen quasi blind waren. Nach Ipilimumab (Yervoy®) wurden Nivolumab (Opdivo®) und Pembrolizumab (Keytruda®) erfolgreich getestet, wobei der Erfolg sich allerdings nur in wenigen gewonnenen Lebensmonaten bemisst. Bei den Immunonkologika ist also noch viel Luft nach oben. |

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