Gesundheitspolitik

Incentives für Mitarbeiter

Andreas Kaapke

Incentives können vereinfacht als Anreize übersetzt werden. Diese Anreize werden in der Betriebswirtschaftslehre den Unternehmen in der Regel zur Steuerung Ihrer Kunden oder Ihrer Mitarbeiter empfohlen. In beiden Fällen soll die Motivation gesteigert werden. Im Falle der Kunden ist dies die Motivation zu kaufen, im Falle der Mitarbeiter die Motivation sich überdurchschnittlich einzusetzen bzw. einzubringen. Diese Art eines Anreizes steht, insbesondere was Incentives für Mitarbeiter anbetrifft, in der Kritik, weil oft argumentiert wird, dass Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber in einem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis stehen, in dem die Art der Zusammenarbeit hinreichend klar formuliert sein müsste und Anreize nicht nötig seien, während zwischen Unternehmen und Kunden kein Vertrag besteht und von daher Kaufanreize ihre Berechtigung hätten. Dennoch existieren viele Beispiele für eine Incentivierung der Mitarbeiter. Zu Recht! Mag ein Arbeitsvertrag den formalen Rahmen des Arbeitsverhältnisses regeln können, ist er aber oftmals untauglich, alle Verwerfungen des normalen Arbeitsalltags zu glätten. Hier müssen ergänzende Anreize gesetzt werden, um besonders positives Verhalten zu würdigen und besonders negatives Verhalten zu sanktionieren.

"Belohnung" und "Bestrafung"

Eine Incentivierung hat aber zwei Seiten. Zum einen muss sichergestellt sein, dass ein Belohnungs- und ggf. ein Bestrafungssystem installiert wird, das gerecht und transparent ist. Mit anderen Worten: die Mitarbeiter müssen verstehen können, warum jemand profitiert bzw. warum jemand nicht profitiert. Dies setzt natürlich auch voraus, dass der als solches deklarierte Anreiz auch als Anreiz wahrgenommen wird. Es muss sich aus Sicht der Mitarbeiter lohnen, diesen Anreiz bzw. den mit dem Anreiz verbundenen Gewinn zu erreichen, ansonsten wirkt das Anreizsystem sogar kontraproduktiv. Der Chef will uns "veräppeln" oder "den Mist kann er behalten" sind typische Bemerkungen von Mitarbeitern, die sich durch den vermeintlichen Anreiz nicht angesprochen fühlen. Damit sind wir beim zweiten Punkt, den ein Anreizsystem erfüllen muss, gelandet. Dieses muss wirklich ausgewogen und angemessen sein. Angemessenheit bedeutet auf der einen Seite etwas zu bieten, was auch im Vergleich zur Basisvergütung die Relation wahrt und zum anderen den unterschiedlichen Präferenzen der Mitarbeiter gerecht werden kann. Von daher bieten sich – bei Anreizen für Kunden machen wir es vor – unterschiedliche Anreize für unterschiedliche Mitarbeiter an. Die Mitarbeiter sollten dann zwischen den Alternativen auswählen können.

Ausgewogene Anreizsysteme

In Apotheken ist die Mannschaft normalerweise überschaubar, von daher die Transparenz, wer sich wie einbringt auch für Kolleginnen und Kollegen extrem hoch. Will man hier mit Anreizsystemen für die Belegschaft arbeiten, müssen diese besonders ausgewogen sein, da sie wahrnehmbar sind und wahrgenommen werden. Die Mitarbeiter entwickeln eine eigene Antenne dafür, wen sie selbst fördern würden und wer aus ihrer Sicht für ein Incentive nicht infrage kommt. Dies vor Augen bedarf es beispielhaft eines Punktesystems, eines Leistungskatalogs o. ä., um die Leistung wirklich objektiv würdigen zu können. Hier hat es der Apotheken-Chef schwer. Denn die beste Leistung muss ja gerade dann abgerufen werden, wenn er nicht da ist und sich die Bewertung des Erbrachten zumindest teilweise objektiven Kriterien entzieht. Viele empfehlen deshalb ein Anreizsystem ausschließlich an ökonomischen Größen wie dem Umsatz oder dem Deckungsbeitrag festzumachen. Dies sind aber nur die Speerspitzen vielfältiger Einbringungsmöglichkeiten, die den ökonomischen Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt ermöglichen. Zudem widerstrebt die Ausrichtung an ökonomischen Größen der alten Debatte um Ethik-Monethik in Apotheken. Wenn der Apotheken-Mitarbeiter ausschließlich dafür honoriert wird, dass er das besonders teure Präparat oder besonders viel verkauft, weil er damit ökonomische Größen positiv befördert, kann dies an der einen oder anderen Stelle zu nicht gewollten Verkaufs-Verwerfungen führen, die mittelfristig imageschädigend sind oder sein können.

Keine Banalität!

Aus diesen kurzen Ausführungen wird eines auf jeden Fall deutlich: Anreizsysteme sind keine Banalität, es bedarf fundierter Überlegungen, ob und wenn ja wie man diese einführt. Am besten bindet man die Mitarbeiter in die Diskussion ein, um zu erfahren, ob es erforderlich ist, was Anlass für Anreize aus Sicht der Mitarbeiter sein können und welche Anreize gewünscht sind. Dies ermöglicht auch die Diskussion um eine Risikobeteiligung der Mitarbeiter im umgekehrten Fall. Oftmals vorgetragene Vorschläge einer Incentivierung aus Mitarbeitersicht sind so weit weg von der Realität, dass der Apotheken-Chef diese Diskussion auch nutzen kann, um zu verdeutlichen, dass Anreize nur gesetzt werden können, wenn es der Apotheke an sich gut geht, was ja wiederum Gegenstand des arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnisses ist.

Apothekern und Apothekerinnen können Anreizsysteme empfohlen werden, wenn klare Vorstellungen vorhanden sind, welche Handlungen der Mitarbeiter über den Arbeitsvertrag hinaus eine besondere Honorierung rechtfertigen. Apothekerinnen und Apothekern kann man nur raten, die Hände von Anreizsystemen zu lassen, wenn sie keine wirkliche Idee haben, wie und was incentiviert werden soll. Das Schlimmste ist ein System, das kontraproduktiv wirkt. Denn die Geister, die ich rief, werd‘ ich dann nicht mehr los!


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 26, S. 2

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