DAZ aktuell

Ziel: Qualitätsverbesserung bei der Beratung

DAZ-Interview mit Ulrike Flach, Parl. Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit

BERLIN (diz). Seit 12. Juni ist die neue Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) in Kraft. Die Apotheken werden mit zahlreichen neuen Bestimmungen konfrontiert, die, wie bei Gesetzes- und Verordnungstexten üblich, Spielräume für Interpretationen zulassen, so auch bei der ApBetrO. Und zum Teil für Irritationen sorgen. Wir fragten im Gesundheitsministerium nach und sprachen mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Ulrike Flach, was sich hinter dem Verordnungstext verbirgt, wie er zu verstehen ist und welche Stoßrichtung die Regierung mit der neuen ApBetrO verfolgte.
Beratung Die Apotheker sollen ihre Kunden nicht zwangsberaten, sondern aktiv beraten. Diese Richtung vertrat Ulrike Flach, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium im DAZ-Interview. Das Gespräch führte DAZ-Chefredakteur Peter Ditzel.


DAZ: Die neue Apothekenbetriebsordnung ist in Kraft. Unter den Apothekerinnen und Apothekern ist die Meinung dazu mehrheitlich positiv, "wir können damit leben". Aber es gibt auch zahlreiche kritische Stimmen und solche, die der Umsetzung der Neuerungen mit Sorge entgegensehen. Aus der Sicht des Ministeriums: Was steht hinter den Neuerungen, welche große Richtung verfolgt die neue Apothekenbetriebsordnung?

Flach: Die Zeit war reif, die bisherige Verordnung, die seit 1987 galt, anzupassen. Politischer Antrieb zur Anpassung der Verordnung war eindeutig eine Qualitätsverbesserung, zum einen im Bereich der Arzneimittelherstellung und zum andern im Bereich der Beratung. Das sind die beiden großen Stoßrichtungen dieser Verordnung. Ich glaube, dass wir dies zu großen Teilen erreichen konnten.


DAZ: Vor dem Hintergrund der Qualitätsverbesserung dürfte die nun vorgeschriebene Einführung eines Qualitätsmanagements für alle Apotheken zu sehen sein. Auf eine Zertifizierung eines QMS wurde allerdings verzichtet

Flach: Zunächst dachten wir daran, ein QMS nur für Apotheken einzuführen, die im Defekturmaßstab Arzneimittel herstellen. Wir wollten damit kleine Apotheken, die solche Arzneimittelmengen nicht selbst herstellen, vom Bürokratieaufwand eines QMS verschonen. Bei den zahlreichen Gesprächen, die wir im Laufe der Entstehung des Verordnungstextes führten, kristallisierte sich sehr schnell heraus, dass die Apothekerschaft selbst und die Bundesländer ein Qualitätsmanagementsystem für alle wollten. Wir haben ein QMS bekanntlich auch in anderen Bereichen ohne eine Zertifizierung durch Dritte, beispielsweise beim Großhandel oder in der pharmazeutischen Industrie. Hintergrund ist, dass es eine Überwachung durch die zuständige Behörde gibt, die sich auch um das QMS kümmern wird. Eine zusätzliche Zertifizierung wollten wir daher nicht verbindlich vorgeben.


DAZ: Schauen wir uns einige Paragrafen der neuen Verordnung an, beispielsweise Paragraf 4, Apothekenbetriebsräume. Für Unverständnis hat bei Heim- und Klinik-versorgenden Apotheken das Verbot geführt, keine Räume in den zu versorgenden Heimen und Kliniken anmieten zu dürfen, um dort beispielsweise die Arzneimittel zu stellen. Warum wird dies den Apotheken nicht erlaubt?

Flach: Wir haben den Grundsatz beibehalten, dass Räume von Kliniken und Heimen auf der einen Seite und Betriebsräume von Apotheken auf der anderen Seite strikt zu trennen sind. Meines Wissens wollten auch die Länder keine Dispensieranstalten, was auch in unserem Sinne ist. Deshalb haben wir damit eine klare Grenze gezogen.


DAZ: Bleiben wir bei Paragraf 4: Eine ausführliche Liste der Prüfmittel und Laborgeräte, die in der Apotheke vorhanden sein müssen, wurde gestrichen. Einerseits kann dies als Erleichterung gesehen werden, andererseits könnte dies Konfliktpotenzial mit den Überwachungsbehörden, mit den Pharmazieräten bergen, wenn es beispielsweise um die Frage geht, welches Laborgerät noch sinnvoll ist. Was war die Intention, die Listen zu streichen?

