Rechtsprechung aktuell

Elternzeit – wie kann sie gestaltet werden?

Die Elternzeit gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit, sich ihrem Kind zu widmen und gleichzeitig den Kontakt zum Beruf aufrechtzuerhalten. Durch den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit erhalten verstärkt auch Väter die Chance, sich an der Erziehung ihres Kindes zu beteiligen. Die Neuregelungen zur Elternzeit, die zum 1. Januar 2007 im Rahmen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) in Kraft getreten sind, gelten für Geburten ab 1. Januar 2007 und darüber hinaus für alle Eltern, deren Kinder vor dem 1. Januar 2007 geboren wurden bzw. die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Elternzeit befanden.

Anspruch auf Elternzeit haben nach § 15 Absatz 1 BEEG

  • alle Arbeitnehmer, unabhängig von der Art des Beschäftigungsverhältnisses (also auch Arbeitnehmer/innen in Teilzeitbeschäftigung oder in befristeten Arbeitsverhältnissen),
  • die mit einem Kind, für das sie das Sorgerecht haben, oder mit dem Kind des Ehegatten oder Lebenspartners in einem Haushalt leben.

Der Anspruch entsteht auch bei einem adoptierten Kind oder einem Kind, für das der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin Elterngeld beziehen kann, ohne für das Kind das Sorgerecht zu haben. Anspruch auf Elterngeld haben auch Pflegeeltern, sofern sie das Kind im Rahmen der Vollzeitpflege betreuen (§ 33 SGB III).

Dauer der Elternzeit

Elternzeit dauert längstens drei Jahre (§ 15 Absatz 2 BEEG). Die Dreijahresfrist beginnt mit der Geburt des Kindes und endet mit der Vollendung seines dritten Lebensjahres. Dies ist der Tag vor dem dritten Geburtstag (§ 187 Absatz 2 BGB). Bei adoptierten Kindern oder in Pflege genommenen Kindern beginnt die Dreijahresfrist mit der Aufnahme des Kindes bei dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin.

Nimmt die Mutter Elternzeit unmittelbar nach der Geburt in Anspruch, verschiebt sich der Beginn der Elternzeit nach hinten. Sie beginnt dann nach Ablauf der Mutterschutzfrist. Die Mutterschutzfrist wird allerdings auf die Dauer der Elternzeit angerechnet, d. h. die Elternzeit verlängert sich nicht um die Dauer der Mutterschutzfrist (§ 15 Absatz 2, § 16 BEEG).

Aufteilung der Elternzeit

Die Elternzeit kann auf bis zu zwei Abschnitten pro Elternteil verteilt werden. Soll die Elternzeit in mehr als zwei Zeitabschnitte gegliedert werden, geht dies nur, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich zustimmt (§ 16 Absatz 1 Satz 5 BEEG). Die Elternzeit kann – auch anteilig – von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden (§ 15 Abs. 3 BEEG). Die Elternzeit steht also dem Vater und der Mutter jeweils in Höhe von maximal 3 Jahren zu.

Darüber hinaus besteht – mit Zustimmung des Arbeitgebers – die Möglichkeit, dass ein Anteil der Elternzeit von bis zu 12 Monaten abgetrennt und aufgespart wird. Dieser aufgesparte Anteil kann dann zwischen dem 3. Geburtstag und 8. Geburtstag des Kindes genommen werden (§ 15 Absatz 2 BEEG). Macht der Ar-beitnehmer/die Arbeitnehmerin von dieser Möglichkeit Gebrauch, kann das Kind z. B. im ersten Schuljahr betreut werden.

Der Arbeitgeber muss der Aufsparung und Übertragung zustimmen. Das Gesetz regelt allerdings nicht, unter welchen Voraussetzungen er die Zustimmung verweigern kann. Hieraus wird der Rückschluss gezogen, dass der Arbeitgeber keine dringenden betrieblichen Gründe benötigt, wenn er seine Zustimmung zur Übertragung nicht erteilen will. D. h. er kann die Zustimmung auch aus anderen Gründen verweigern. Seine Entscheidung darf nur nicht willkürlich sein. Dies wird man dem Arbeitgeber allerdings z. B. nur dann unterstellen können, wenn er ohne sachlichen Grund einem Arbeitnehmer die Übertragung erlaubt, einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer nicht.

