DAZ aktuell

Viel Aufwand für einen Testlauf

IQWiG schließt erste Kosten-Nutzen-Bewertung ab

BERLIN (tmb) | Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat am 30. November seine erste Kosten-Nutzen-Bewertung (KNB) abgeschlossen. Darin hat das Institut die Antidepressiva Bupropion, Duloxetin, Mirtazapin und Venlafaxin bewertet. Die Studie hat keine rechtlichen Folgen für Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen. Vielmehr geht es um die Praktikabilität der erstmals angewendeten Methode. Diese hat nun zu Ergebnissen geführt, aber der Aufwand dürfte ein starkes Argument gegen den Einsatz als Routineverfahren sein.

Die Bewertung geht auf einen Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses vom Dezember 2009 auf der Basis der damaligen Rechtslage zurück. Die damalige große Koalition hatte das Verfahren nutzen wollen, um Höchstpreise für neue Arzneimittel aus einer solchen Kosten-Nutzen-Bewertung abzuleiten. Inzwischen hat sich dies durch die neue frühe Nutzenbewertung mit anschließender Preisverhandlung weitgehend erübrigt. Allerdings ist die Kosten-Nutzen-Bewertung gemäß geltender Rechtslage weiterhin für den Fall vorgesehen, dass die Preisverhandlungen scheitern und eine Vertragsseite den folgenden Schiedsspruch nicht akzeptiert. Damit diente die Kosten-Nutzen-Bewertung der Antidepressiva auch als Test für einen solchen Fall.

Methode anwendbar

Im November 2012 hatte das IQWiG einen Vorbericht zur Kosten-Nutzen-Bewertung für die vier Antidepressiva veröffentlicht, der in der DAZ ausführlich vorgestellt wurde (siehe DAZ 2012, Nr. 48, S. 68). Die Ergebnisse des Abschlussberichtes sind demgegenüber in ihren Hauptaussagen unverändert. Im Rahmen der Kosten-Nutzen-Bewertung konnten Effizienzgrenzen für die Endpunkte Ansprechen, Remission und gesundheitsbezogene Lebensqualität aus Betrachtungen über acht Wochen hergeleitet werden. Für die langfristige Betrachtung über ein Jahr konnten aus Mangel an Daten keine Effizienzgrenzen konstruiert werden. Aus den Effizienzgrenzen für die kurzfristige Betrachtung wurden zusatznutzenbereinigte Erstattungspreise für Bupropion, Duloxetin, Mirtazapin und Venlafaxin bei der Indikation Depression abgeleitet. Die ermittelten Preise haben sich gegenüber dem Vorbericht nicht verändert. Ihre Mittelwerte liegen jeweils unter den tatsächlichen Preisen des Jahres 2010, aber die statistischen Schwankungsbreiten der gemäß dieser Bewertung „angemessenen“ Erstattungspreise sind erheblich.

Bewertung ohne rechtliche Folgen

Das IQWiG weist darauf hin, dass die eingehenden Nutzendaten dem Stand von 2010 und die Kostendaten dem Stand von 2011 entsprechen. Für aktuelle Ergebnisse müssten die Analysen aktualisiert werden. Da Venlafaxin und Mirtazapin mittlerweile in Festbetragsgruppen eingeordnet wurden, haben sich deren Preise verringert und damit die Kostendaten verändert. Das IQWiG hat dies jedoch nicht mehr berücksichtigt, denn die Bewertung hat nach der geltenden Rechtslage ohnehin keine rechtlichen Folgen. Dafür hatte das IQWiG ein anderes Ziel: „Wir wollten testen, ob die von uns favorisierte Methode der Effizienzgrenze tauglich ist und zu belastbaren Ergebnissen führt“, erklärte IQWiG-Chef Prof. Dr. Jürgen Windeler und ergänzte, „und dieser Test war erfolgreich.“

Offene Fragen

Doch weist auch das IQWiG in einer Pressemitteilung auf weiter bestehende Herausforderungen hin. Es sei immer noch strittig, wie verschiedene Aspekte von Nutzen und Schaden gewichtet und zu einer Gesamtaussage aggregiert werden sollen. Das IQWiG habe dazu Methoden testen lassen, die Patientenpräferenzen für diese Aufgabe nutzen. – Diese Bemerkung unterstreicht, dass das IQWiG hier offenbar Handlungsbedarf sieht, und ist praktisch relevant, weil sich diese wichtige Frage auch bei der frühen Nutzenbewertung stellt. – Zur Kosten-Nutzen-Bewertung beklagt das IQWiG den Mangel an Daten, insbesondere auf der Kostenseite. Denn die Abrechnungsdaten der Krankenkassen seien in Deutschland nicht frei verfügbar.

Trotz dieser Probleme erklärte Windeler, die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Bewertungen könnten „ein wichtiger Baustein sein, wenn es darum geht, über Preise zu verhandeln und Entscheidungen über Erstattungen zu treffen.“ Nun müsse über den Stellenwert dieses Bausteins diskutiert werden. Dabei müsse es auch darum gehen, wie viel Aufwand betrieben werden solle. Damit richtete der IQWiG-Chef das Augenmerk auf einen problematischen Aspekt des Verfahrens. Denn der Aufwand der vorgelegten Kosten-Nutzen-Bewertung war sehr erheblich, obwohl etliche angestrebte Betrachtungen aus Mangel an Daten gar nicht durchgeführt werden konnten. 

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