Ernährung aktuell

Wie sich die Menschen in Deutschland ernähren

Wie ernähren sich die Menschen in Deutschland und entspricht das Essverhalten den wissenschaftlichen Empfehlungen? Dies sind einige Aspekte, die im Rahmen der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) zwischen 2005 und 2007 untersucht wurden. Mit der Vorstellung der wichtigsten Ergebnisse zum Lebensmittelverzehr und zur Nährstoffversorgung dieser Erhebung wollen wir unsere neue Reihe Ernährung-Update 2011 einleiten.
Abgefragt wurden im Rahmen der NVS II die Ernährungsgewohnheiten von knapp 20.000 Erwachsenen in Deutschland. Foto: MRI

Untersuchungen zur Ernährungssituation in der Bevölkerung haben bereits eine lange Geschichte. Doch während früher die ausreichende Versorgung mit Nahrung im Mittelpunkt stand, geht es heute weniger um quantitative, sondern um qualitative Aspekte. Denn die Ernährung des Menschen soll nicht nur ausreichend sein, sondern auch ausgewogen, etwa um ernährungsbedingten Erkrankungen vorzubeugen [1]. Bevor die Nationale Verzehrsstudie II (NVS II) durchgeführt wurde, lagen bereits Daten der Nationalen Verzehrsstudie I aus den Jahren 1985 bis 1988 für die alten Bundesländer sowie retrospektiv erhobene Daten aus den neuen Bundesländern (1991/92) vor [2, 3]. Für das gesamte Bundesgebiet wurde das Ernährungsverhalten im Rahmen einer Teilstichprobe des Bundesgesundheitssurvey (BGS) im Jahr 1998 erhoben [4]. Die NVS II liefert nun nach etwa 20 Jahren aktuelle und repräsentative Daten zum Lebensmittelverzehr und Ernährungsverhalten für die deutschsprachige Bevölkerung [5]. Des Weiteren bildet sie die Grundlage und den Beginn für eine fortlaufende Primärdatenerhebung und Ernährungsberichterstattung, das sogenannte Ernährungsmonitoring [1]. Im Mittelpunkt der NVS II stehen neben allgemeinen soziodemografischen Angaben wie Geschlecht, Bildung und Einkommen, das Ernährungs- und Einkaufsverhalten, der Gesundheitszustand sowie Ausgaben für Lebensmittel und Getränke [6].

Fragestellungen und Ziele der NVS II


  • Welche Ernährungstypen und -muster sind heute in der Bevölkerung abgrenzbar und wie sind sie verteilt?

  • Wie unterscheidet sich die Ernährungssituation in Nord und Süd, in Ost und West, in städtischen Ballungsgebieten und im ländlichen Raum?

  • Inwieweit entspricht die Ernährung der Bevölkerung den aktuellen ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen?

  • Sind gesundheitspolitisch gewünschte oder unerwünschte Veränderungen im Ernährungsverhalten erkennbar?

  • Welche wesentlichen Aktionsfelder ergeben sich für öffentliche Maßnahmen der Ernährungsprävention?


Quelle: 1


Tabelle 1 zeigt, welche zentralen Fragen die NVS II zu beantworten versucht. Dieser Beitrag wird sich allerdings nur auf die Themen Lebensmittelverzehr und Nährstoffversorgung konzentrieren.