Flach: Die Sorge, von Regelungen der Selbstverwaltung oder Länderbehörden gemaßregelt zu werden, ist gerade im Gesundheitswesen immer gegeben. Trotzdem, wir setzen hier auf den Apotheker, der aufgrund seiner guten akademischen Ausbildung wissen müsste, welche Prüfmittel und Geräte in seiner Apotheke vorhanden sein müssen. Deshalb: Wir wollten an dieser Stelle eindeutig Bürokratie abbauen.


DAZ: Aber wie begegnen Sie dem Argument, dass man damit möglicherweise unterschiedliche Standards in den Bundesländern schafft? Vielleicht fordern die Pharmazieräte in Bayern andere Geräte in den Apotheken als die Behörden in Nordrhein?

Flach: Hier sehen wir keine Gefahr. Das ist eine Frage der Überwachung, die – so auch unser Wunsch – weitgehend einheitlich in den Bundesländern erfolgen sollte. So gibt es auch Bestrebungen der Länder, sich untereinander abzustimmen, um zu einer größeren Vereinheitlichung zu kommen.


DAZ: Ein Kuriosum am Rande: Die Absaugvorrichtung im Labor ist aber expressis verbis geblieben …

Flach: … aber das war nicht unser Wunsch. Wir hätten diese Bestimmung gerne abgeschafft. Die Apothekerschaft selbst und der Bundesrat wollten dies beibehalten.


DAZ: Für richtige Irritationen sorgte bei vielen Apothekeninhaberinnen und -inhaber dagegen die Bestimmung: "… die Offizin … soll "barrierefrei erreichbar sein". Sicher eine sinnvolle Bestimmung in der neuen ApBetrO, aber es gibt auf der anderen Seite einige ältere Apotheken, mitunter auch in denkmalgeschützten Häusern, die nur über Stufen erreichbar sind, und die nicht umbauen dürfen. Ein Dilemma. Was ist, wenn diese Apotheken zum Verkauf anstehen? Bekommen diese Apotheken dann keine Betriebserlaubnis mehr? Sind solche Apotheken unverkäuflich? Oder gibt es hier eine Art Bestandsschutz?

Flach: Die politische Zielrichtung dieser Verordnung trifft insbesondere die neuen Apotheken. Bei den bestehenden Apotheken muss man den Einzelfall betrachten. Die Barrierefreiheit ist grundsätzlich immer dann zu schaffen, wenn keine anderweitigen Vorschriften dagegen sprechen, beispielsweise der Denkmalschutz.


DAZ: Und wie stellt sich die Situation dar, wenn die Apotheke auf einen neuen Inhaber übergeht?

Flach: Rein formal gesehen wird beim Verkauf der Apotheke an einen anderen Apotheker eine neue Betriebserlaubnis erteilt. Man wird bei jeder Entscheidung, bei jeder neuen Betriebserlaubnis darüber nachdenken müssen, wie man einen barrierefreien Zugang ermöglichen könnte. Diese Bestimmung soll den Anstoß dazu geben, um das Mögliche zu ermöglichen. Es wird wahrscheinlich Ausnahmen geben, wo ein barrierefreier Zugang eben nicht machbar sein wird. Hier muss man sich dann mit der Behörde abstimmen.


DAZ: Bürokratieabbau war zwar ein erklärtes Ziel der neuen Apothekenbetriebsordnung. Nun ist aber dennoch neuer bürokratischer Aufwand hinzugekommen, zum Beispiel bei der Herstellung von Rezepturen und Defekturen. War dies notwendig?

Flach: Aus politischer Sicht war Handeln angesagt, weil es immer wieder zu Beschwerden gekommen ist. Wir hatten hier keinen problemfreien Raum. Wenn die Arzneimittelsicherheit gefährdet ist, sehen wir uns politisch in der Pflicht – das war der Hintergrund, hier zu handeln. Die Qualität von Rezepturen wurde teilweise nicht so umgesetzt, wie man es sich gewünscht hätte.


DAZ: Warum ging man dann nicht gleich den Weg, Rezepturen nur noch in Schwerpunktapotheken herstellen zu lassen?

Flach: Diese Forderung ist so nicht an uns herangetragen worden.


