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Arzneimittelsicherheit garantieren – aber wie?

Zwar hat sich der Europäische Gerichtshof im Mai in einer mit Spannung erwarteten Grundsatzentscheidung für die inhabergeführte Apotheke und gegen den Fremdbesitz ausgesprochen. Das Thema ist damit aber noch lange nicht vom Tisch: Pick-up-Stellen sowie die Diskussionen um das Versandverbot von Rx‑Arzneimitteln beschäftigen die politischen Parteien auch im Wahlkampf. ADEXA hat nachgefragt:

Keine Wahlempfehlung

Die Serie "Wahlprüfsteine" ist als Orientierungshilfe für unsere Mitglieder gedacht. ADEXA gibt aber bewusst keine Empfehlung für eine bestimmte Partei oder ein politisches Lager.
Teil 1: DAZ 33, S. 65
Teil 2: DAZ 34, S. 69
Teil 3: DAZ 35, S. 63
Teil 4: DAZ 36, S. 69

Für die CDU / CSU sind freiberuflich tätige Ärzte und Apotheker auch in Zukunft "Garanten für eine qualitativ hochwertige, patientennahe Versorgung". Bestehende Strukturen seien zu bewahren und – speziell in ländlichen Regionen – neu aufzubauen. Inhabergeführte Apotheken bewertet die Union dabei als "unverzichtbare Stützen für die Arzneimittelsicherheit".

In puncto Arzneimittelsicherheit ist vorgesehen, "Auswüchse im Versandhandel" einzudämmen. Ansonsten berufen sich CDU und CSU auf die konsequente Umsetzung der 15. AMG-Novelle, die Vorschriften zum Schutz vor Fälschungen auf Wirkstoffe ausdehnt bzw. entsprechende Strafen vorsieht und den Informationsaustausch mit Drittstaaten erleichtert.

Geplant ist außerdem, den gesetzlichen Rahmen für Rabattverträge zu überarbeiten sowie die Instrumentarien der Preisfindung auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen. "Wir wollen eine strukturelle Überprüfung der Mehrwertsteuerbelastung mit dem Ziel, nicht mehr zeitgemäße und für Bürger nicht nachvollziehbare Belastungswirkungen zu korrigieren und insbesondere die europäische Wettbewerbssituation bestimmter Bereiche zu berücksichtigen", heißt es dazu in dem Programm zur Bundestagswahl.

Grundsätzlich befürwortet auch die SPD den Fortbestand der von Approbierten geführten Apotheken und bewertet Apothekenketten und unsichere Online-Apotheken kritisch. Auch wenn Wettbewerb an einigen Stellen zu niedrigeren Preisen führen könne, habe "in einem derart sensiblen Bereich wie der Medikamentenversorgung der Gesundheitsaspekt oberste Priorität". In diesem Sinne habe auch der Europäische Gerichtshof entschieden und die deutsche Gesetzgebung als vereinbar mit dem europäischen Wettbewerbsrecht erklärt.

Für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wird dennoch kein Handlungsbedarf gesehen: Dieser sei "für die Patientinnen und Patienten eine zusätzliche Option, die erhalten bleiben soll". Der Versandhandel komme "insbesondere dem Anliegen von chronisch Kranken, immobilen Patienten, älteren Bürgern, Berufstätigen oder Kunden mit größeren Entfernungen zur nächsten Apotheke entgegen". Die SPD verweist bei Sicherheitsbedenken vor allem auf das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das "den legalen Versandapotheken ein Sicherheitslogo zur Verfügung stellt". Außerdem hatten die Sozialdemokraten im Rahmen der 15. AMG-Novelle einen Änderungsantrag vorgelegt, um Rezeptsammlung bzw. Arzneimittelausgabe an "dazu ungeeigneten Orten (z. B. Tankstellen, Blumenläden oder Textilreinigungen) im Sinne des Patientenschutzes" zu unterbinden. Drogerien werden in der Aufzählung jedoch nicht erwähnt.

Auch die FDP sieht wohnortnahe, inhabergeführte Apotheken als "unverzichtbaren Baustein, um eine gute, flächendeckende Gesundheitsversorgung in der Bevölkerung sicherzustellen". Die freien Gesundheitsberufe garantierten "eine patientenorientierte, bedarfsgerechte und wohnortnahe Gesundheitsversorgung auf qualitativ hohem Niveau".

Den Versandhandel mit Arzneimitteln bewerten die Liberalen dabei kritisch – Versandapotheken im Ausland seien "kaum kontrollierbar und neben Fitness-Studios die Hauptvertriebswege von Arzneimittelfälschungen". Daneben würden niedergelassene Apotheken durch Dienstleistungen, etwa im Rahmen des Nacht- und Notdienstes, finanziell zusätzlich belastet. Man könne jetzt aber "nicht ohne Weiteres den Versandhandel wieder verbieten", auch nicht für Rx-Präparate.

Pick-up-Stellen sind den Liberalen ebenfalls ein Dorn im Auge: "Die FDP spricht sich dafür aus, diesen Auswuchs zu unterbinden"; ein entsprechender Antrag sei bereits in den Bundestag eingebracht worden. "Arzneimittel gehören nicht zwischen Waschmittel und Schokolade", betont die Partei in diesem Zusammenhang.

Angesichts des demographischen Wandels sehen Bündnis 90 / Die Grünen die Bedeutung des wohnortnahen Zugangs zu Arzneimitteln steigen. Neben der inhabergeführten Präsenzapotheke würden sich aber "weitere Vertriebsformen etablieren". Versandapotheken etwa "erleichtern mobilitätsbehinderten Personen den Zugang zu Arzneimitteln". Dahinter steckt unter anderem das Ziel der Grünen, "die Orientierung am Patienten und den Wettbewerb um Qualität im Gesundheitssystem zu stärken".

Für ein Verbot des Versandhandels mit Rx-Arzneimitteln sehen die Grünen keinen Grund: Arzneimittelfälschungen würden "nicht durch zugelassene Versandapotheken, sondern durch unkontrollierte und illegale Internethändler betrieben". Eine Unterscheidung könne durch Zertifizierung zugelassener Versandapotheken für Kunden transparenter gemacht werden. Daneben müssten die Pick-up-Stellen harten Qualitätsanforderungen unterzogen werden; deren Etablierung außerhalb von Drogerien sei zu unterbinden.

Nach Aussage der Partei sollen Zuzahlungen auf Arzneimittel im Rahmen einer entsprechenden Positivliste abgeschafft werden, um Patienten zu entlasten.

Die Linke unterstützt ebenfalls den Fortbestand der wohnortnahen, inhabergeführten Apotheken. Versandapotheken bzw. Pick-up-Stellen werden mit dem Hinweis auf die fehlende Beratung abgelehnt. Auch sollte ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel umgehend wieder eingeführt werden.

Von Einsparungsplänen sollen sowohl das Gesundheitssystem als auch die Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen profitieren, etwa durch eine Positivliste mit Festpreisen sowie die Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent.

Bei der zunehmenden Zahl von Arzneimittelfälschungen sieht Die Linke vor allem das Internet als Einfallstor. Hier sei – neben juristischen Möglichkeiten – vor allem eine bessere Aufklärung der Verbraucher dringend erforderlich.

Michael van den Heuvel

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