Tab. 1: Fragen, die die NVS II zu beantworten versucht

Fragenkomplex
Detailfragen
Allgemeine Angaben
Geschlecht
Staatsangehörigkeit
Geburtsdaten
Geburtsland
Wohnort vor Wiedervereinigung
Religion
Ernährungsverhalten
Besondere Ernährungsweise
Verfahren der Lebensmittelverarbeitung
Kochen
Einkaufsverhalten
Zuständigkeit für Einkauf
Einkaufsstätten
Gesundheitszustand
Allgemeiner Gesundheitszustand
Rauchen
Ernährungsberatung
Diät
Nahrungsergänzungsmittel
Ausbildung und Berufstätigkeit
Schüler
Allgemeiner Schulabschluss
Erwerbstätigkeit
Nicht-Erwerbstätigkeit
Berufliche Stellung des Befragten
Ausbildungsabschluss
Berufliche Stellung des Hauptverdieners
Haushalt und Einkommen
Familienstand
Anzahl Personen im Haushalt
Anzahl Personen im Haushalt, die mindestens 18 Jahre sind
Nettoeinkommen des Haushalts
Persönliches Nettoeinkommen
Ausgaben für Lebensmittel und Getränke
Ausgaben für Außer-Haus-Verzehr

Quelle: [6]

Erhebungsmethoden

Die NVS II ist eine modular aufgebaute Untersuchung. Die Studie wurde vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Auftrag gegeben. Die Planung, Koordination und Auswertung der Studie erfolgte im Max Rubner-Institut (Nachfolge der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel). Damit der Ernährungsstatus sowie das Ernährungsverhalten optimal erfasst werden konnte, wurden verschiedene Erhebungsinstrumente eingesetzt. Die übliche Ernährung, Mahlzeitenstrukturen und Gewohnheiten wurden computergestützt mit Diet History (DISHES 2005) erhoben. Eine frühere Version (DISHES 98) wurde für das Robert Koch-Institut und den BGS 1998 entwickelt. Das Diet History Interview wurde jeweils beim Erstkontakt mit den Studienteilnehmern in einem Studienzentrum eingesetzt. Zuvor wurden außerdem soziodemografische Basisdaten mithilfe eines computergestützten, persönlichen Interviews (CAPI) ermittelt. Zudem mussten die teilnehmenden Frauen und Männer einen Fragebogen beantworten. Hier standen das Aktivitätsverhalten und Parameter zum Ernährungsverhalten im Fokus. Weiterhin wurden im Studienzentrum anthropometrische Messungen vorgenommen. Schließlich wurde an zwei zufällig ausgewählten Tagen in telefonischen Interviews (CATI) der aktuelle Verzehr der vergangenen 24 Stunden (24-h-Recall) erfragt. Für die gesamte NVS II wurden auf diese Weise 19.329 deutschsprachige Personen im Alter zwischen 14 und 80 Jahren zu ihrem Ernährungsverhalten befragt. Die Befragung erfolgte im gesamten Bundesgebiet in vier unmittelbar aufeinander folgenden Erhebungswellen. Somit ist es möglich, saisonale und regionale Aspekte zu berücksichtigen [7]. In einer Unterstichprobe von ca. 1000 Personen wurde zudem zwei Mal an vier Tagen mittels Wiegeprotokoll der Lebensmittelverzehr dokumentiert [8].

Lebensmittelverzehr weicht von Empfehlung ab

Obwohl in Deutschland das Lebensmittelangebot sehr vielfältig ist, weicht der tatsächliche Verzehr oft von den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ab. So konnte im Rahmen der Basisauswertung II ermittelt werden, dass nahezu 60% der Deutschen zu wenig Obst verzehren. Zwar essen Frauen im Schnitt 270 g Obst pro Tag, doch nur 54% erreichen die DGE-Empfehlungen von 250 g/d (siehe Tab. 2). Bei den Männern erreichen diese lediglich 35% [9]. Bei Gemüse erreichten lediglich 13% der Befragten die Empfehlungen. Selbst die Berücksichtigung von Gemüsesaft in dieser Kategorie veränderte die Ergebnisse nur unwesentlich [5].

