Prisma

Cortisol aktiviert das Bauchgefühl

(hel). Wenn wir uns unter Stress neues Wissen aneignen müssen, nutzt das Gehirn eher unbewusste als bewusste Lernprozesse. Neurowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum haben herausgefunden, dass Mineralcorticoid-Rezeptoren für diesen Wechsel des Lernsystems verantwortlich sind.

Hormone, die die Nebennierenrinde unter Stress ausschüttet, aktivieren Mineralcorticoid-Rezeptoren. Das Bochumer Team untersuchte 80 Probanden, von denen die Hälfte ein Medikament erhielt, das die Mineralcorticoid-Rezeptoren im Gehirn blockiert. Die übrigen Teilnehmer nahmen ein Placebo ein. Jeweils 20 Mitglieder aus jeder Gruppe wurden einem Stress auslösenden Erlebnis ausgesetzt. Anschließend absolvierten alle einen Lerntest, die sogenannte Wettervorhersage-Aufgabe. Die Probanden sahen Spielkarten mit unterschiedlichen Symbolen und mussten lernen vorherzusagen, welche Kartenkombinationen Regen ankündigen und welche Sonnenschein. Dabei zeichneten die Forscher die Hirnaktivität mit der Kernspintomografie auf.

Den Wettervorhersage-Test kann man auf zwei Arten meistern: Einige Probanden versuchen bewusst, eine Regel zu formulieren, anhand derer sie Sonnenschein und Regen vorhersagen können. Andere lernen unbewusst, quasi per Bauchgefühl, richtig zu antworten. Unter Stress bevorzugt das Gehirn unbewusstes Lernen. Dieser Wechsel zu einem anderen Gedächtnissystem passiert automatisch. Das sei sinnvoll, so die Wissenschaftler, denn auf diese Weise könne das Gehirn die Lernleistung auch unter Stress aufrechterhalten.

Das klappt aber nur mit funktionstüchtigen Mineralcorticoid-Rezeptoren. Blockierten die Forscher die Rezeptoren mit Spironolacton, schwenkten die Teilnehmer seltener auf eine unbewusste Strategie um und zeigten folglich eine schlechtere Lernleistung.

Die Effekte traten auch in den Kernspindaten zutage. Normalerweise verschiebt Stress die Hirnaktivität vom Hippocampus – einer Struktur für das bewusste Lernen – zum dorsalen Striatum, das unbewusstes Lernen vermittelt. Dieser stressbedingte Wechsel erfolgte aber nur in der Placebo-Gruppe, nicht bei Probanden, die den Rezeptorenblocker Spironolacton eingenommen hatten. Die Mineralcorticoid-Rezeptoren spielen also eine entscheidende Rolle dafür, dass das Gehirn sich an die Stresssituation anpassen kann. 

Quelle: Literatur: Schwabe, L., et al. 2013; Online: doi: 10.1016/j.biopsych.2013.06.001

Das könnte Sie auch interessieren

Wie ein Happy End unsere Wahrnehmung verzerrt

Ende gut, alles gut?

Erster nichtsteroidaler Mineralcorticoid-Rezeptor-Antagonist für Typ-2-Diabetiker zugelassen

Finerenon schützt Nieren und Herz

Durch die Nase direkt zum Hypothalamus und zu anderen Hirnregionen

Intranasales Insulin dämpft Hunger

Bimagrumab reduziert signifikant die Fettmasse

Die Fett-weg-Spritze für Diabetiker

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.