Hat der Arbeitgeber die Zustimmung zur Übertragung erteilt und wechselt der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin den Arbeitsplatz, ist der neue Arbeitgeber nicht an die vom alten Arbeitgeber erteilte Zustimmung gebunden. Geht der Betrieb nach § 613 a BGB auf einen neuen Arbeitgeber über, so muss dieser allerdings die vom bisherigen Betriebsinhaber erteilte Zustimmung zur Übertragung einhalten.

Antragsfristen

Der Antrag auf Elternzeit ist schriftlich an den Arbeitgeber zu stellen. Der Antrag muss spätestens sieben Wochen vor Beginn gestellt werden.

Die Antragsfrist kann nur bei Vorliegen dringender Gründe verkürzt werden. Wurde die Antragsfrist nicht eingehalten, verschiebt sich der Beginn der Elternzeit um die entsprechende Zeit nach hinten. Ausnahme: Der Arbeitgeber verzichtet auf die Einhaltung der Frist.

Planung der Elternzeit

Zusammen mit dem Antrag auf Elternzeit muss der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren er/sie Elternzeit in Anspruch nehmen will. Der Elternzeit in Anspruch nehmende Elternteil muss seinem Arbeitgeber also für die Zeit bis zum 2. Geburtstag seines Kindes verbindlich mitteilen, in welchen Zeiträumen und wie lange er Elternzeit nehmen will.

Der Arbeitnehmer/Die Arbeitnehmerin muss sich verbindlich für 2 Jahre festlegen, in welchem Zeitraum oder in welchen Zeitabschnitten er/sie Elternzeit in Anspruch nehmen will. Die Elternzeit kann auf zwei Zeitabschnitte verteilt werden.

Über das dritte Jahr der Elternzeit kann, muss er aber nicht bei Antragstellung entscheiden. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Arbeitnehmer einen Teil seines Anspruchs auf Elternzeit aufsparen und übertragen will. Auch dies kann er bereits bei Beginn der Elternzeit beantragen, muss dies aber nicht. Beantragt er die Aufsparung und Übertragung allerdings zu spät, kann er den Anspruch auf den angesparten Teil der Elternzeit verlieren, wenn der Arbeitgeber der Übertragung nicht zustimmt.

Die Elternzeit endet entsprechend des Antrags des Elternteils, ohne Übertragung jedoch spätestens am Tag vor dem dritten Geburtstag des Kindes. Nur mit Zustimmung des Arbeitgebers kann die Elternzeit vorzeitig enden (§ 16 Absatz 3 BEEG). In besonderen Härtefällen – z. B. Tod eines Elternteils – darf das Verlangen nach vorzeitiger Beendigung der Elternzeit vom Arbeitgeber nicht abgelehnt werden.

Wird ein Antrag auf Verlängerung der Elternzeit gestellt, muss der Arbeitgeber diesem zustimmen, wenn hierfür ein wichtiger Grund beim Arbeitnehmer/bei der Arbeitnehmerin vorliegt. Ein wichtiger Grund kann z. B. sein, dass der vorgesehene Betreuungswechsel zwischen Vater und Mutter nicht wie geplant durchführbar ist.

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin die Elternzeit zu bescheinigen.

Planungsbeispiele

Ausgangsdaten: Das Kind der Arbeitnehmerin F wird genau zum errechneten Geburtstermin am 1. 10. 2008 geboren.

Variante 1: Volle Elternzeit der Mutter

F beantragt fristgemäß sieben Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Elternzeit für 3 Jahre.

F kann nach Ablauf der Mutterschutzfrist bis zum 30. 9. 2011 in Elternzeit gehen. Die Mutterschutzfrist verlängert die Elternzeit nicht. Möchte F den dritten Geburtstag ihres Kindes mit diesem zu Hause verbringen, muss sie für diesen Tag Urlaub nehmen oder – falls kein Urlaubsanspruch mehr besteht – mit dem Arbeitgeber ausdrücklich vereinbaren, dass sie die Arbeit erst am 2. 10. 2011 aufnimmt.

Variante 2: Volle Elternzeit des Vaters

Der Vater beantragt fristgemäß sieben Wochen vor dem 1. 10. 2008 Elternzeit für 3 Jahre.

Der Vater kann ab 1. 10. 2008 Elternzeit bis zum 30. 9. 2011 nehmen. Die Mutter F kann parallel dazu auch Elternzeit beantragen. Tut sie dies nicht, muss sie nach Ablauf der Mutterschutzfristen ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Variante 3: 2 Jahre Elternzeit und Aufsparung

F beantragt fristgemäß sieben Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Elternzeit für 2 Jahre sowie die Aufsparung und Übertragung von 12 Monaten auf die Zeit vom 1. 9. 2014 bis 31. 8. 2015 (= voraussichtliches erstes Schuljahr des Kindes)

Stimmt der Arbeitgeber der Aufsparung und Übertragung zu, befindet sich F in Elternzeit

nach Ablauf der Mutterschutzfrist bis 30. 9. 2010 und

vom 1. 9. 2014 bis 31. 8. 2015.