Tab. 2: Verzehrsempfehlungen der DGE für Lebensmittel pro Tag für Erwachsene; mod. nach [6]

Lebensmittelgruppe
Verzehrsempfehlungen
Kohlenhydratreiche
Lebensmittel
200 – 300 g Brot (4 – 6 Scheiben) oder
150 – 250 g Brot (3 – 5 Scheiben) und
50 – 60 g Getreideflocken.
200 – 250 g Kartoffeln oder Teigwaren (gegart) oder
150 – 180 g Reis (gegart)
Gemüse und Salat
400 g und mehr
300 g gegartes Gemüse und 100 g Rohkost/Salat oder
200 g gegartes Gemüse und 200 g Rohkost/Salat
Obst
2 – 3 Portionen Obst (250 g und mehr)
Milch und Milchprodukte
200 – 250 g Milch/Joghurt und
50 – 60 g Käse
Fleisch, Wurst, Fisch, Ei
Pro Woche:
300 – 600 g Fleisch und Wurst
80 – 150 g Seefisch fettarm und 70 g Seefisch fettreich
Bis zu 3 Eier (inkl. verarbeitetes Ei)
Fette und Öle
15 – 30 g Butter, Margarine
10 – 15 g hochwertiges Pflanzenöl
Getränke
Mindestens 1,5 l Flüssigkeit

Quelle: [5]


Die Gruppe der kohlenhydratreichen Lebensmittel, zu denen entsprechend der DGE Brot, Getreideflocken, Kartoffeln, Teigwaren und Reis sowie daraus hergestellte Gerichte gehören, sind in Deutschland mengenmäßig am bedeutendsten. Etwa die Hälfte dieser Lebensmittelgruppe wurde als Brot und jeweils ein Viertel als Getreide/Getreideerzeugnisse und Kartoffeln gegessen. Für diese Lebensmittelgruppe empfiehlt die DGE 400 bis 550 g/Tag. Für Männer lag der tatsächliche Verzehr im unteren Bereich dieser Empfehlung, Frauen unterschritten sie in allen Altersgruppen deutlich. Dafür wurden süße und herzhafte Backwaren, die nicht zu dieser Lebensmittelkategorie im engeren Sinne gezählt wird, häufig verzehrt (33 bis 46 g/Tag).

In der Kategorie der Streichfette, zu denen Butter und Margarine, nicht aber das Zubereitungsfett für Gerichte zu zählen ist, entspricht der tatsächliche Verzehr im Großen und Ganzen den DGE-Empfehlungen (15 – 30 g): Männer verzehren täglich im Schnitt 29 g, Frauen 20 g [5]. Milch und Milchprodukte sind sowohl bei Männern als auch Frauen sehr beliebt: beide Geschlechter erreichen bzw. überschreiten im Mittel die Empfehlungen der DGE. Der durchschnittliche Verzehr von Milch, Milcherzeugnissen, Käse und Gerichten lag bei Männern bei 265 g/d und bei Frauen bei 244 g/d. Dabei dominieren Milch und Milchmischgetränke (40 bis 49%) [5]. Mit zunehmendem Alter nimmt der Verzehr dieser Produktgruppe, insbesondere von Milch und Milchmischgetränken ab, wobei diese Verringerung bei Frauen geringer ausfällt [9]. Der mittlere Verzehr von Eiern liegt bei Männern bei 2,5 Stück/Woche und bei Frauen bei 2 Stück pro Woche. Diese Werte liegen jeweils im Bereich der DGE-Empfehlungen.

Männer verzehren doppelt so viel Fleisch, Wurstwaren und Fleischerzeugnisse wie Frauen. Mit zunehmenden Alter sinkt der Fleischverzehr aber bei den Männern, wohingegen bei Frauen nur ein leichter Rückgang beobachtbar ist [10]. In Zahlen ausgedrückt verzehren Männer durchschnittlich pro Tag 160 g Fleisch und Wurstwaren, Frauen 84 g. Vor allem Männer überschreiten damit die DGE-Empfehlungen fast um das Doppelte [5]. 3,4% der weiblichen Befragten hatten in den vier Wochen vor der Befragung kein Fleisch verzehrt. Dieser Wert liegt mehr als doppelt so hoch wie bei den männlichen Studienteilnehmern mit 1,5% [10]. Übereinstimmend mit dieser Aussage bezeichneten sich 1,6% der Studienteilnehmer als Vegetarier [8].

