Arzneimittel und Therapie

Darmkrebs

Bei der Kapselendoskopie schluckt der Patient eine 2 cm lange Kapsel mit zwei Fotoapparaten.

Moderne Endoskopie-Methoden zur Früherkennung

Das kolorektale Karzinom (End- und Dickdarmkrebs) ist die zweithäufigste Ursache der Krebssterblichkeit in der westlichen Welt. Die Chancen zur Früherkennung sind wegen der meist langen Entwicklung des kolorektalen Karzinoms vergleichsweise gut. Auf dem diesjährigen 15. Endo Club Nord, einer Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Pflegepersonal, die am 9. und 10. November 2007 in Hamburg stattfand, diskutierten Experten die neuesten Entwicklungen der gastrologischen Endoskopie.

Das großzügige und im internationalen Vergleich bemerkenswerte Versorgungsangebot in Deutschland zur Früherkennung von Darmkrebs wird noch vergleichsweise wenig genutzt. Nur 15 bis 25% der Anspruchsberechtigten (die über 55-jährigen) sowie zu wenige der Hochrisikopersonen (mit familiärem Auftreten von Darmkrebs) nutzen die Angebote, was möglicherweise auch mit den Untersuchungsmethoden zusammenhängt.

Die konventionelle Endoskopie (Koloskopie) ist diagnostisches und therapeutisches Standardverfahren. Sie gestattet eine extrem genaue Darstellung und Detektierung von Polypen in sehr kleinem Stadium und die Möglichkeit ihrer Entfernung während der Koloskopie. Voraussetzung ist die gute vorherige Darmreinigung. Technische Entwicklungen wie High Definition Television (HDTV) mit seiner höheren Auflösung und Narrow Band Imaging machen inzwischen Gewebeoberflächenstrukturen sichtbar, die man vorher nicht sehen konnte und erlauben auch eine sichere, blutungsärmere und vollständigere Entfernung krankhafter Veränderungen.

Kapselendoskopie

Die bisher zur Entdeckung von Veränderungen im Dünndarm verwendete Kapselendoskopie wurde nun auch für den Dickdarm entwickelt. Der Patient schluckt eine 2 cm lange Kapsel mit zwei Fotoapparaten, die zwei Bilder pro Sekunde machen. Nachteile bestehen darin, dass auch hier der Darm perfekt sauber sein muss und dass keine Proben entnommen werden können.

In der Zukunft wird es vielleicht möglich sein, dass der Patient abends die Kapsel schluckt und morgens die extern gespeicherten Daten abgibt. Diese werden in 1 bis 1½ Stunden ausgewertet, und wenn Polypen entdeckt werden, können diese dann per Endoskop im noch sauberen Darm entfernt werden. Sensitivität und Spezifität des Verfahrens sind hoch, allerdings werden noch 25 bis 40% der Polypen nicht entdeckt.

Virtuelle Koloskopie

Bei der virtuellen Koloskopie werden die Bilder mit einem Magnetresonanztomographen oder Computertomographen (CT) erzeugt, und dann ebenfalls per Computer ausgewertet. Nachteile sind hier ebenfalls die notwendige perfekte Darmreinigung, die Strahlenbelastung beim CT und die fehlende Möglichkeit einer sofortigen Entfernung von Polypen. Wenn die Radiologen es schaffen, zwischen Stuhl und Polypen zu differenzieren, also, wenn der Darm nicht mehr perfekt gereinigt werden muss, wird die radiologische Methode das Rennen machen.

Neuartige Endoskope sind solche, die sich selbst vorarbeitend und selbstständig steuernd den Weg im Kolon zurücklegen, was möglicherweise die Ergebnisse und den Komfort für den Patienten verbessert.

N.O.T.E.S.

Die Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery, also die endoskopische Chirurgie durch natürliche Körperöffnungen, wurde 2004 erfunden. Mit einem flexiblen Videoendoskop geht man beispielsweise durch den Mund und die Magenvorderwand in die Bauchhöhle.

2006 führten indische Experten beim Endo Club in Hamburg eine endoskopische Eileiter-Unterbindung am Schwein durch Maul und Magenwand vor. Inzwischen haben sie transgastrische Appendektomien (Entfernung des Blinddarms mit einer Schlinge, Bergung durch Magen und Mund) bei mehr als 20 Menschen ohne Komplikationen durchgeführt. Eine derartige Operation wurde beim diesjährigen Endo Club aus Hyderabad live übertragen. Transgastrische Gallenblasenentfernungen beim Menschen wurden an mehreren Orten durchgeführt.

Der Vorteil: es gibt keine Narben am Bauch, Krankenhausaufenthalt und Arbeitsunfähigkeit werden stark verkürzt. Viele Fragen sind aber noch nicht abschließend geklärt, zum Beispiel Risiken wie die Infektionsgefahr und die Sicherheit des Verschlusses der Perforation am Magen. Die Geräte sind noch zu grob. Hierzu wurde in den USA ein Konsortium gegründet (NOSCAR = Natural Orifice Surgery Consortium for Assessment and Research, gleichzeitig bedeutet no scar = keine Narbe).

Quelle

Pressekonferenz beim Endo Club Nord, Hamburg, 8. November 2007

Dr. Sabine Wenzel, Berlin

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