Lehnt der Arbeitgeber die Aufsparung und Übertragung ab, nimmt F Elternzeit nach Ablauf der Mutterschutzfrist bis 30. 9. 2010. Sie kann aber z. B.

spätestens acht Wochen vor dem 30. 9. 2010 den Antrag stellen, für ein weiteres Jahr – also bis 30. 9. 2011 – Elternzeit zu nehmen. Dieser Verlängerung der Elternzeit muss der Arbeitgeber allerdings zustimmen.

einen weiteren Übertragungsantrag bis zum letzten Tag des Bestehens des Anspruchs auf Elternzeit – also bis zum 30. 9. 2011 – stellen. Lehnt der Arbeitgeber diesen Antrag erneut ab, riskiert F allerdings den Verlust des Restanspruchs auf weitere 12 Monate Elternzeit.

Dieser Übertragungsantrag muss noch keine Angaben enthalten, zu welchem konkreten Zeitpunkt die Restelternzeit in Anspruch genommen werden soll. Diese Zeitbestimmung kann später erfolgen.

Variante 4: 1 Jahr Elternzeit und Verlängerungsantrag

F beantragt fristgemäß sieben Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Elternzeit für 1 Jahr. Acht Wochen vor Ablauf dieses Jahres teilt sie dem Arbeitgeber mit, dass sie für weitere zwei Jahre Elternzeit nehmen will.

F hat keinen Anspruch auf Verlängerung der Elternzeit. D. h. sie kann nur dann für zwei weitere Jahre bei ihrem Kind bleiben, wenn der Arbeitgeber der Verlängerung ausdrücklich zustimmt. Er kann, muss aber nicht zustimmen. Denn § 16 Absatz 1 BEEG schreibt ausdrücklich vor, dass sich der Elternzeit in Anspruch nehmende Elternteil bei Antragsstellung verbindlich entscheiden muss, in welchen Zeiträumen er in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes Elternzeit nehmen will. F hat sich insoweit verbindlich für 1 Jahr Elternzeit entschieden. Wenn F nunmehr länger in Elternzeit bleiben möchte, ist dies ein Verlängerungsantrag, der der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf.

Variante 5: Aufteilung in 3 Zeitabschnitte wegen Übertragung

F beantragt fristgemäß Elternzeit für das erste, das dritte und sechste Lebensjahr des Kindes. Im zweiten Lebensjahr des Kindes möchte sie arbeiten, der Vater V an ihrer Stelle das Kind betreuen.

F kann nur mit Zustimmung ihres Arbeitgebers die Elternzeit wie beantragt in Anspruch nehmen. Denn F hat eine Dreiteilung der Elternzeit beantragt. Nach § 16 Absatz 1 BEEG ist aber nur eine Zweiteilung der Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Für die gewünschte Dreiteilung benötigt F die Zustimmung ihres Arbeitgebers. Wird diese erteilt, kann F wie beantragt Elternzeit nehmen.

Variante 6: Aufteilung in 2 Zeitabschnitte

F beantragt fristgemäß Elternzeit für das erste und dritte Lebensjahr des Kindes. Im zweiten Lebensjahr des Kindes möchte sie arbeiten, der Vater V an ihrer Stelle das Kind betreuen. Hinsichtlich des verbleibenden Restanspruchs von 12 Monaten stellt F einen Übertragungsantrag ohne konkrete Zeitangabe, wann sie diesen Teil in Anspruch nehmen möchte.

F kann wie beantragt Elternzeit nehmen. Dem Übertragungsantrag auf die Zeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes muss der Arbeitgeber allerdings aus-drücklich zustimmen. Verweigert der Arbeitgeber diese, kann F trotzdem wie beantragt im ersten und dritten Lebensjahr Elternzeit in Anspruch nehmen.


Rechtsanwalt Ralph Jürgen Bährle, Strahlenburgstraße 23/25, 68219 Mannheim, Tel. (0621) 87 10 350, Fax (0621) 87 10 351, E-Mail: Ralph.Baehrle@baehrle-partner.de, www.baehrle-partner.de

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