Fisch, Krustentiere und Gerichte, die diese enthielten wurden von 16% der Befragten im Untersuchungszeitraum nicht gegessen. Mit zunehmenden Alter stieg der Anteil derjenigen, die Fisch essen. Insgesamt liegt die mittlere Zufuhr bei Männern bei 29 g/ Tag und bei Frauen bei 23 g/ Tag, was etwa einer Portion Fisch von 150 – 200 g/Woche entspricht und somit die DGE-Empfehlungen erfüllt. Allerdings liegen bislang keine Informationen zu den verzehrten Fischarten (Fett- oder Magerfisch) vor [5].

Körpermessungen waren neben Interviews Bestandteil der Erhebungen der NVS II. Foto: MRI

Der mittlere tägliche Süßwarenverzehr lag bei Männern bei 55 g und bei Frauen bei 48 g. Etwa die Hälfte dieses Anteils wird in Form von Süßigkeiten wie Schokolade, Zuckerwaren und Bonbons gegessen. Einen weiteren großen Anteil von rund einem Drittel haben süße Aufstriche. Der Speiseeis-Verzehr ist dagegen geringer, unterliegt aber erwartungsgemäß saisonalen Schwankungen und ist zwischen Mai und Juli am höchsten. Der Verzehr von Knabberartikeln wie Chips oder salzigem Kleingebäck lag bei Männern bei 8 g/Tag und bei Frauen bei 5 g/Tag [5].

Der Verzehr von Süßwaren ist bei Jugendlichen am höchsten und nimmt mit zunehmenden Alter ab, allerdings nimmt der Verzehr von süßen Aufstrichen mit dem Alter zu [10]. In Anlehnung an die DGE-Empfehlungen sollte diese Lebensmittelgruppe aufgrund ihrer hohen Energiedichte nur ab und an und in geringen Mengen bewusst verzehrt werden.

Im Hinblick auf die Flüssigkeitszufuhr empfiehlt die DGE täglich 1,5 Liter Flüssigkeit zu trinken und dabei Wasser und kalorienarme Getränke zu bevorzugen. Beide Geschlechter erfüllen diese Empfehlungen im Mittel überdurchschnittlich: Männer trinken 2,4 l/Tag und Frauen 2,3 l/Tag alkoholfreie Getränke. Rund die Hälfte der Getränkeaufnahme wird durch Wasser gedeckt [5].

Kaffee sowie grüner und schwarzer Tee machen mit etwa einem Viertel den zweithöchsten Anteil der alkoholfreien Getränke aus. Außerdem trinken Frauen mehr Kräuter- und Früchtetees (14% vs. 6%), während Männer Limonaden bevorzugen 10% vs. 4%) [5, 10].

Für alkoholische Getränke liegen die Richtwerte für gesunde Männer bei höchstens 20 g reinem Alkohol/Tag und bei gesunden Frauen bei maximal 10 g reinem Alkohol am Tag. Diese Werte entsprechen einem halben Liter Bier oder einem viertel Liter Rotwein für Männer und einem Viertelliter Bier bzw. einem Achtelliter Wein für Frauen.

Die NVS II zeigt, dass Männer im Mittel viermal soviel alkoholische Getränke konsumieren wie Frauen (308 ml/d vs. 81 ml/d). Etwa ein Viertel der Männer und 16% der Frauen lagen damit über dem DGE-Richtwert [5]. Mehr als 80% der alkoholischen Getränke werden von Männern in Form von Bier getrunken und nur 15% als Wein. Bei Frauen sind jeweils 50% der alkoholischen Getränke Wein und Bier. Dagegen spielen Spirituosen, Alkopops und Cocktails nur eine untergeordnete Rolle. Diese Produkte werden in nennenswerte Mengen nur von Personen bis zum 24. Lebensjahr getrunken. Dagegen steigt mit dem Alter der Wein- und Sektkonsum [10]. Aus diesen Ergebnissen leiten die Forscher des MRI Empfehlungen ab, die im Kasten "Verbesserungsbedarf" dargestellt sind [5].

