Arzneimittel und Therapie

Avotermin verbessert Narbenbildung

Das am häufigsten verletzte Gewebe des Menschen ist die Haut. Der genaue Prozess der Fibrosierung, der Entstehung von Narben nach einer Vermehrung des Bindegewebes, ist zwar letztlich noch nicht vollständig verstanden, doch scheinen verschiedene Faktoren (TGF-β3, p38-MAPK, Thrombospondin) ihn zu beeinflussen. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass sich eine vorbeugende intradermale Applikation des Wachstumsfaktors TGF-β3 Avotermin positiv auf die Wundheilung auswirkt und zu einer verbesserten Struktur der heilenden Haut führt.

Unter den zahlreichen an der Narbenbildung beteiligten Wachstumsfaktoren hat der rekombinante humane Wachstumsfaktor TGF-β3 (transforming growth factor beta 3) offensichtlich eine besonders positive Funktion. Er wird während der Embryonalphase bei Reparaturvorgängen im Bindegewebe exprimiert und bewirkt eine frühe Induktion spezifischer Signal- und zellulärer Prozesse, die zu einer verbesserten Struktur der heilenden Haut und Wunde führen. Nach der Geburt wird es jedoch nicht mehr exprimiert. Jetzt wurde die Wirkung eines entsprechenden rekombinanten TGF-β3-Proteins (Avotermin; Juvista) auf die Wundheilung in klinischen Studien untersucht.

Möglicher Einsatz in Medizin und Kosmetik

Nach Verletzungen soll Avotermin zu einer beschleunigten und anhaltenden Verbesserung der Narbenbildung führen. Eine erste, nicht veröffentlichte Phase-I-Studie hatte zunächst gezeigt, dass die intradermale Injektion des Medikaments gut verträglich ist. Jetzt wurden die Ergebnisse von drei randomisierten kontrollierten Phase I/II-Machbarkeitsstudien, die der Hersteller Eunovo in Zusammenarbeit mit der University of Manchester durchführen ließ, veröffentlicht [1]. Diese Dosisfindungsstudien sollten eine Bewertung des Effekts bei einer vorbeugenden Verabreichung von Avotermin auf die Narbenbildung der Haut ermöglichen.

103 gesunde Probanden (vorwiegend männlich) erhielten Avotermin in Dosierungen von 0,25 bis 500 ng/100 µl vor einer Verwundung und nochmals nach 24 Stunden auf beide Ränder der einen Zentimeter tiefen Einschnitte appliziert, die die Haut des oberen inneren Arms vollständig durchtrennten und bis zu dem darunter liegenden Muskel reichten. Am anderen Arm erfolgte die Behandlung unter Doppelblindbedingungen bei gleich langer Verwundung mit Placebo.

In zwei Studien wurde die Narbenbildung nach sechs und zwölf Monaten visuell bewertet, in der dritten Studie von der sechsten Woche bis zum siebten Monat. Weder Teilnehmer noch Bewertungsteam wussten, welche Behandlung welcher Wunde zugeordnet war. Auch wenn das Szenario nicht sehr realitätsnah war, so konnten doch positive Ergebnisse beobachtet werden: In zwei Studien verbesserte Avotermin in einer Konzentration von 50 ng/100 µl die Narbenbildung auf einer 100-Punkte-Skala durchschnittlich um fünf Punkte nach sechs Monaten und acht Punkte nach zwölf Monaten. In der dritten Studie waren Unterschiede nach sechs Wochen sichtbar und in den histologischen Präparaten war eine gleichmäßigere Orientierung der Kollagenfasern im Gewebe erkennbar. Eine signifikante Verbesserung gegenüber Placebo wurde in allen Dosierungen beobachtet (von 15 Punkten bei einer 5-ng-Dosis bis zu 64 Punkten bei einer 500 ng-Dosis). 60% (gegenüber 33% in der Placebogruppe) der mit 50 ng/100 µl Avotermin behandelten Probanden zeigten maximal 25% abnorme Orientierungen der Kollagenfasern der Haut.

Es scheint, dass der Hersteller primär auf einen Einsatz von Avotermin im Kosmetikbereich z. B. bei Varikosen-Operation, Naevusentfernung oder bei kleineren Keloiden zielt. Jedoch ist ein wirksames und unbedenkliches Medikament zur Verbesserung der Narbenbildung im medizinischen Bereich bei entstellenden Narben durchaus wünschenswert. Weitere Studien sollten zeigen, ob Avotermin die Anforderungen erfüllen kann.

 

Quellen

 [1] Ferguson, M.W.J.; et al.: Prophylactic administration of avotermin for improvement of skin scarring: three double-blind, placebo-controlled, phase I/II studies. Lancet 2009; 373: 1264-1274.

 [2] Tredget, E.E.; Ding, J.: Wound healing: from embryos to adults and back again. Lancet 2009; 373: 1226-1228.

 

Dr. Hans-Peter Hanssen

 

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