Prisma

Neurologie

Bei Schlafmangel droht Gefühlschaos

In Situationen, die von Angst oder Stress begleitet sind, wird vermehrt Noradrenalin ausgeschüttet. Der Botenstoff lässt das Gehirn offenbar auf Hochtouren laufen.

Amerikanische Wissenschaftler erhöhten in einem Experiment künstlich den Noradrenalinspiegel von Mäusen durch Injektion von Adrenalin. Anschließend durften die Tiere unbehelligt eine Weile in einem Käfig sitzen. Am nächsten Tag wurde erneut Adrenalin gespritzt und die Mäuse kamen in ihren Käfig, erhielten dann aber einen leichten Stromschlag. Als die Tiere am darauffolgenden Tag nach der Stresserzeugung in den Käfig gesetzt wurden, wagten sie nicht, sich zu bewegen. Nach Aussage der Forscher erinnerten sich die Mäuse an das Erlebnis mit dem Strom. Kontrollmäuse, die ebenfalls die Erfahrung mit dem Strom gemacht, jedoch zuvor kein Adrenalin injiziert bekommen hatten, zeigten keine vergleichbaren Ängste. Die Studienautoren vermuten, dass durch den erhöhten Noradrenalinspiegel ein für das Gedächtnis wichtiges Protein vermehrt an die Oberfläche von Nervenzellen transportiert wird und dort bei der Verarbeitung eintreffender Signale mithilft. war

Quelle: Hu, H. et al.: Cell, 131, 160 (2007).

Um zu funktionieren, benötigt das Gehirn Energie. Zucker als Energielieferant ist allerdings tabu, denn in seiner Speicherform Glykogen kann er für Nervenzellen tödlich sein. Bestimmte Wächterproteine verhindern deshalb ein Anhäufen von Zucker im Gehirn.

Bei der seltenen Erbkrankheit Lafora-Syndrom sammelt sich Glykogen im Gehirn an und blockiert Neuronen. Die Betroffenen leiden an epileptischen Anfällen, Bewegungsstörungen und fortschreitender Demenz. Wissenschaftler der Universität von Barcelona stießen bei der Untersuchung der Erkrankung auf zwei Eiweiße, die normalerweise als Wächterproteine das Anlaufen der Glykogenproduktion verhindern. Liegen genetische Defekte auf dem zugehörigen Erbgut vor, werden die Proteine fehlerhaft produziert und das Kontrollsystem versagt. Es kommt zur Glykogenbildung mit den beschriebenen Folgen. Weshalb der Prozess trotz der tödlichen Konsequenzen für die Nervenzellen überhaupt stattfindet, können die Forscher noch nicht erklären. Sie vermuten weitere, bislang unbekannte Funktionen der beteiligten Proteine hinter dem Phänomen. war

Quelle: Vilchez, D. et al.: Nature Neurosci., Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1038/nn1998

Weltweit werden jährlich etwa 170.000 Kinder mit Herzklappenfehlern geboren. Die bislang zur Verfügung stehenden künstlichen Herzklappen sind für sie ungeeignet, da sie das Körperwachstum nicht mitmachen. Heidelberger Herzchirurgen wollen diese Versorgungslücke schließen.

Oft bleibt für Patienten mit geschädigten Herzklappen nur der Einsatz einer künstlichen Klappe. Problematisch ist die Transplantation für junge Patienten, deren Körperwachstum noch nicht abgeschlossen ist. Hier wäre ein mehrfacher Austausch verschieden großer Herzklappen erforderlich. Heidelberger Wissenschaftler arbeiten seit Frühjahr dieses Jahres an der Entwicklung eines Bioreaktors, mit dessen Hilfe sich mitwachsende Herzklappen aus patienteneigenen Zellen züchten lassen sollen. Die entstehenden Herzklappen, die ausgehend von Zellen gesunder Herzklappen (Mensch oder Schwein) gebildet werden, sind laut den Entwicklern ebenso funktionstüchtig wie natürliche Herzklappen. war

Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg vom 16.10.2007

Ist das Wetter kalt und trocken, kommen Influenzaviren richtig in Fahrt. Sie verbreiten sich in frischer Winterluft besser als unter feucht-warmen Bedingungen. Amerikanische Forscher haben versucht, diese Vorlieben der Grippeerreger zu erklären und gelangten mit Hilfe von Meerschweinchen zu interessanten Ergebnissen.