Verbesserungsbedarf


Den Ergebnissen der NVS II zufolge sollten

  • mehr pflanzliche Lebensmittel, insbesondere Gemüse und kohlenhydratreiche Lebensmittel,

  • weniger tierische Lebensmittel in Form von Fleisch und Wurstwaren sowie

  • weniger Süßes einschließlich süßer Getränke verzehrt werden.


Quelle: [5]

Lebensmittelverzehr und soziale Schicht

Teilnehmer mit einem geringen Einkommen und einer niedrigen beruflichen Stellung unterscheiden sich im Hinblick auf den Lebensmittelverzehr von Personen mit guter Ausbildung, hoher beruflicher Stellung und einem guten Einkommen. Doch die Unterschiede sind für viele Lebensmittel mengenmäßig eher undramatisch [11]. Personen mit einem niedrigen sozialen Status verzehren im Vergleich zu Personen mit einem hohen sozialen Status weniger Lebensmittel, die eine günstige Nährstoffzusammensetzung aufweisen. Dazu zählen etwa Gemüse, Pilze, Obst und Obsterzeugnisse, Fisch und Krustentiere. In Zahlen ausgedrückt verzehren Frauen mit einem niedrigen Sozialstatus 30 g weniger Lebensmittel der Gruppe "Gemüse, Pilze und Hülsenfrüchte" und 26 g weniger Obst. Ähnliche Zahlen sind auch für männliche Teilnehmer beobachtbar, nur essen Männer insgesamt weniger Obst und Gemüse als Frauen [10, 11]. Des Weiteren wird bei einem niedrigen Sozialstatus beobachtet, dass mehr fett- und zuckerreiche Lebensmittel wie Fleisch, vor allem Wurstwaren und Fleischerzeugnisse, Streichfette und Süßwaren gegessen werden. Gleiches gilt auch für zuckerreiche Limonaden. Diese werden drei- bis viermal mehr als von Personen mit niedrigem Sozialstatus getrunken [10].

Gibt es regionale Unterschiede?

Im Rahmen der Auswertungen der NVS II wurde festgestellt, dass sich die Verzehrsmuster zwischen den neuen und den alten Bundesländern auch noch rund 20 Jahre nach der Wiedervereinigung unterscheiden. So werden in den neuen Bundesländern häufiger Brot, Obst, Fette, Wurst- und Fleischerzeugnisse verzehrt, während in den alten Bundesländern mehr Getreide und Getreideerzeugnisse, Milch- und Milchmischgetränke, Fleisch sowie Kaffee und Tee konsumiert werden.

Fisch, Fischerzeugnisse und Krustentiere werden am häufigsten von Personen in Hamburg verzehrt. Überraschenderweise belegt Mecklenburg-Vorpommern für diese Lebensmittelgruppe den letzten Platz. Auch insgesamt lässt sich die erwartete Tendenz, dass im Norden mehr Fisch verzehrt wird, nicht bestätigen.

Am häufigsten Bier getrunken wird in Sachsen, Thüringen und Bayern, am wenigsten trinken die Schleswig-Holsteiner. Da Frauen generell weniger Bier trinken, sind auch die regionalen Unterschiede nur geringfügig. Dennoch liegen Thüringerinnen und Bayerinnen vorn. Hinsichtlich des Weinkonsums verhalten sich Männer und Frauen sehr unterschiedlich. Tendenziell wird in den westlichen Bundesländern mehr als in den östlichen getrunken. Am meisten Wein trinken Männer aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Schlusslichter sind Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Bei den Frauen nimmt Bremen den zweiten Platz hinter dem Saarland ein. Das Weinland Rheinland-Pfalz belegt bei ihnen überraschend den letzten Platz [10, 12].