DAZ: Auf dem Gebiet der Herstellung im Defekturmaßstab ist der geforderte Aufwand mit der neuen Apothekenbetriebsordnung so groß geworden, dass ihn kleine Apotheken vermutlich nicht mehr erfüllen können. Für sie ist die Defektur tot. Musste es sein, dass hier quasi Anforderungen wie bei der industriellen Herstellung von Arzneimitteln zu erfüllen sind?

Flach: Die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung haben nichts mit den Vorschriften zu tun, wie es ein industrieller Maßstab erfordern würde. Die Vorschriften zu Defekturarzneimitteln unterscheiden sich nicht gravierend von denen der Rezepturarzneimittel. Zum Beispiel werden Inprozesskontrollen auch bei der Herstellung von Rezepturarzneimitteln gefordert, sofern sie möglich sind. Bei der Abfüllung von Kamillenblüten sind natürlich keine Inprozesskontrollen möglich. Aber bei der Herstellung im Defekturmaßstab geht es letztlich um Arzneimittel, die mehr Patientinnen und Patienten betreffen werden. Immerhin können bis zu 100 Patienten von einer Charge betroffen sein. Der Hauptunterschied zwischen Rezeptur und Defektur besteht in der Tat in der Endprüfung. Aber auch hier denken wir, dass aus Sicherheitsgründen eine solche Endprüfung erforderlich ist. Würde man nichts prüfen, wie es bisher möglich war, kann man nicht sicher sein, dass das hergestellte Produkt qualitativ in Ordnung ist. Wir haben allerdings keine Details für die Art der Prüfung vorgegeben, die am Endprodukt durchgeführt werden müssen. Hier besteht eine gewisse Flexibilität.


DAZ: Für Diskussionen im Vorfeld der neuen Apothekenbetriebsordnung sorgte die Zustellung durch Boten nur im Einzelfall. Warum wurde bei der Präsenzapotheke der Einzelfall beibehalten, während es bei Versandapotheken der Normalfall ist?

Flach: Hier sollte sich die Apothekerschaft überlegen, wie sie politisch vorgegangen ist. Die Apotheker wollten etwas anderes als wir. Wir hätten hier gerne eine Klarstellung vorgenommen. Wir wollten klarstellen, dass der Apotheker selbst entscheiden kann, ob er die Arzneimittel durch Angestellte der Apotheke ausliefern lässt oder nicht. Und das haben Apothekerschaft und Länder abgelehnt. Man wollte es beim Einzelfall belassen, den wir bereits seit Jahren in der Apothekenbetriebsordnung verankert haben.


DAZ: Interpretationsfähig ist die Bestimmung, dass die Beratung bei der Zustellung durch Boten in unmittelbarem Zusammenhang zu erfolgen hat. Was ist darunter zu verstehen? Wenn der Kunde sein Rezept persönlich in der Apotheke einlöst, kann ich ihn beraten und das Arzneimittel später zustellen. Was aber, wenn er seine Bestellung telefonisch oder per Fax aufgibt?

Flach: Wichtig ist, dass das pharmazeutische Personal die Beratung vornimmt, das geht auch telefonisch. Oder das pharmazeutische Personal berät bei der Übergabe der Arzneimittel an der Haustür.


DAZ: Aber dies ist natürlich eine Benachteiligung der Präsenzapotheke zur Versandapotheke. Man hätte dem Versandhandel hier mehr Paroli bieten können und eine Beratungspflicht auferlegen können.

Flach: In der Tat, wir hatten diese Regelung anders vorgehabt. Wir haben nicht verstanden, dass hier eine restriktive Lösung von der Apothekerschaft selbst verfolgt wurde. Allerdings sehen wir bei der Botenzustellung schon eine engere Zusammenarbeit zwischen Apotheke und Kunden als wenn der Kunde bei einer Versandapotheke bestellt. Man kann die Beratung bei der Botenzustellung auch telefonisch durchführen, aber das sollte doch eher der Ausnahmefall sein. Denn hier ist der persönliche Kontakt gewünscht.


DAZ: Bleiben wir beim Unterschied zur Versandapotheken: diese sind nur dazu verpflichtet, den Patienten zur Angabe einer Telefonnummer aufzufordern, unter der er erreichbar ist, um beraten zu werden. Dass die Beratung in jedem Fall zu erfolgen hat, ist dem Verordnungstext nicht zu entnehmen. Ist das nicht eindeutig eine Ungleichbehandlung zwischen Präsenzapotheken, die nun immer zu beraten haben, und den Versandapotheken?

