Recht

Arztrecht/Patientenverfügung: Was der Verfasser gewollt hat, ist (fast) ein Evangelium

(bü). Geht aus einer Patientenverfügung hervor, unter welchen Umständen die Verfasserin beziehungsweise der Verfasser keine lebenserhaltenden Maßnahmen mehr wünscht, und stimmen in der Auslegung der Verfügung der Betreuer und die behandelnden Ärzte überein, so bedarf es keiner "Genehmigung" mehr durch das Betreuungsgericht (früher: Vormundschaftsgericht). Dies gilt auch für den Fall, dass die Betreuerin/der Betreuer der betreffenden Person (hier der Ehemann) "sicherheitshalber" noch das Betreuungsgericht eingeschaltet hat. Das Landgericht Kleve hält dies in solchen Fällen für überflüssig – selbst wenn "der Sterbeprozess noch nicht eingesetzt" habe. Ein Leiden mit irreversiblem tödlichem Verlauf liege nicht nur dann vor, wenn der Tod in kurzer Zeit bevorstehe. Insoweit sei vielmehr zwischen Hilfe beim Sterben ("Sterbehilfe") und Hilfe zum Sterben oder Sterbehilfe in weiterem Sinne zu differenzieren. Sterbehilfe setze demnach voraus, dass das Grundleiden eines Kranken nach ärztlicher Überzeugung unumkehrbar (irreversibel) sei, einen tödlichen Verlauf angenommen habe und der Tod in kurzer Zeit eintreten werde. Doch auch dann, wenn der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt habe, sei danach der Abbruch einer einzelnen lebenserhaltenden Maßnahme "bei entsprechendem Patientenwillen als Ausdruck der allgemeinen Entscheidungsfreiheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit grundsätzlich anzuerkennen".


(LG Kleve, 4 T 77/10)



AZ 2011, Nr. 18, S. 7

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