So sieht es bei der Nährstoffzufuhr aus

Die Energiezufuhr liegt im Allgemeinen im Bereich des Richtwertes bei niedriger körperlicher Aktivität. Allerdings werden weniger Kohlenhydrate als empfohlen (> 50%) verzehrt, wobei der Anteil für Frauen höher als für Männer ist. Auch werden weniger Ballaststoffe als empfohlen (30 g/d) aufgenommen. Der Richtwert für die Fettaufnahme von 30% der Gesamtenergiezufuhr wird von Männern und Frauen überschritten. Männer überschreiten auch die Richtwerte für Cholesterin, während Frauen diese unterschreiten [13]. Die Proteinzufuhr liegt im Mittel bei 14% und kann somit als angemessen eingestuft werden [13, 14]. Hinsichtlich der Mikronährstoffe kann allgemein davon ausgegangen werden, dass bei einer ausgewogenen Ernährung die Nährstoffversorgung in Deutschland gewährleistet ist.

Für die Gruppe der Vitamine entspricht die mittlere Zufuhr den Referenzwerten der DGE. Allerdings gilt dies nicht für Vitamin D und Folsäure: So unterschreiten 79% der befragten Männer und 86% der Frauen die Empfehlungen für Folsäure sowie 82% der Männer und 91% der Frauen die Referenzwerte für Vitamin D. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D betrifft sowohl junge Erwachsene als auch Personen im Seniorenalter. Die Folatversorgung verschlechtert sich mit zunehmenden Alter. Auch Vitamin C wird von einem Drittel der Befragten nicht ausreichend aufgenommen.

Die Mineralstoffe Natrium, Kalium, Magnesium und Zink werden dagegen mehr als ausreichend aufgenommen, Jod, Eisen und Calcium dagegen nicht immer. Wird angenommen, dass im Haushalt und bei der industriellen Lebensmittelproduktion Jodsalz verwendet wird, so würden 28% der Männer und 53% der Frauen von einer unzureichenden Jodversorgung betroffen sein. Für Frauen im gebärfägigen Alter (bis zum 50. Lebensjahr) ist aufgrund des höheren Eisenbedarfs (1 5mg/Tag anstelle von 10 mg/d) die ausreichende Versorgung mit diesem Mineralstoff problematisch. So unterschreiten 75% dieser Personengruppe die Empfehlung. Ältere Frauen und Männer sind seltener von einer Unterversorgung betroffen. Calcium ist besonders für weibliche Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und für ältere Männer und Frauen (65 bis 80 Jahre) ein kritischer Nährstoff. 74% der jungen Mädchen und 61% bzw. 65% der Senioren erreichen für Calcium nicht die Empfehlungen. Da Calcium gemeinsam mit Vitamin D wichtig für einen gesunden Knochenstoffwechsel ist, müssen beide Risikogruppen besonders auf eine ausreichende Versorgung achten [10].

Nahrungsergänzungsmittel und Supplemente

Obwohl Nahrungsergänzungsmittel in der Regel nicht notwendig sind, gaben 27,6% der NVS-Teilnehmer an, Nahrungsergänzungsmittel oder mit Nährstoffen angereicherte Präparate, sogenannte Supplemente zu nehmen, um den Vitamin- und Mineralstoffhaushalt zu verbessern. Besonders in der Altersgruppe der 35- bis 50-Jährigen werden die meisten Supplemente eingenommen, während im Alter zwischen 19 und 24 kaum ein Teilnehmer zu Nährstoffpräparaten greift. Außerdem nehmen besonders Frauen Supplemente ein. Auch steigt im Alter die Nährstoffzufuhr besonders für die Vitamin C, D und E sowie für Calcium und Magnesium an.