Flach: Außer der Bestimmung, das der Patient seine Telefonnummer angeben muss, haben wir hier nichts verändert – weil wir hier politisch keinen Bedarf für eine Änderung sahen. Auch von fachlicher Seite gab es keine Notwendigkeit für eine Änderung. Wir haben den Stellungnahmen keine Informationen entnehmen können, dass es an dieser Stelle hapert.


DAZ: Damit sind wir beim Gebiet der Informations- und Beratungspflicht, die mit der neuen Apothekenbetriebsordnung deutlich präzisiert wurde. Was war die Intention für die neuen Bestimmungen?

Flach: Der Apotheker definiert sich aus unserer Sicht selbst als ein beratender Beruf. Es ist ein Kernelement seiner beruflichen Tätigkeit. Deswegen haben wir keine Zwangsberatung vorgeschrieben, sondern wir haben die Betonung darauf gelegt, dass der Patient ein Anrecht darauf hat, diese Beratung zu erfahren.


DAZ: Stichwort Zwangsberatung: Viele Apothekerinnen und Apotheker lesen aus dem neuen Verordnungstext aber durchaus heraus, den Kunden und Patienten zwangsberaten zu müssen …

Flach: Nein, er soll ihn aktiv beraten. Das heißt aus unserer Sicht, dass der Apotheker mit dem Kunden spricht, ihn in ein Gespräch einbezieht. Ich denke, es ist doch für das Berufsbild des Präsenzapothekers wichtig zu unterstreichen, sich auch dadurch vom Versand, von Pick up zu unterscheiden, dass man mit dem Patienten spricht. Selbst bei Chronikern können sich in der Therapie oder in der Arzneimittelverträglichkeit Veränderungen ergeben, die man im Gespräch erfahren kann. Der Paragraf 20, die Information und Beratung, ist ganz bewusst verstärkt worden. Es ist der Bereich, in dem sich der Apotheker in der öffentlichen Apotheke profilieren kann.


DAZ: Die neue Verordnung verlangt des Weiteren, dass die Beratung diskret abläuft. Nur: die eine oder andere kleine Apotheke stößt hier schnell an ihre räumliche Grenzen.

Flach: Wir haben nicht vorgesehen, dass zwangsweise Vertraulichkeit zu schaffen ist, die sich nur durch Umbauten schaffen ließe. Es ist eine Soll-Regelung, die individuell zu entscheiden ist. Wir wollten an dieser Stelle ein Signal setzen, dass wir Vertraulichkeit für unerlässlich halten. Wir wollten allerdings nicht, dass Apotheken dies nur durch einen Umbau erreichen können.


DAZ: Dann würden es zur Not in bestimmten Apotheken auch die gelben Striche auf dem Fußboden oder entsprechende Hinweisschilder tun?

Flach: Ja, das finden Sie auch bei der Post oder bei Banken. Bei kleinen Apotheken sind Einzelfallentscheidungen gefragt. Man wird Ideen haben müssen, um Diskretion umzusetzen. Ziel ist es, nicht von vornherein gleich zu sagen, in unserer Apotheke geht das nicht, sondern man sollte sich durchaus überlegen, was man tun könnte, um Vertraulichkeit bei der Beratung zu verbessern. Es kann der gelbe Strich sein, der sicher nicht ideal ist, bei einer langgestreckten Offizin könnten beispielsweise auch Schilder die Patienten an entferntere Beratungsplätze weisen.


DAZ: Die Beratung muss der Apotheker prinzipiell selbst durchführen, er darf sie aber auch an sein pharmazeutisches Personal delegieren wie bisher auch. Neu ist, dass er nun schriftlich niederlegen muss, wer in welchem Umfang beraten darf. Was steckt hier dahinter?

Flach: Die Überlegungen, dies nun so zu regeln, hängen mit der Einführung des QMS zusammen. Der Apothekenleiter soll sich im Voraus überlegen, welche Mitarbeiterin, welcher Mitarbeiter dafür prädestiniert ist, bestimmte Beratungsleistungen zu erbringen. Ziel ist auch hier die Qualitätsverbesserung bei der Beratung.