Weltweit lässt sich stets das gleiche Phänomen beobachten – vom Herbst bis in den späten Winter treten mehr Grippeinfektionen auf als während der restlichen Jahreszeiten. Auch wenn es dazu bislang keine eindeutige Erklärung gibt, haben amerikanische Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen steigenden Grippefällen und der Umgebungstemperatur feststellen können. Auch die Luftfeuchtigkeit spielt hinsichtlich der Infektionsgefahr eine wichtige Rolle. Bei einem Test wurden Meerschweinchen mit dem Influenza-A-Virus infiziert und anschließend in die Gesellschaft ihrer gesunden Artgenossen gebracht. Es zeigte sich, dass sich die unbehandelten Tiere bei den erkrankten Meerschweinchen bei einer Raumtemperatur vor 5 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 20 Prozent häufiger ansteckten als bei Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad Celsius und über 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Die Wissenschaftler vermuten hinter diesem Ergebnis verschiedene Ursachen. Zum einen werden durch trockene Luft die Schleimhäute der Atemwege ausgetrocknet und bieten somit den Erregern einen leichteren Zugang. Außerdem bleiben die feinen Tröpfchen in feuchtigkeitsarmer Luft besser verteilt. Durch die Kälte wird der Nasenschleim zusätzlich verdickt und schützt die Schleimhäute nicht mehr vollständig. Anhand von Wetterdaten und aufgetretenen Grippewellen wollen die Forscher ihre Vermutungen überprüfen. war

Quelle: Lowen, A. et al.: PLoS Pathogens, 3 (10), e151 (2007).

Vor allem junge Mütter können ein Lied davon singen – mehrere durchwachte Nächte mit dem Neugeborenen, und die Nerven liegen blank. Gefühlsausbrüche sind dann fast unvermeidlich, das rationale Denken tritt in den Hintergrund. Warum die Logik bei Schlafentzug hinter den Emotionen zurücksteht, lässt sich neurologisch erklären.

Normalerweise wird das Gefühlszentrum im Gehirn vom präfrontalen Cortex, dem Bereich des logischen Denkens, kontrolliert. Permanenter Schlafentzug verschiebt jedoch die Verantwortungsbereiche und es kann zu überzogenen Gefühlsausbrüchen kommen. Amerikanische Wissenschaftler baten im Rahmen einer Studie 13 Probanden, eineinhalb Tage auf Schlaf zu verzichten und sich anschließend mehr oder weniger emotional belastende Fotos anzuschauen. Gleichzeitig wurden bestimmte Hirnregionen der Teilnehmer per Magnetresonanztomografie auf ihre jeweiligen Aktivitäten hin untersucht und mit den entsprechenden Ergebnissen einer ausgeschlafenen Kontrollgruppe verglichen. Die Auswertungen machten deutlich, dass bei den Probanden mit Schlafdefizit durch das Betrachten von negativen Bildern die Amygdala als Teil des Gefühlszentrums besonders aktiv war. Außerdem ließ sich bei ihnen keine Verbindung zwischen der Amygdala und dem präfrontalen Cortex als Bewertungsstation von emotionalen Reaktionen feststellen, wie es bei wachen Menschen der Fall ist. Das Gefühlszentrum scheint bei Schlafentzug eigenständig zu regieren, wodurch Emotionen und ihre auslösenden Faktoren nicht mehr in Einklang gebracht werden können. Möglicherweise lässt sich damit Insomnie bei einigen psychischen Krankheiten nicht nur als Begleiterscheinung, sondern als eine mögliche Ursache erklären, so die Studienautoren. war

Quelle: Yoo, S. et al.: Current Biol., 17 (20), R877-R878 (2007).

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