Personen, die Supplemente nehmen, erreichen bereits durch diese im Median die Referenzwerte für Vitamin D und überschreiten sie für die Vitamine B1, B2, B6 und Niacin. Für letzteres hat sich gezeit, dass allein durch den Lebensmittelverzehr die Empfehlungen erreicht werden können, so dass eine Supplementierung von Niacin keinen Zusatznutzen erzielt.

Nicht erreicht werden können die Referenzwerte durch eine alleinige Supplementierung in Bezug auf Vitamin A, E, B12, C, Folsäure und Mineralstoffe. Insgesamt ändert sich der Median der Nährstoffzufuhr im Gesamtkollektiv der Teilnehmer des Diet-History-Interviews unter Berücksichtigung der Supplementeinnahme aber kaum [10, 13].


Literatur

[1] Brombach C. et al (2006) Die Nationale Verzehrsstudie II. Ziel: Aktuelle und belastbare Primärdaten für die Ernährungsberichterstattung des Bundes generieren. Ernährungs-Umschau 53: 4 – 9.

[2] Heseker H. et al. (1994): Lebensmittel und Nährstoffaufnahme Erwachsener in der Bundesrepublik Deutschland. VERA-Schriftenreihe III, Zweite, überarbeitete Auflage, Wissenschaftlicher Fachverlag Dr. Fleck,Niederkleen (1994).

[3] Hermann-Kunz E. (1996) Energie- und Nährstoffaufnahme in den neuen Bundesländern. In: Bellach B (Hg). Die Gesundheit der Deutschen. Band 2, RKI-Heft 15: 89 – 100. Berlin: Robert Koch-Institut.

[4] Mensink G. (2002) Was essen wir heute? Ernährungsverhalten in Deutschland. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Robert Koch Institut, Berlin.

[5] Hilbig, A. (2009): Wie isst Deutschland? Auswertungen der Nationalen Verzehrsstudie II zum Lebensmittelverzehr. Ernährungs-Umschau 1/09, 16 – 23.

[6] Krems C. et al. (2006) Methoden der Nationalen Verzehrsstudie II. Ernährungs-Umschau 53: 44 – 50.

[7] Max Rubner-Institut/Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008): Presseinformation Nationale Verzehrsstudie II. www.was-esse-ich.de (Status Januar 2011)

[8] Max Rubner-Institut/ Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (Hrsg.) (2008): Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht, Teil 2. Online-Dokument: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/NVS_ErgebnisberichtTeil2.pdf?__blob= publicationFile (Status Januar 2011).

[9] Max Rubner-Institut//Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008) Ergebnisse NVS II – Basisauswertung II Lebensmittelverzehr.www.was-esse-ich.de (Status Januar 2011).

[10] Max Rubner-Institut/ Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (Hrsg.) (2008): Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht, Teil 1. Online-Dokument: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/NVS_Ergebnisbericht.pdf?__blob=publicationFile (Status Januar 2011).

[11] Max Rubner-Institut/ Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008): Ergebnisse NVS II – Basisauswertung II Schichtindex. www.was-esse-ich.de/ (Status Januar 2011).

[12] Max Rubner-Institut/Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008): Ergebnisse NVS II – Basisauswertung II regionale Aspekte. www.was-esse-ich.de (Status Januar 2011).

[13] Max Rubner-Institut/Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008): Ergebnisse NVS II – Basisauswertung II Mineralstoffe und Vitamine. www.was-esse-ich.de (Status Januar 2011).

[14] Fürst, P. (2004): Proteine. In: Biesalski, H.-K. et al (Hrsg): Ernährungsmedizin. Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York, 3., erweiterte Auflage, S. 91.


Autorin
Katja Aue, M. Sc. Ökotrophologie, katja_aue@web.de



DAZ 2011, Nr. 3, S. 64

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.