Pick-up-Verbot Es konnte mit der neuen Apothekenbetriebsordnung nicht umgesetzt werden. Wie die Parl. Staatssekretärin erklärte, haben die Ministerien der Justiz und des Innern signalisiert, dass sie ein Pick-up-Verbot aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken kritisch sehen.
Foto: DAZ/diz


DAZ: Bei allen Anstrengungen, die Qualität im Zusammenhang mit der Arzneimittelabgabe zu verbessern: ein Pick-up-Verbot konnte auch mit der Apothekenbetriebsordnung nicht realisiert werden …

Flach: Es gibt keine Hinweise auf mangelnde Sicherheit oder Gesundheitsgefahren bei dieser Form der Arzneimittelabgabe. Eine unmittelbare Reaktion des Gesetzgebers ist also nicht gefordert. Zudem habe ich zusammen mit der ABDA Gespräche mit den Bundesministerien der Justiz und des Inneren geführt. Beide Ministerien haben signalisiert, dass sie ein Pick-up-Verbot aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken kritisch sehen.


DAZ: Aber die Aushändigung von Arzneimitteln über Pick-up-Stellen führt zur Trivialisierung des Arzneimittels: Kunden wird suggeriert, Arzneimittel aus dem Drogeriemarkt sind Waren wie Waschpulver oder Duschgels. Das kann doch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein?

Flach: Nein, das ist auch nicht in unserem Sinne. Aber diese Argumente haben einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standgehalten, da in Pick-up-Stellen Arzneimittel getrennt von anderen Waren zu lagern sind und dort keine Beratung erfolgen darf.


DAZ: Bundesinnenminister Friedrich schlug unlängst vor, Richtlinien für Pick-up-Stellen aufzustellen …

Flach: Das hätten wir unterstützt, aber solche Regeln möchte die Apothekerschaft nicht.


DAZ: Wohl zu Recht, denn dies würde die Gefahr bergen, das festzuschreiben, was man eigentlich abschaffen will. Zudem könnte dies Begehrlichkeiten bei den Drogeriemärkten wecken, Teile des OTC-Sortiments einer Apotheke führen zu wollen.

Flach: Aus rechtlicher Sicht wäre dies aber nach meiner Kenntnis die einzige Möglichkeit, etwas gegen Pick-up-Stellen tun zu können.


DAZ: Ein kurzer Blick zurück: Im Entwurf zur Apothekenbetriebsordnung stand, dass Filialapotheken beispielsweise keine Rezepturen hätten anfertigen müssen. Begriffe wie Kiosk-Apotheke oder der Apotheke light erinnern daran. War man sich nicht bewusst, dass man damit Apotheken zweiter Klasse geschaffen hätte?

Flach: Der Ausgangsgedanke war eine Verbesserung der Rezepturqualität. Wenn eine Apotheke im Filialverbund Rezepturen für den Filialverbund herstellt, kann man davon ausgehen, dass diese Apotheke eine bessere Übung im Anfertigen von Rezepturen hat. Der Patient hätte seine Rezeptur dort erhalten, wo er sein Rezept abgegeben hat, unabhängig davon, in welcher der zum Filialverbund gehörenden Apotheken die Herstellung vorgenommen wäre. Jede Apotheke hätte nach wie vor bereit sein müssen, Rezepturarzneimittel herzustellen, hätte aber innerbetriebliche Regelungen aufstellen können, wie die Rezepturherstellung zu organisieren ist. Für die Qualität des Arzneimittels wäre dies eine Verbesserung gewesen – und daher ist es schade, dass die Apothekerschaft diese Regelung nicht gewollt hat.


DAZ: Zum Abschluss noch einen Blick auf das apothekenübliche Sortiment: Die Mittel zur Körperpflege wurden aufgenommen – was nicht von allen bei der ABDA für gut geheißen wurde. Was war ausschlaggebend dafür, dass diese Produktgruppe nun explizit zu den apothekenüblichen Waren gehört?

Flach: Im Lauf des Verfahrens kamen Diskussionen auf, inwieweit Kosmetika zu den apothekenüblichen Waren gehören oder nicht. Uns lag daran, eine Klarstellung durchzuführen, dass es vernünftig ist, solche Mittel in der Apotheke führen zu können. Der Apotheker als Fachmann kann Patienten auch zu diesen Produkten beraten.


DAZ: Bei den Gegnern der Aufnahme von Körperpflegemittel bestand die Sorge, eine Apotheke könnte ihr Erscheinungsbild hin zum Drogeriemarkt verändern

Flach: Das haben wir durch die Bestimmung aufgefangen, dass die Arzneimittelversorgung im Vordergrund stehen muss – auch durch den äußeren Eindruck, den man in der Offizin gewinnt.


DAZ: Frau Flach, vielen Dank für das Gespräch.



DAZ 2012, Nr. 25, S. 18

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.